Human Resources
Zwischen Glück und Kündigung: 23 Prozent der Angestellten haben eine niedrige Arbeitszufriedenheit

Zwischen Glück und Kündigung: 23 Prozent der Angestellten haben eine niedrige Arbeitszufriedenheit

Marié Detlefsen | 25.06.25

Die Arbeitszufriedenheit in Deutschland bleibt stabil – doch nicht alle profitieren davon gleichermaßen. Zwischen motivierenden Rahmenbedingungen und wachsender Wechselbereitschaft offenbaren sich Chancen und Risiken für Unternehmen.

Wirtschaftliche Unsicherheiten, ein sich ständig weiterentwickelnder Arbeitsmarkt sowie immer mehr Trends und neue Errungenschaften – eine stabile Stimmung im Job ist keine Selbstverständlichkeit. Und doch zeigt sich genau das: Die Arbeitszufriedenheit in Deutschland verharrt auf konstantem Niveau – ohne Höhenflug, aber auch ohne drastischen Absturz. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Work Happiness Report von awork, in Kooperation mit Appinio. Die Studie befragte 1.000 Wissensarbeiter:innen in Deutschland und zeigt: Der häufigste Wert auf der Zufriedenheitsskala von null bis zehn war die acht und das mit einem Anteil von 24 Prozent. Das ist mehr als nur solides Mittelmaß. Viele Arbeitnehmende erleben ihre Tätigkeit als sinnhaft, erfüllend und positiv. Arbeit scheint für viele also doch mehr zu sein als bloßer Broterwerb.

Hohe Arbeitszufriedenheit = geringe Wechselbereitschaft

So erfreulich diese Bilanz auch klingt, sie hat eine Kehrseite: Fast ein Viertel der Befragten (genau 23 Prozent) gab an, sich (eher) unglücklich im Job zu fühlen. Damit wird deutlich: Die Gesamtstimmung ist zwar überwiegend gut, aber keineswegs homogen. Unternehmen, die in Arbeitszufriedenheit investieren möchten, sollten genau hier ansetzen. Doch warum fühlen sich manche Mitarbeitende wohl und andere nicht?

Fast ein Viertel der Befragten (genau 23 Prozent) gab an, sich (eher) unglücklich im Job zu fühlen, © awork
Fast ein Viertel der Befragten (genau 23 Prozent) gab an, sich (eher) unglücklich im Job zu fühlen, © awork

Wer sich laut Studie in seiner Rolle gesehen, verstanden und gefördert fühlt, bleibt nachweislich länger – das zeigt sich auch in den Zahlen: Während nur 30 Prozent der glücklichen Beschäftigten einen Jobwechsel in Betracht ziehen, liegt dieser Wert bei den unzufriedenen Kolleg:innen bei alarmierenden 79 Prozent. Das belegt: Glück im Job reduziert die Wechselneigung erheblich – doch es garantiert keinen Verbleib.

Denn auch unter jenen, die sich wohlfühlen, steigt die Offenheit für Veränderung. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl derjenigen, die mit einem Wechsel liebäugeln, um vier Prozentpunkte gestiegen – auf inzwischen 41 Prozent. Der Wunsch nach Weiterentwicklung, neuen Impulsen und persönlichem Wachstum ist spürbar – und in einer dynamischen Arbeitswelt zunehmend normal.

Je niedriger die Arbeitszufriedenheit, desto höher die Kündigungsbereitschaft, © awork
Je niedriger die Arbeitszufriedenheit, desto höher die Kündigungsbereitschaft, © awork

Branchenunterschiede bei der Arbeitszufriedenheit

Ein Blick auf die einzelnen Branchen zeigt ebenfalls unterschiedliche Ergebnisse in Sachen Arbeitszufriedenheit. Die White-Collar-Branche führt in puncto Arbeitsglück mit einem Durchschnittswert von 7,5 und konnte sich damit im Vergleich zum Vorjahr (6,6) deutlich steigern. Am unteren Ende des Glücksspektrums steht ausgerechnet der Tech- und IT-Sektor. Noch im vergangenen Jahr Spitzenreiter:in mit 7,4, fällt der Bereich dieses Jahr auf 6,8 – ein spürbarer Rückgang. Die Gründe dafür dürften vielfältig sein: Fachkräftemangel, hohe Erwartungshaltungen, Unsicherheit durch Automatisierung – die Branche steht unter Druck. Doch gerade hier zeigt sich, wie wichtig gezielte Maßnahmen zur Förderung von Zufriedenheit und Wohlbefinden wären.

Ein weiteres zentrales Thema für Arbeitszufriedenheit: Flexibilität. Hier gibt es schlechte Nachrichten. Der Anteil der Mitarbeitenden mit voller Entscheidungsfreiheit über Arbeitsort und -zeit ist gegenüber dem Vorjahr merklich zurückgegangen. 2024 konnten noch 16 Prozent völlig frei wählen – heute sind es weniger als zehn Prozent. Gleichzeitig nimmt die Präsenzpflicht wieder zu. Viele Unternehmen setzen offenbar erneut auf physische Anwesenheit. Doch das scheint nicht unbedingt der Arbeitszufriedenheit zuträglich zu sein. Der Wunsch nach Autonomie bleibt – und wenn dieser nicht erfüllt wird, sinkt die Zufriedenheit und das Risiko von Hushed Hybrid steigt. Mehr dazu erfährst du im folgenden Artikel:


Hushed Hybrid:

Wie viele Arbeitnehmer:innen heimlich im Home Office bleiben

Hushed Hybrid: Wie viele Arbeitnehmer:innen heimlich im Home Office bleiben.
© Arina Krasnikova – Pexels


Wie lässt sich die Arbeitszufriedenheit steigern?

Einer der wichtigsten, wenn auch oft vernachlässigten Faktoren für Arbeitszufriedenheit ist Wertschätzung durch Führungskräfte. Menschen, die sich im Job gesehen und anerkannt fühlen, sind nicht nur motivierter, sondern auch loyaler. Fast 60 Prozent der Bleibewilligen gab an, sich stark wertgeschätzt zu fühlen – unter den Wechselbereiten sind es nur 38 Prozent. Noch dazu fühlt sich fast jede:r Fünfte in dieser Gruppe explizit nicht gewürdigt. Diese Lücke zwischen Wahrnehmung und Realität kann für Unternehmen teuer werden. Denn fehlende Anerkennung ist für viele Arbeitnehmer:innen ein klarer Kündigungsgrund. Wer hier investiert, profitiert von stärkerer Mitarbeiter:innenbindung und gesteigerter Motivation. Weitere Kündigungsgründe sind unter anderem eine schlechte Führung (34 Prozent), zu wenig Flexibilität (22 Prozent) oder eine schlechte Teamkultur (15 Prozent).

Aus diesen Gründen kündigen Arbeitnehmer:innen am ehesten, © awork
Aus diesen Gründen kündigen Arbeitnehmer:innen am ehesten, © awork

Ein besonders spannender Aspekt: Die große Mehrheit der Befragten ist bereit, auf einen Teil ihres Gehalts zu verzichten – sofern sich dadurch die Arbeitszufriedenheit steigern lässt. 72 Prozent würden weniger verdienen, um sich im Job wohler zu fühlen. Im Durchschnitt wären sie sogar bereit, 22 Prozent des Gehalts dafür aufzugeben. Ganze 18 Prozent würden die Hälfte oder mehr hergeben. Auch wenn diese Bereitschaft leicht rückläufig ist (minus ein Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr), zeigt sich ein klarer Trend: Die Bedeutung von Geld nimmt ab, während der Wunsch nach Sinn und Erfüllung steigt. Ob es sich bei den Aussagen der Befragten aber letztlich um Lippenbekenntnisse handelt, oder ob sie wirklich die Gehaltskürzung in der Praxis annehmen würden, ist schwierig zu ermitteln.

Arbeitszufriedenheit ist kein Luxus, sondern Strategie

Was lange als Soft Skill galt, entwickelt sich somit zum strategischen Erfolgsfaktor. Glückliche Teams sind produktiver, kreativer und bleiben länger im Unternehmen – das zeigt zumindest die Studie. Unternehmen, die deshalb in Arbeitszufriedenheit investieren, sichern sich nicht nur loyale Mitarbeitende, sondern auch eine stärkere Performance. Tobias Hagenau, Co-Founder & CEO von awork, rät in diesem Sinne:

Selbst moderne Teams unterschätzen und ignorieren konsequent, wie wichtig es ist, bei der Arbeit glücklich zu sein. Nicht nur aus Interesse am Menschen, sondern auch aus nüchterner wirtschaftlicher Raison: Glückliche Teams sind nachweislich kreativer, produktiver und verlässlicher.


Unzufriedenheit im Job:

Warum viele Beschäftigte nur aus Angst bleiben

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© Anna Tarazevich – Pexels

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