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Wichtigere Posts, AI Ads, Peer-to-Peer Payments und Shopify-Kooperation: X und das neue App-Ökosystem

Wichtigere Posts, AI Ads, Peer-to-Peer Payments und Shopify-Kooperation: X und das neue App-Ökosystem

Niklas Lewanczik | 10.01.24

X erschafft nach eigenen Angaben ein neues App-Ökosystem und nähert sich damit dem angestrebten Ziel der Everything App. Denn neue Zahlungsoptionen, Shopping Features und Video-Content sollen die Erfahrung bereichern. Zugleich steht die Plattform aber vor großen Problemen.

2024 soll das Jahr werden, in dem X sich wie ein Phönix erhebt. Das ist auch notwendig, denn die Plattform, die einst Twitter war, hat in den vergangenen Monaten viel verbrannte Erde hinterlassen. Nun möchte X nicht weniger als ein völlig neues App-Ökosystem bereitstellen und die Erinnerungen an Twitter zurückstellen. Kein Kurznachrichtendienst, sondern eine Everything App möchte X sein, ein „Global Town Square“. So arbeitet die Plattform stetig an der Ausweitung des Nutzungsspektrums. Peer-to-Peer- und Direktzahlungsoptionen à la WeChat kommen – die ersten Geldtransmitterlizenzen sind in den USA schon eingeholt worden.

X führte Video- und Sprachanrufe ein und möchte die Video-Experience der Plattform umfassend verbessern, um mehr Content-Kooperationen zu ermöglichen. Im Grunde möchte Elon Musk, dass seine Plattform diversen Playern wie LinkedIn, Facebook und womöglich auch E-Commerce-Plattformen Konkurrenz macht. Immerhin zahlt die neue Kooperation mit Shopify – eine solche gibt es beispielsweise auch bei TikTok und YouTube und zuvor bei Twitter – auf die Commerce-Interessen von X ein.

Das neue X soll Vorteile für Creator, Unternehmen und Business-Partner:innen liefern. Dafür wird unter anderem auch auf neue AI Support bei den Post-Empfehlungen und Ads gesetzt. Doch parallel zur großen Wandlung der Plattform hat diese mit einem massiven Image-Problem sowie enormen Wert- und Umsatzverlusten zu kämpfen.


X will LinkedIn Konkurrenz machen und eifert WeChat nach

© Duncan.Hull (eigenes Werk) - Wikipedia.de, CC BY-SA 3.0 (Änderungen wurden vorgenommen via Canva), Elon Musk vor X-Logo
© Duncan.Hull (eigenes Werk) – Wikipedia.de, CC BY-SA 3.0 (Änderungen wurden vorgenommen via Canva)


Die Diskrepanz zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung

In einem ausführlichen Blog Post erklärt X, wie sich die Plattform bereits 2023 verändert hat und was 2024 folgen soll.

X is not just another app – it’s becoming the everything app, seamlessly uniting experiences into one interface, for everyone.

Im vergangenen Jahr habe man „free expression“ zu einem Kernwert entwickelt und daher auch die Content-Moderationspraktiken angepasst. Allerdings hat X harte Kritik dafür geerntet, denn unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit lässt die Plattform auch Hass freien Lauf, selbst Holocaust-Leugnungen müssen mitunter nicht gelöscht werden. X fördert die Verbreitung von Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und Beleidigungen jedweder Art eher als diese vehement zu verurteilen und einzudämmen. Allein die Reaktion des Plattformeigners auf einen Werbeboykott großer Marken spricht Bände. Disney, Apple, IBM und Co. stoppten ihre Ads, weil diese auf X teilweise in äußerst unseriösen Kontexten, etwa neben antisemitischen Inhalten, die nicht moderiert worden waren, ausgespielt wurden. Statt sich des Problems entschieden anzunehmen, beleidigte Musk einige Advertiser: „Go fuck yourself.“

Der Mangel an Content-Moderation und Sorge für die Sicherheit der Marken und Advertiser hat zahlreiche Werbetreibende dazu veranlasst, nicht mehr auf X zu werben. Das kostet X Corp. Milliarden und lässt die Plattform wirtschaftlich ins Wanken geraten. Insbesondere auf der nach dem Europastart trendenden Plattform Threads – die im Sommer als „Twitter Killer“ gelauncht wurde – wird über den zunehmenden Hass auf X diskutiert, der viele User nach Alternativen suchen lässt. Elemente wie Desinformation und Intransparenz haben zudem die EU zu einem Verfahren gegen die Plattform geführt.

Die Diskrepanz zwischen der Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung von X ist frappierend. Auf dem Unternehmens-Blog heißt es:

X continues to be the top platform for curious and influential people worldwide, who use it daily to follow their passions, especially during important moments […].

X CEO Linda Yaccarino und Plattformeigner Elon Musk feiern erneut das Usage-Wachstum auf der Plattform, müssen sich gleichzeitig aber die Frage stellen, wie sie die Nutzung künftig umfassend monetarisieren werden. Denn der Umsatz leidet schon länger. Zudem kehren viele, auch große, Accounts der Plattform den Rücken. Darüber hinaus berichtete Axios zum Jahreswechsel, dass das Finanzunternehmen Fidelity X derzeit einen Wertverlust von 71,5 Prozent gegenüber dem Zeitpunkt der Übernahme Twitters durch Musk zuschreibt. Gegensteuern möchte man unter anderem mit Bezahlmodellen – für Unternehmen wurde kürzlich ein neues gelauncht –, Commerce Features und AI-Optionen wie Grok, die zur Zahlung für Ads oder Abonnements anregen können.

„Transforming the Global Town Square“: Das hat X für die Zukunft geplant

Trotz aller Probleme hat X nach wie vor enorm viele User. Auch wenn viele große und kleine Accounts zu anderen Plattformen wechseln, bleibt die Relevanz des sozialen Mediums erhalten. Dabei bezeichnet sich X inzwischen als Video-First-Plattform: bei acht von zehn User Sessions würden Videos rezipiert. Über 100 Millionen tägliche User soll der Bereich Immersive Video haben. X hat das eigene Angebot zudem weiter diversifiziert, bietet beispielsweise mit X Hiring eine Art Jobportal an. Auch neu ist der KI-Bot Grok, der für Premium+ User ausgerollt wird und als AI Search Assistant mit Zugriff auf Echtzeitdaten für noch mehr Engagement sorgen soll.

Die User und Advertiser Experience soll auch 2024 mithilfe von KI aus dem Hause xAI optimiert werden. Dazu trägt etwa das Feature See Similar Posts bei, welches basierend auf User-Aktivitäten noch bessere Post-Vorschläge machen soll. Ads wiederum sollen im Full-Funnel-Bereich gestärkt werden, sodass sie wieder mehr Einnahmen versprechen. Besonders spannend für die Weiterentwicklung der Plattform dürften aber zwei andere Aspekte sein. Zum einen möchte X 2024 Peer-to-Peer Payments einführen. Diese sollen insbesondere den Handel über X stärken und auch den Austausch der User auf der Plattform erweitern. Erste Schritte hat die X Corp. mit den erhaltenen Geldtransmitterlizenzen schon gemacht.

Zum anderen investiert X zusehends in Creator-Kooperationen und im Rahmen der Video-First-Strategie in originäre Creator-Inhalte. So wurden kürzlich Kooperationen mit Don Lemon (für The Don Lemon Show) oder auch Sportmoderator Jim Rome bekanntgegenen.

Events wie der anstehende Super Bowl LVIII werden auf X sicherlich wieder für viel Engagement sorgen. Ohnehin erfreut sich die Plattform weiterhin großer Beliebtheit und X sieht optimistisch in die Zukunft:

X is set to revolutionize 2024 with groundbreaking products and services that will reshape how we connect, communicate, and transact. Our unwavering dedication to people, partners, and communities drives our mission to improve and innovate, boldly venturing into uncharted territory while remaining in tune with our community’s needs. 

Jedoch sollten die hochtrabenden Ziele und Pläne nicht davon ablenken, dass die Plattform massiv zur Toxizität im Digitalraum beiträgt und in diesem Kontext schon längst Renommee und Umsätze eingebüßt hat. Ob Musk und Co. das Ruder 2024 herumreißen können, ist zumindest fraglich.


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