Human Resources
Gesund, achtsam, ungenutzt: Nur 7 Prozent der Arbeitnehmer:innen nutzen ihren Bildungsurlaub

Gesund, achtsam, ungenutzt: Nur 7 Prozent der Arbeitnehmer:innen nutzen ihren Bildungsurlaub

Marié Detlefsen | 08.08.25

Immer mehr Menschen interessieren sich für Bildungsurlaub – doch nur ein Bruchteil nutzt ihn tatsächlich. Dabei steckt gerade in der persönlichen Weiterbildung enormes Potenzial für Gesundheit, Resilienz und berufliche Zufriedenheit.

Von Jahr zu Jahr wächst das Interesse an Bildungsurlaub, doch tatsächlich genutzt wird dieser von nur einem Bruchteil der Berechtigten. Der aktuelle Bildungsurlaub Trend Bericht 2025 der Plattform Bildungsurlauber.de zeigt: Deutschlandweit wurde 2024 erstmals die Marke von über einer Million Teilnehmenden überschritten. Ein Meilenstein, der zugleich ein Paradox offenbart: Trotz steigender Nachfrage schöpfen viele Arbeitnehmer:innen ihren Anspruch gar nicht erst aus.

Bildungsurlaub: Rechtlich verankert – aber selten genutzt

Der Bildungsurlaub ist in fast allen Bundesländern gesetzlich verankert. Arbeitnehmer:innen haben in der Regel Anspruch auf fünf zusätzliche bezahlte Urlaubstage pro Jahr, die für Weiterbildungszwecke genutzt werden können – unabhängig davon, ob die Inhalte unmittelbar berufsbezogen sind. Nur Bayern und Sachsen bleiben außen vor: Hier existiert kein gesetzlicher Rahmen, auch wenn Sachsen ab 2027 nachziehen möchte.

Doch obwohl rund 14 Millionen Beschäftigte in Deutschland grundsätzlich Anspruch auf Bildungsurlaub hätten, nutzen ihn laut Bericht lediglich sieben Prozent. Das bedeutet: 13 von 14 Anspruchsberechtigten lassen dieses Zusatzangebot links liegen.

Rund 1,04 Millionen Arbeitnehmer:innen nutzen Bildungsurlaub

Laut der Studie wurde 2024 mit rund 1,04 Millionen Bildungsurlaubsteilnehmenden ein neuer Höchststand erreicht. Seit 2010 hat sich die Nachfrage, wenn man die Coronaausnahmejahre ausklammert, mehr als verdoppelt. Besonders stark war der Anstieg im Jahr 2023 (plus 20 Prozent), bevor sich das Wachstum 2024 auf plus sechs Prozent stabilisierte.

2024 wurde mit rund 1,04 Millionen Bildungsurlaubs-Teilnehmenden ein neuer Höchststand erreicht, © Bildungsurlauber.de
2024 wurde mit rund 1,04 Millionen Bildungsurlaubs-Teilnehmenden ein neuer Höchststand erreicht (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Bildungsurlauber.de

Doch die tatsächliche Nutzung bleibt im Vergleich zur Zahl der Beschäftigten ernüchternd. Hochrechnungen ergeben: Nur etwa drei Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (rund 34,8 Mio. Menschen) nehmen Bildungsurlaub in Anspruch. Zum Vergleich: Zwischen 59 und 75 Prozent der Unternehmen ermöglichen ihn offiziell – was bedeutet, dass das Angebot in vielen Fällen vorhanden wäre, aber nicht abgerufen wird.

Wo Bildungsurlaub besonders gefragt ist und wo nicht

Die Nutzung des Bildungsurlaubs variiert stark zwischen den Bundesländern, sowohl faktisch als auch im digitalen Suchverhalten. Nordrhein-Westfalen (20,3 Prozent), Hessen (21,08 Prozent) und Niedersachsen (12,47 Prozent) führen das Feld an, was die absolute Nachfrage betrifft. Die Stadtstaaten Berlin (6,53 Prozent) und Hamburg (4,73 Prozent) zeigen im Verhältnis zur Einwohnerzahl ein überdurchschnittlich hohes Interesse. Dagegen hinken Bayern (5,34 Prozent) und Sachsen (2,68 Prozent) deutlich hinterher – ein Resultat der fehlenden gesetzlichen Verankerung.

Die Nutzung des Bildungsurlaubs variiert stark zwischen den Bundesländern (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Bildungsurlauber.de
Die Nutzung des Bildungsurlaubs variiert stark zwischen den Bundesländern (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Bildungsurlauber.de

Doch wer genau nutzt das Angebot am meisten? Die typischen Bildungsurlauber:innen sind jung, weiblich und digital unterwegs: Vor allem die Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen zeigt überdurchschnittlich hohes Interesse. Generell nutzen Frauen Bildungsurlaub häufiger als Männer.


„Benefits greifen oft zu kurz“ –

jede:r vierte Erwerbstätige leidet unter mentalen Belastungen

"Benefits greifen oft zu kurz" - jede:r vierte Erwerbstätige leidet unter mentalen Belastungen
© Kaboompics.com – Pexels


Gesundheit und persönliche Entwicklung stehen an erster Stelle

Inhaltlich zeigt sich laut der Studie ein klarer Trend: Bildungsurlaub wird vor allem für Themen genutzt, die Körper, Geist und persönliche Entwicklung stärken. Gesundheit und Stressbewältigung sind mit 55 Prozent die beliebtesten Inhalte, gefolgt von persönlicher und beruflicher Entwicklung (43 Prozent) sowie Sport, Fitness und Yoga (33 Prozent).

Bildungsurlaub wird vor allem für Themen genutzt, die Körper, Geist und persönliche Entwicklung stärken (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Bildungsurlauber.de
Bildungsurlaub wird vor allem für Themen genutzt, die Körper, Geist und persönliche Entwicklung stärken (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Bildungsurlauber.de

Ein Viertel der wahrgenommenen Angebote entfällt auf Sprachkurse und Sprachreisen, eventuell ein Hinweis darauf, dass globale Kommunikation nach wie vor ein zentrales Anliegen vieler Beschäftigter ist. Überraschend niedrig ist dagegen das Interesse an fachlichen Themen wie Wirtschaft, IT oder Digitalisierung – sie bleiben allesamt unter der sieben Prozentmarke. Diese Inhalte werden offenbar stärker über betriebliche Weiterbildungsangebote außerhalb des Bildungsurlaubs abgedeckt.

Warum Bildungsurlaub so wenig genutzt wird

Doch warum nehmen so wenige Arbeitnehmer:innen Bildungsurlaub in Anspruch, obwohl das Interesse grundsätzlich da ist? Mehrere Faktoren dürften eine Rolle spielen:

  • Informationsdefizite: Viele Angestellte wissen nicht, dass sie Anspruch auf Bildungsurlaub haben.
  • Unternehmenskultur: Obwohl viele Betriebe Bildungsurlaub formal ermöglichen, fehlt oft eine aktive Förderung durch Vorgesetzte oder Personalabteilungen.
  • Unsicherheiten bei der Themenwahl: Wer glaubt, Bildungsurlaub müsse fachlich relevant für den eigenen Job sein, fühlt sich möglicherweise eingeschränkt – obwohl das rechtlich meist nicht der Fall ist.

Mehr Menschen als je zuvor interessieren sich für das Angebot, und die Zahl der Teilnehmenden steigt, doch der Großteil der Anspruchsberechtigten verzichtet weiterhin darauf. Dabei liegt in diesen fünf zusätzlichen Tagen im Jahr großes Potenzial: für persönliche Entwicklung, nachhaltige Gesundheit und nicht zuletzt eine zukunftsfähige Arbeitswelt.


Mehr als nur Weiterbildung:

Wie Bildungsurlaub Loyalität, Gesundheit und Arbeitgeber:innenattraktivität stärkt

Mehr als nur Weiterbildung: Wie Bildungsurlaub Loyalität, Gesundheit und Arbeitgeber:innenattraktivität stärkt
© Kindel Media – Pexels

Kommentare aus der Community

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*

Melde dich jetzt zu unserem HR-Update an und erhalte regelmäßig spannende Artikel, Interviews und Hintergrundberichte aus dem Bereich Human Resources.