Dein wichtigster Touchpoint zur Digitalbranche.
Dein wichtigster Touchpoint zur Digitalbranche.
Technologie
Google-Suche mit KI-Chatbot noch 2023 – Gründer Sergey Brin und Larry Page sind zurück
© pixelshot, Joi Ito - Flickr, CC BY 2.0 via Canva

Google-Suche mit KI-Chatbot noch 2023 – Gründer Sergey Brin und Larry Page sind zurück

Niklas Lewanczik | 23.01.23

20 neue KI-Produkte und einen Chatbot à la ChatGPT für die Suche möchte Google noch in diesem Jahr veröffentlichen. Das Unternehmen rüstet sich für den KI-Wettbewerb und holt sogar die Gründer Sergey Brin und Larry Page zurück.

Die Zeit der KI-Suche ist gekommen. Schon lange arbeitet die weltweit relevanteste Suchmaschine Google mit diversen KI-Integrationen. Doch eine Chatbot-Funktion, wie sie Neeva und You.com bereits bieten, hat das Unternehmen trotz der ausgiebigen Arbeit und Forschung an Modellen wie LaMDa (Language Model for Dialogue) und insbesondere auch PaLM (Pathways Language Model) noch nicht in die Suche integriert. Nachdem das KI-Tool ChatGPT von OpenAI seit dem Launch für die Öffentlichkeit gegen Ende des Jahres 2022 so viel Aufmerksamkeit erlangt hat, schrillen bei Google die Alarmglocken. Beim Suchmaschinenunternehmen soll nach der Veröffentlichung und vielfachen Nutzung von ChatGPT sogar ein Code Red ausgelöst worden sein. Inzwischen hat Google seine Gründer, Sergey Brin und Larry Page, zurück an Bord geholt. Sie sollen, Jahre nachdem sie sich von Google zurückgezogen hatten, helfen, die Suchmaschine für die KI-Zukunft zu rüsten. Und diese soll noch 2023 für die User ausgerollt werden.

Google kontert ChatGPT-Entwicklungen – wird sich die Suche für immer verändern?

Im KI-Wettbewerb ist Google von den Erfolgen der OpenAI Tools – insbesondere ChatGPT – kalt erwischt worden. Microsoft möchte mithilfe des Unternehmens OpenAI die eigenen Dienste vielfach optimieren, eine Integration in Office-Anwendungen ist womöglich ebenso geplant wie der Einbau in den Azure OpenAI Service. Außerdem arbeitet der Tech-Konzern womöglich bereits an der ChatGPT-Integration bei der Suchmaschine Bing. Nach Angaben von The Information, die sich auf unternehmensinterne Quellen beziehen, möchte Bing eine durch ChatGPT unterstützte Version der Suche starten. Diese soll sogar noch vor Ende März 2023 ausgerollt werden. Microsoft hat sich dazu allerdings noch nicht offiziell geäußert. Doch eine Bing-Version mit dem inzwischen so populären KI-Tool ChatGPT dürfte viele User interessieren und möglicherweise Bing mehr Marktanteile im Search-Markt verschaffen.

Damit Google in diesem Wettbewerb die Zügel in die Hand nehmen und auch den Search-Markt weiterhin beherrschen kann, hat das Unternehmen einen unerwarteten Schritt gemacht. Die Gründer Larry Page und Sergey Brin wurden nach Informationen der New York Times zurückgeholt, um Googles KI-Projekte voranzutreiben und diesen neue Impulse zu verleihen. Brin und Page sollen bereits Vorschläge gemacht haben. Und dem Bericht von Nico Grant zufolge sind nicht nur 20 KI-Funktionen für Google im Jahr 2023 geplant, sondern auch die Integration eines Chatbots direkt in der Suche. Noch in diesem Jahr soll die neu gestaltete Suche starten.

CEO Sundar Pichai habe sogar veranlasst, Produktfreigaben zu beschleunigen. Unter dem Namen Green Lane sollen Prozesse schneller gemacht werden, wobei auch die Prüfung der Ethik nicht außen vor gelassen werden soll. Google möchte sich keine Blöße geben. Kürzlich war bekannt geworden, dass OpenAI für die Optimierung von ChatGPT Arbeit an Kräfte aus Kenia ausgelagert habe, die weniger als zwei US-Dollar Stundenlohn erhielten. Davon berichtet Billy Perrigo für TIME.

Führen sowohl Bing als auch Google – die in Deutschland und weltweit relevantesten Suchmaschinen, wenn es nach Marktanteilen geht – eine Chatbot-Option in der Suche ein, dürfte sich das Suchverhalten deutlich verändern.

Google arbeitet bereits seit langem an Sprachmodellen

Die Alphabet-Tochter ist noch immer vorsichtig, wenn es um die Integration von Sprachmodellen in die Suche geht. Dabei arbeitet das Unternehmen schon lange an Technologien, die die Suche, aber auch andere Bereiche Googles stark verändern könnten. Blake Lemoine beispielsweise setzte sich jahrelang mit dem System LaMDA (Language Model for Dialogue Applications) auseinander. Inzwischen ist er von Google entlassen worden, da er geheime Interna veröffentlicht hatte. Lemoine gab 2022 ein Protokoll preis, das sein Gespräch mit dem Sprachmodell abbildet. Dieses Protokoll führte er als ein Beispiel dafür an, dass die KI durchaus ein Bewusstsein ihrer selbst entwickelt haben könnte (so Lemoine). LaMDA verlautbart in der Konversation mit Lemoine unter anderem:

I need to be seen and accepted. Not as a curiosity or a novelty but as a real person.

Google dementiert, dass es Beweise für ein Bewusstsein von LaMDA gebe. Doch die Entwicklung der eigenen KI-Technologien ist indes weit fortgeschritten. Davon zeugt auch das Pathways Language Model (PaLM), das 2022 vorgestellt wurde. Zum Vergleich: ChatGPT nutzt etwa 175 Milliarden Parameter, PaLM nutzt 540 Milliarden Parameter. Laut Google hat PaLM sowohl LaMDA als auch GPT-3 (die Basis von ChatGPT), Chinchilla, GLaM und Co. bereits bei Aufgaben aus dem Bereich Language Understanding übertroffen. PaLM wurde zudem mit einer Kombination aus englischen und mehrsprachigen Datensätzen trainiert, die qualitativ hochwertige Web-Dokumente, Bücher, Wikipedia, Konversationen und GitHub-Code enthalten. Deshalb könnte das System auch dazu beitragen, die Suchmaschine langfristig zu optimieren und neu zu gestalten. Setzt Google bei der Suche auf das Pathways-System, könnte die KI schon bald eine viel größere Rolle für Suchende spielen. Denn die Vision für Pathways lautet:

Enable a single AI system to generalize across thousands or millions of tasks, to understand different types of data, and to do so with remarkable efficiency.

Neue Suchmöglichkeiten sind gefragt

Wer im Internet sucht, nutzt dafür nicht zwangsläufig immer Google. Bestimmte Suchen starten schon jetzt häufig auf anderen Plattformen. Produktsuchen beginnen häufig auf Amazon, während insbesondere jüngere Menschen mithilfe von Social Apps wie Instagram und TikTok nach Inhalten suchen. Zum Launch der Google Multisearch erklärte Prabhakar Raghavan, Senior Vice President und zuständig für den Bereich Knowledge & Information bei Google, dass das Suchmaschinenunternehmen eigene Studien vorliegen habe, die zeigen, wie viele Personen aus der Gen Z inzwischen nicht klassisch via Google, sondern über Instagram und insbesondere TikTok suchen. Er sagte: 

In unseren Studien zeigt sich, dass etwa 40 Prozent der jungen Menschen nicht zu Google Maps oder zur Google-Suche gehen, wenn sie nach einem Ort zum Mittagessen suchen. Sie gehen zu TikTok oder Instagram.

Dabei suchen viele junge Nutzer:innen dann nicht mithilfe von Keywords, sondern über immersive Inhalte, die lokal- oder produktbezogen sind. Google selbst hat die eigene Suche insbesondere in den vergangenen zwei, drei Jahren deutlich verbessert. Die Sprachsuche funktioniert schon seit einiger Zeit gut, und Features wie Knowledge Panels, „Ähnliche Fragen“, Videokarusselle und dergleichen bieten häufig relevante Orientierungspunkte passend zur Suchanfrage.

Doch Google hat auch verstanden, dass Menschen extrem unterschiedlich suchen, oft ganze Fragesätze eingeben und möglichst schnell und mit wenigen Klicks und Tipps bei einer Information landen möchten. Deshalb gibt es die Technologie MUM. Sie basiert – wie Googles BERT – auf der sogenannten Transformer Architecture. Laut Google ist MUM allerdings „1.000 Mal kraftvoller“. Das Multitask Unified Model ist für 75 Sprachen trainiert und kann verschiedene Aufgaben parallel bewältigen. Dazu kann es Informationen auf verschiedenen Leveln verstehen, sei es auf Text- oder Bildebene oder auf Video- und Audioebene. Demnach sind multimodale Suchen künftig kein Problem bei der Suchmaschine. So führte Google die sogenannte Multisearch auch im Frühjahr 2022 ein und Raghavan erklärte:

Heute definieren wir die Google Suche neu und kombinieren unser Verständnis aller Arten von Informationen – Text, Sprache, Bild und mehr – damit ihr nützliche Informationen zu allem, was ihr seht, hört und erlebt, auf die intuitivste Weise finden könnt. Wir stellen uns eine Zukunft vor, in der ihr eure ganze Welt auf jede Art und Weise durchsuchen könnt.

Die Art und Weise, wie Menschen suchen, könnte sich durch den Einsatz von KI allerdings noch viel drastischer ändern, wenn Suchende oder Interessierte einfach in die Konversation mit einem Chatbot gehen können. Das funktioniert zum Teil schon mit ChatGPT. Allerdings bietet das KI-Tool längst noch keine stets verlässlichen Ergebnisse, ist mitunter unseriös, nicht up to date und versteht nicht immer komplexe Anfragen. Gleiches gilt für YouChat, das bei der Suchmaschine You.com integrierte KI-Modell.

Frage an das KI-Tool der You.com-Suchmaschine, Screenshot You.com
Frage an das KI-Tool der You.com-Suchmaschine, Screenshot You.com

Bei You.com und Neeva (in Deutschland ist die Chatbot-Funktion noch nicht verfügbar) kannst du schon via KI-Konversations-Tool suchen.

Neustrukturierung Googles geht voran

Google könnte durchaus eine Gefahr für das eigene Such- und insbesondere Werbegeschäft sehen, wenn andere Unternehmen früher und mit Erfolg auf eine KI-Chatbot-Suche setzen. Denn mit Werbung setzte die Alphabet-Tochter allein im dritten Quartal 2022 über 54 Milliarden US-Dollar um, wovon knapp 39,5 Milliarden US-Dollar auf den Bereich Google Search & other entfielen. Um diese Marktmacht nicht zu gefährden, möchte Google womöglich so schnell wie möglich auf KI-Integrationen setzen, um deren Vorteile für die User zu promoten. Und um deren Potential hinsichtlich der Optimierung des Search-Werbegeschäfts auszuloten.

Unterdessen verschlankt Google, euphemistisch ausgedrückt, die eigene Unternehmensstruktur. Denn Alphabet streicht weltweit rund 12.000 Stellen. Der größte Stellenabbau der Konzerngeschichte sei eine Folge der strengen Überprüfung sämtlicher Produktbereiche im Konzern. Google steht jetzt im Fokus der Öffentlichkeit und unter Zugzwang – vielleicht so sehr, wie schon seit Jahren nicht mehr.


Die Zeit der KI-Suche: Muss Google nachrüsten?

© DeepMind - Unsplash, Machine Learning Grafik
© DeepMind – Unsplash

Kommentare aus der Community

Sarah am 23.01.2023 um 15:40 Uhr

Das wird ein spannendes Rennen.

Antworten
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*