Human Resources
Schluss mit Perfektion: Jede:r Zweite mit Joblücke – warum Unterbrechungen kein Karriereknick mehr sind

Schluss mit Perfektion: Jede:r Zweite mit Joblücke – warum Unterbrechungen kein Karriereknick mehr sind

Marié Detlefsen | 04.09.25

Lücken im Lebenslauf verlieren ihren Schrecken: Immer mehr Bewerber:innen weisen Unterbrechungen auf, und das quer durch alle Altersgruppen. Eine neue Studie zeigt, wie stark dieser Trend zugenommen hat und was das für den Arbeitsmarkt bedeutet.

Wer heute durch Bewerbungsunterlagen blättert, wird kaum noch auf makellos durchgehende Biografien stoßen. Lücken im Lebenslauf, einst als Makel betrachtet, sind inzwischen nicht nur weitverbreitet, sondern nehmen nachweislich weiter zu. Das bestätigt der aktuelle Career Gap Report 2025 des Karriereportals LiveCareer, der auf einer Analyse von 1,8 Millionen Lebensläufen zwischen 2022 und 2025 basiert. Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: Karriereunterbrechungen gehören mittlerweile zum Alltag – und das über alle Altersgruppen und Branchen hinweg.

Anzahl größerer Lücken im Lebenslauf steigt

Für ein paar Monate arbeitslos und auf der Suche nach einem neuen Job zu sein, ist mittlerweile kein verpöntes Phänomen mehr. Dies bestätigt auch die Studie, welche zeigt, dass insbesondere langfristige Auszeiten auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland zunehmen. 30 Prozent der Lebensläufe im Jahr 2025 enthalten eine Lücke von mindestens zwölf Monaten – ein Plus von acht Prozentpunkten im Vergleich zu 2022. Das entspricht einem relativen Anstieg von 36 Prozent in nur drei Jahren.

Auch mittellange Auszeiten (etwa sechs Monate) werden häufiger: 38 Prozent der Bewerber:innen hatten 2025 eine mindestens halbjährige Unterbrechung in ihrer Erwerbstätigkeit. Drei Jahre zuvor lag dieser Wert noch bei 28 Prozent. Damit zeigt sich ein kontinuierlicher Trend: Von Jahr zu Jahr wächst die Zahl derjenigen, die längere Pausen in Kauf nehmen mussten oder bewusst gewählt haben.

30 Prozent der Lebensläufe im Jahr 2025 enthalten eine Lücke von mindestens zwölf Monaten (mit einem Klick aufs Bild gelnagst du zur größeren Ansicht), © LiveCareer
30 Prozent der Lebensläufe im Jahr 2025 enthalten eine Lücke von mindestens zwölf Monaten (mit einem Klick aufs Bild gelnagst du zur größeren Ansicht), © LiveCareer

Neben langen Lücken rücken auch die kurzen in den Fokus. Über die Hälfte (54 Prozent) aller Bewerbungen mit Lücken weist inzwischen Unterbrechungen von weniger als einem Monat auf. Was nach einer Kleinigkeit klingt, deutet auf eine steigende Dynamik am Arbeitsmarkt hin: Häufigere Jobwechsel, kurze Übergangsphasen oder befristete Beschäftigungen hinterlassen sichtbare Spuren in den Lebensläufen. Doch während dies vor ein paar Jahren noch den einen oder anderen fragenden Blick im Bewerbungsgespräch bedeutete, ist dies mittlerweile gang und gäbe.

Nahtloser Lebenslauf auf dem Rückzug

Parallel dazu schrumpft die Gruppe jener, die noch einen durchgehend lückenlosen Lebenslauf vorweisen können. Nur 46 Prozent der Bewerber:innen waren 2025 ohne jede Lücke – ein Rückgang um zehn Prozentpunkte seit 2022. Anders gesagt: Die Mehrheit der Jobsuchenden hat heute Unterbrechungen in ihrer Erwerbsbiografie.

Eine mögliche Ursache für diese Entwicklung liegt laut der Studie an der Coronapandemie, denn die Folgen dieser auf dem Arbeitsmarkt sind bis heute spürbar. Zwar sind die akuten Krisenjahre vorbei, doch die damaligen Umbrüche am Arbeitsmarkt hallen noch nach. 2025 erreichten die langfristigen Lücken einen neuen Höchststand und übertrafen sogar die Werte von 2024. Viele Beschäftigte, die während der Pandemie aus dem Beruf ausschieden, kehren nur schrittweise oder gar nicht zurück.


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Mut zur Lücke zeigen!

Diese Entwicklung verändert die Spielregeln auf beiden Seiten des Arbeitsmarktes. Für Arbeitssuchende bedeutet das: Lücken sollten nicht länger verschwiegen, sondern erklärt werden – sei es durch Weiterbildungen, ehrenamtliches Engagement, Pflegeaufgaben oder bewusste Auszeiten zur Orientierung. Entscheidend ist, erworbene Fähigkeiten klar zu benennen und Pausen als bewusste Stationen der persönlichen Entwicklung darzustellen.

Wichtig ist in diesem Fall nur, dass du die Unterbrechungen richtig erklärst und nicht versuchst, dir auch hierfür eine Lüge zurechtzulegen. Dadurch erweckst du schließlich nur Misstrauen. Deshalb solltest du dich für ein Vorstellungsgespräch richtig vorbereiten. Dabei kannst du den Fokus der Lücken vor allem auf die positiven Aspekte lenken und deutlich machen, dass du nun (wieder) mit vollem Elan in den Job starten willst und kannst. Wenn die Pause dich beruflich weitergebracht hat, solltest du auch dies erwähnen und Mut zur Lücke zeigen.

Mithilfe eines unperfekten Lebenslaufs Potenziale entdecken

Auch Arbeitgeber:innen sind gefordert, umzudenken. Wenn weniger als die Hälfte der Bewerber:innen kontinuierliche Erwerbsbiografien vorweisen kann, verliert das klassische Auswahlkriterium lückenloser Lebenslauf an Bedeutung. Gefragt sind stattdessen Ansätze, die Kompetenzen, Belastbarkeit und Lernfähigkeit stärker in den Vordergrund rücken. Lücken können außerdem Ausdruck von Anpassungsfähigkeit und Resilienz sein. Für Unternehmen eröffnen Lücken zudem die Möglichkeit, Potenziale jenseits des linearen Karriereverlaufs zu erkennen. Dieser Ansicht ist auch Jasmine Escalera, Karriereexpertin bei LiveCareer:

Karriereunterbrechungen sind heute nichts Ungewöhnliches mehr – sie sind ein fester Bestandteil des heutigen Arbeitsmarktes. Wir beobachten, dass Menschen aus Gründen der Pflege, Umschulung oder aus gesundheitlichen Gründen aus dem Berufsleben ausscheiden. Arbeitgeber müssen aufhören, diese Unterbrechungen als Warnsignale zu betrachten, und Arbeitssuchende sollten sich ermächtigt fühlen, zu ihrer Geschichte zu stehen.


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