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Social Media Marketing
X: Sogar das Posten soll Geld kosten

X: Sogar das Posten soll Geld kosten

Niklas Lewanczik | 16.04.24

Die finanzgeschwächte Social-Media-Plattform X sucht Einnahmequellen und möchte neue User für die Kernfunktion des Postens zahlen lassen – für einen kurzen Zeitraum. Das dürfte das Nutzungsinteresse nicht gerade steigern. Gleichzeitig liefert die Konkurrenz Threads immer neue Features für Creator und Brands.

Die Gebühren im Rahmen der Abonnementmodelle X Premium, X Premium+ und Verified Organizations sorgen dafür, dass nur zahlende X User einen Großteil der Funktionen auf der Plattform nutzen können. Alle anderen haben Grundfunktionen, werden aber auch mit sehr vielen Ad-Ausspielungen konfrontiert. Eine dieser Grundfunktionen möchten Plattformeigner Elon Musk und die Führungsetage von X jetzt ebenfalls kostenpflichtig machen, zumindest zeitweise. Auf der Plattform selbst gibt das Team von X an, dass eine Gebühr für die Posting-Funktion erhoben werden soll, nur nicht für alle.

Neue User sollen fürs Posten zahlen – weniger neue User als Folge?

Wer sich neu bei X anmeldet, soll demnach drei Monate lang eine geringe Grundgebühr zahlen, um überhaupt Posts absetzen zu können. Damit macht X seinen Kerndienst quasi kostenpflichtig. Auch das Liken oder Setzen von Lesezeichen ist nur mit der kostenpflichtigen Anmeldung möglich. Wie hoch die Gebühr ausfällt, ist noch nicht bekannt.

Beitrag von @chris
Auf Threads ansehen

Obwohl womöglich einige User die Plattform nur aus Interesse und passiv für die Rezeption von News und Trends nutzen, wäre die mögliche Sperrung der Posting-Funktion für nicht zahlende Neu-User ein krasser Einschnitt. Es würde einen unerhörten Schritt in der Social-Media-Entwicklung darstellen. Immerhin lassen die Konkurrenzplattformen, vor allem auch Threads, User kostenfrei auf zentrale Features zugreifen. Threads hat bisher sogar noch gar keine Zahloptionen und experimentiert derzeit mit hilfreichen Funktionen wie dem Messaging (via Instagram) sowie einem lang ersehnten Search Feed mit der Auswahl zwischen „Top“ und „Recent“.

X verliert an Relevanz

War Twitter einst eines der beliebtesten sozialen Medien, um am Puls der Zeit zu bleiben und auch zu werben, büßt die Nachfolgeversion X zusehends Popularität und Relevanz ein. Dafür sind auch Elon Musks verbal-aggressives Verhalten, kaum beziehungsweise fragwürdige Content-Moderation und ein teilweise hostiles Plattformumfeld verantwortlich, in dem auch einst gesperrte Accounts von Donald Trump oder Andrew Tate wieder aktiv sind. Nicht nur Werbetreibende bleiben vermehrt der Plattform fern, auch namhafte Creator und Brands kehren dieser den Rücken. Dazu zählt unter anderem Chris Messina, der auf Twitter den Hashtag erfand und jetzt auf Threads sehr aktiv ist. Der Wert von X hat sich seit der Übernahme durch Elon Musk im Herbst 2022 deutlich verringert. Dem möchte man mit Maßnahmen zur Werbeförderung entgegenwirken. Immerhin stuften DoubleVerify und IAS die Brand Safety Rate auf der Plattform jüngst über 99 Prozent ein, nachdem diese über Monate falsch angezeigt worden war.

Zudem möchte man zum Beispiel Werbetreibende mit Creator Targeting locken. Doch obgleich die Plattform kürzlich Nutzungszahlen teilte, die die andauernde Nutzung in bestimmten Kontexten untermauern – etwas beim Verfolgen von Love-Sport-Events –, kann sie sich der Zuschreibung eines fortschreitenden Relevanzverlusts nicht entziehen.

Dafür spricht auch eine Untersuchung von SensorTower, nach der in den USA, dem Hauptmarkt von X, immer weniger Menschen X nutzen und der Plattform langfristig treu bleiben.

Weitere Gebühr könnte User-Stamm und -Wachstum hemmen

Daher erscheint es auf den ersten Blick kontraintuitiv, dass X gerade potentielle neue User mit der Zahlungspflicht vor eine Hürde zur Nutzung stellen möchte, auch wenn diese nur von kurzer Dauer sein soll. Jedoch hat X in der jüngeren Vergangenheit auch diverse Funktionen angekündigt, die am Ende nicht eingeführt wurden. Auch haben die Plattformverantwortlichen und Elon Musk manche Ankündigung revidiert. Ob sich X auf dem groß angekündigten Weg zur Everything App, inklusive Videofokus, Payment-Integrationen, Video- und Audio-Calls, dem AI Chatbot Grok sowie Artikelveröffentlichungen à la Revue (die Newsletter-Plattform, die gekauft und wieder abgestoßen wurde), verzettelt, ist noch nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Dass sich die Führungsebene aber selbst stets neue Hürden auferlegt, steht außer Frage.

Wir dürfen also gespannt beobachten, ob X die Gebühr für das Posten einführt und eventuell sogar weitere Kernfunktionen hinter eine Paywall zieht. Schon im Herbst hatte Musk mit der Idee kokettiert, X komplett kostenpflichtig zu machen. In beiden Fällen dürfte der Kern der User langfristig schrumpfen. Die Erklärung, dass man die Gebühr erheben müsse, um den Bots auf der Plattform beizukommen, wirkt derweil fadenscheinig. Zwar haben alle Plattformen ein Problem mit Bots und Fake Accounts, doch sie legen die Kosten für die Bekämpfung in der Regel nicht auf die User um. Allerdings können sich etwa Meta und TikTok auch auf wachsende Umsätze, vor allem durch Werbung, stützen – X nicht.


Nur noch 2,5 Milliarden US-Dollar Werbeeinnahmen:

X verliert deutlich an Umsatz und Relevanz im Advertising

© FLY:D - Unsplash, X-Logo auf Smartphone Mockup, papierner Hintergrund
© FLY:D – Unsplash

Kommentare aus der Community

Fred am 16.04.2024 um 17:43 Uhr

Könnt Ihr euer Framing bitte unterlassen?

„Dafür sind auch Elon Musks verbal-aggressives Verhalten, kaum beziehungsweise fragwürdige Content-Moderation und ein teilweise hostiles Plattformumfeld verantwortlich,“

Meinungsfreitheit geht in mehrals eine Richtung, Danke!

Antworten
Niklas Lewanczik am 17.04.2024 um 09:02 Uhr

Hallo Fred,

um Framing handelt es sich hier durchaus nicht, sondern um objektive Einordnungen. Die genannten Punkte sind auch verlinkt, um die Herleitungen aufzuzeigen. Das Verhalten etwa rührt beispielsweise von der Beleidigung der Advertiser durch Musk her (nur ein Beispiel), dass die Content-Moderation reduziert wurde, ist auch kein Geheimnis (und auch nicht, dass dabei Hate Speech teilweise gebilligt wird: https://onlinemarketing.de/unternehmensnews/twitter-richtlinie-billigt-hate-speech).

Beispiele für ein teilweise hostiles Plattformumfeld lassen sich ebenfalls anführen.

Es ist ein hehres Bestreben der Plattform, Meinungsfreiheit zu fördern, das sprechen wir dieser nicht ab. Trotzdem hat X Probleme, die auch mit diesen Aspekten zusammenhängen; sogar die EU hat ein Verfahren gegen X eingeleitet: https://www.tagesschau.de/ausland/eu-kommission-x-100.html

Liebe Grüße

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