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Unternehmensrichtlinien
Elon Musk lässt Hass auf X freien Lauf – selbst Holocaust-Leugnungen werden nicht gelöscht
© X, towfiqu ahamed barbhuiya via Canva

Elon Musk lässt Hass auf X freien Lauf – selbst Holocaust-Leugnungen werden nicht gelöscht

Niklas Lewanczik | 18.12.23

Die irische Business Post hat interne X-Dokumente geprüft, die das Verständnis von Elon Musk zum Thema Free Speech darlegen. Demnach können Plattform-User inzwischen ungestraft Hate Speech der übelsten Sorte verbreiten.

Aus Twitter wurde X und die Plattform versinkt mehr und mehr in Hass und Feindseligkeit. Zwar haben alle Social-Media-Plattformen mit Hate Speech zu kämpfen; doch X fördert die Verbreitung von Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und Beleidigungen jedweder Art eher als diese vehement zu verurteilen und einzudämmen. Allein die Reaktion des Plattformeigners auf einen Werbeboykott großer Marken spricht Bände. Disney, Apple, IBM und Co. stoppten ihre Ads, weil diese auf X teilweise in äußerst unseriösen Kontexten, etwa neben antisemitischen Inhalten, die nicht moderiert worden waren, ausgespielt wurden. Statt sich des Problems entschieden anzunehmen, beleidigte Musk einige Advertiser: „Go fuck yourself.“

Der Mangel an Content-Moderation und Sorge für die Sicherheit der Marken und Advertiser hat zahlreiche Werbetreibende dazu veranlasst, nicht mehr auf X zu werben. Das kostet X Corp. Milliarden und lässt die Plattform wirtschaftlich ins Wanken geraten. Insbesondere auf der nach dem Europastart trendenden Plattform Threads – die im Sommer als „Twitter Killer“ gelauncht wurde – wird über den zunehmenden Hass auf X diskutiert, der viele User nach Alternativen suchen lässt. Zu Bluesky, Mastodon, Threads und Co. wechseln womöglich noch mehr User, wenn ihnen klar wird, dass Elon Musk und Co. Hassbotschaften auf X bewusst nicht löschen – sogar solche, die auf den Holocaust verweisen. Advertiser dürfte das erst recht abschrecken.


Nur noch 2,5 Milliarden US-Dollar Werbeeinnahmen:

X verliert deutlich an Umsatz und Relevanz im Advertising

X-Logo auf Smartphone Mockup, papierner Hintergrund, © FLY:D - Unsplash

© FLY:D – Unsplash


Elon Musks Content-Regeln geben Hass Raum

Der irische Publisher Business Post hat interne Dokumente von X eingesehen und Erschreckendes festgestellt. Die Content-Moderator:innen sollen Inhalte, die offensichtlich rassistisch, sexistisch, antisemitisch und dergleichen sind, nicht rundheraus löschen. Auch User, die Hate Speech teilen, sollen nicht verbannt werden. Martin Holland schreibt für Heise gar davon, dass Holocaust-Leugnungen nicht von der Plattform verschwinden müssen. Zwar werden einige der Inhalte laut der internen Vorgaben mit weniger Reichweite versehen, nicht aber gelöscht und geahndet. Business Post hat mehrere Beiträge zwischen Juni und Oktober 2023 analysiert, die klar Hate Speech teilen, aber nicht umfassend sanktioniert wurden.

Das stimmt allerdings mit der Unternehmenspolitik überein, die Elon Musk seit Monaten vorantreibt. Dieser lässt einst verbannte User, die sich misogyn, gewaltverherrlichend oder antisemitisch geäußert hatten, wieder auf die Plattform. Sogar der verurteilte Verschwörungstheoretiker Alex Jones darf wieder aktiv sein. Vor diesem Hintergrund wirkt es beinahe ironisch, wenn Musk und Yaccarino die eigene Plattform für ihre Free-Speech-Prinzipien preisen. Das Unternehmen moderiert Content kaum und billigt mit neuen Richtlinien Hate Speech – unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit. Auch das Bundesamt für Justiz warf Twitter vor Monaten ein Versagen im Umgang mit Hate Speech vor.

Im November veröffentlichte das Center for Countering Digital Hate (CCDH) einen Bericht, der darlegt, dass X auch Hate Speech und Falschmeldungen, die gegen die eigenen Richtlinien verstoßen, nicht umfassend moderiert. In der X-Richtlinie zu Hass schürendem Verhalten heißt es:

[…] Wir verpflichten uns, Missbrauch zu bekämpfen, der durch Hass, Vorurteile oder Intoleranz motiviert ist, insbesondere Missbrauch, der darauf abzielt, die Stimmen derjenigen zum Schweigen zu bringen, die historisch marginalisiert wurden. Aus diesem Grund verbieten wir Verhaltensweisen Einzelpersonen oder Gruppen gegenüber, die aufgrund deren (vermeintlichen) Zugehörigkeit zu einer geschützten Kategorie Missbrauch darstellen […].   

Auch können User Posts melden, die gegen die Richtlinien verstoßen. Angesichts der Plattformrealität wirkt diese Richtlinie mehr und mehr wie eine Farce.


Ein Jahr Elon Musk:

So (un)beliebt sind X und Musk

Elon Musk vor X-Logo
© Duncan.Hull (eigenes Werk) – Wikipedia.de, CC BY-SA 3.0 (Änderungen wurden vorgenommen via Canva)

Kommentare aus der Community

Melon Dusk am 19.12.2023 um 08:39 Uhr

Das nennt man free speech absolutismus.
X ist nun eine Plattform die nun nur mit Bedacht und Verstand genutzt werden kann.
Solche Plattformen passen natürlich nicht in das heutige Weltbild, sind jedoch essentiell für Gesellschaften um unliebsame Meinungen einen Freiraum zu bieten.

Antworten
Niklas Lewanczik am 19.12.2023 um 09:57 Uhr

Hallo Melon,

an dieser Stelle ist eine Einordnung vonnöten. Du erwähnst bereits eine Art Absolutismus und dieser Begriff deutet auf uneingeschränkte und teils auch Gesetzen trotzende Machtausübung (in diesem Fall durch Elon Musk) hin. Das wiederum läuft einer (insbesondere demokratischen) Gesellschaft eher zuwider. Unter dem Deckmantel der freien Meinungsäußerung Hetze, Gewaltverherrlichung, Misogynie und dergleichen mehr zu tolerieren (Beispiele wie Alex Jones und Andrew Tate finden sich auf X zuhauf) ist nach unserem Verständnis eines kommunikativen Miteinanders kaum mit Bedacht in Einklang zu bringen. Freiraum ist wichtig, Content-Moderation aber ebenso. Dass die EU-Kommission ein Verfahren gegen X einleitet, ist in diesem Kontext ein Hinweis auf eine zumindest problematische Entwicklung der Plattform:

https://www.tagesschau.de/ausland/eu-kommission-x-100.html

Beste Grüße

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