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Programmatic Advertising
Native Advertising in der Kritik: Wie weit darf Werbung gehen?
Coskun Tuna, Gründer und Geschäftsführer von Seeding Alliance, © Seeding Alliance GmbH

Native Advertising in der Kritik: Wie weit darf Werbung gehen?

Niklas Lewanczik | 05.12.16

Coskun Tuna, Geschäftsführer von Seeding Alliance, bricht eine Lanze für seine Disziplin und gibt spannende Einblicke in die Native Advertising Branche.

Mit Native Advertising floriert derzeit eine Werbeform, die nutzerorientiert und wenig aufdringlich ist. Welche Vorteile erwachsen daraus für die Werbebranche und für die User? Und welchen Hindernissen sehen sich Native Advertiser ausgesetzt? Coskun Tuna, Gründer und Geschäftsführer von Seeding Alliance, gibt Antworten auf diese Fragen.

Die Darstellung des Native Advertising

Während für das Native Advertising allgemein ein Wachstum prognostiziert wird, gibt es auch Stimmen, die in dieser speziellen Werbeform Probleme sehen. Eine unzureichende Trennung von Werbung und redaktionellem Content wurde kritisiert (hier sei auf die US-amerikanische Studie der Stanford University verwiesen, nach der US-Schüler einer solchen Differenzierung zu großen Teilen nicht fähig waren). Offensichtliche Vorteile des Native Advertising hingegen verweisen auf aktuelle Entwicklungen im Online Marketing: Harmonie mit Social Media-Kampagnen, die Bedienung von Mobile Advertising etc.

In einem kritischen Diskurs zum Thema Native Advertising kommt bei uns Coskun Tuna zu Wort, um einige der genannten Aspekte aus der Perspektive eines Branchen-Experten zu erläutern. Dabei versucht er, selbst aus der Position eines Marketers die Kritikpunkte in Bezug auf seine Branche zu entkräften. Als Geschäftsführer der Seeding Alliance GmbH, dem größten Native Advertising-Vermarkter in Deutschland und Entwickler einer Ad Server-Technologie zum Distribuieren von Native Ads, liefert Tuna fundierte Ansichten zu einer Werbeform, die auch in Zukunft groß auftrumpfen dürfte.

Interview mit Coskun Tuna, Gründer und Geschäftsführer von Seeding Alliance

OnlineMarketing.de: Welche Kriterien muss eine qualitativ hochwertige Native Ad für dich erfüllen?

coskun-tuna-2Coskun Tuna: Native Advertising ermöglicht den Werbetreibenden smarte und zweckmäßige Werbung an ihre Zielgruppe zu vermitteln. Dies funktioniert zum einen durch die Anpassung an das jeweilige Umfeld der Webseite und zum anderen durch qualitativ hochwertigen Content, der dem Adressaten einen Mehrwert bietet. Es gilt die Schaffung eines Informationskreislaufs, in welchem sich der Konsument bewusst und gewollt in eine Beziehung mit dem Werbetreibenden begibt. Eine rein verkaufsorientierte Ansprache ist den heutigen Konsumenten zuwider.

Wo siehst du die größten Vorteile dieser Werbeform und an welchen Punkten siehst du Bedarf zur Optimierung?

Im Gegensatz zu Display Werbung hat der Werbetreibende mit Native Advertising mehr Spielraum für Storytelling oder Fragestellungen, die den Kunden umtreiben. Es bedarf keiner plakativen Einbahnstraßenwerbung mehr, die nur das Ziel hat den kaufwilligen Kunden abzufangen. Native Advertising ist hingegen eine neue Form des informierenden Dialogs. Auch die passende Zielgruppe kann mit Native Ads, durch eine datengetriebene Ausspielung, zielsicher erreicht werden.

Optimierungsbedarf sehe ich in der Definition dieses neuen Werbeformats, denn nicht alles, was als Native verkauft wird, ist auch wirklich Native. Inhalte, die dem Leser keinen Mehrwert bieten und nur reinen Abverkauf bezwecken, sind für mich kein wirkliches Native Advertising.

Transparenz ist ein Schlagwort der Marketing-Branche. Wie schätzt du die Notwendigkeit einer weitreichenden Aufklärung über Online-Werbeformen, gerade für heranwachsende User, ein?

Die Generation, die komplett in einer digitalisierten Welt aufgewachsen ist, tendiert dazu, blinkende werbliche Effekte eher auszublenden. In der überfluteten Informationswelt liegt ihr Fokus immer mehr auf Schärfe. Werbung sollte stets als solche gekennzeichnet sein – meiner Meinung nach genügt das. Eher muss die Werbebranche aufgeklärt werden, wie sie Werbung zu machen hat, damit sie reflektiert von den Adressaten aufgenommen werden kann.

Vielleicht können die Ergebnisse der Studie der Stanford University dazu beitragen. Hier finde ich auch wichtig zu erwähnen, dass die Studie aus den USA kommt und amerikanische Jugendliche befragt wurden. In den USA ist Buzzfeed führend, vor allem was schnellen Traffic und die Generierung von viralen Inhalten angeht. In Nordamerika ist der Markt des Native Advertising sehr viel größer und offensiver als in Deutschland. Ich selbst befürworte diese Listicle – und Clickbait-Mentalität nicht. Ich kann gut verstehen, dass es hier für junge Leute schwierig zu erkennen ist, welcher Inhalt gesponsert ist und welcher nicht.

Glaubst du, dass der zuweilen suggestive Charakter des Native Advertising dazu beiträgt, dass genuin redaktioneller Content weniger gut vom ,Sponsored Content‘ unterschieden werden kann?

Bei Native Advertising geht es nicht um ein Chamäleon, dass seine Beute täuscht, um sie einzufangen, wenngleich das auch immer wieder so dargestellt wird. Ich werde nicht müde dies weiterhin zu betonen. Native Advertising steht für die Rückbesinnung auf das Wort, wenn ich das so sinnbildlich darstellen darf. Mitreißende Geschichten regen die Fantasie an und bleiben im Gedächtnis. Jetzt, wo die Effektwerbung in Form von Display Advertising und Spam nicht mehr flächendeckend funktioniert, hat das Online Marketing das Geschichtenerzählen neu für sich entdeckt.

Sponsored Content gehört zu den Native Advertorials, also ein bezahlter Artikel im Radius eines gebuchten Mediums. Sie sind als Native Advertorial optisch und inhaltlich näher an der Sprache des Mediums, als bisherige Advertorials. Die deutliche Kennzeichnung als Sponsored Posts oder Anzeige sollte Pflicht sein, damit native Werbung immer von redaktionellem Content unterschieden werden kann.

Welchen Status können Native Ads, bei der erhofften Viralität in Social Media, gerade in Abgrenzung zu News erreichen? Und welchen Status dürfen sie Deiner Meinung nach annehmen?

Native Ads können den Status erreichen, den Nutzer bereit sind ihnen zu geben. Wir haben zahlreiche Native Ads Kampagnen distribuiert, die von Lesern in sozialen Netzwerken geteilt wurden. Das wäre nicht der Fall, wenn sie sich vom Inhalt nicht angesprochen fühlen und diesen für teilenswert halten würden. Die Abgrenzung zu News liegt, meiner persönlichen Meinung nach, ausreichend in der Anzeigenkennzeichnung.

Die Verwechslungsgefahr bei News und Native Ads ist derzeit ein Thema. Welche Verantwortung tragen Deiner Meinung nach Publisher hinsichtlich einer Distinktion von eigenem Content und Werbung? 

Warum sollte eine gut recherchierte und aufgearbeitete Story eines Werbenden nicht den gleichen Stellenwert haben wie eine News eines bezahlten Redakteurs? Auch hinter vielen Native Ads steckt eine ganze Redaktion. Solange eine Anzeigenkennzeichnung den Unterschied klarmacht, sehe ich keine Probleme. Es geht nicht um einen Klassenkampf zwischen den Erstellern von Inhalten, sondern um den hochwertigen Content, den es dem Kunden zu präsentieren gilt.

Hältst du Richtlinien – etwa einen Code of Conduct oder standardisierte Labels – für das Native Advertising in Deutschland für sinnvoll?

Vor einem Jahr habe ich mögliche Angaben für eine bessere Kennzeichnung definiert und veröffentlicht. Dazu zählte, dass es einen Link innerhalb der Native Ad geben sollte, der eine Information über den Werbetreibenden und zum Distributor gibt, sowie ein Kontaktinfo, wo Nutzer Meldungen äußern können. Letztendlich muss ich aber gestehen, sind solche Richtlinien derzeit eher hinfällig, da sich das Native Advertising auf voller Fahrt in der Entwicklung befindet und sich schon in wenigen Monaten so weiterentwickelt hat, dass Richtlinien, die wir heute definieren würden, nicht mehr umsetzbar sind. In diesem Stadium ist die Anzeigenkennzeichnung die einzige Konstante. Ich bin für eine freie Fahrt für native Formate, damit wir sie optimal entwickeln können, bevor wir anfangen sie in Ketten zu legen. Allerdings verdeutlichen Studien, wie die der Stanford University, dass eine stetige Weiterentwicklung der Native Ads auf keinen Fall bedeuten soll, dass Nutzer diese immer weniger erkennen.

Glaubst du, dass Native Advertising den Nerv der Zeit trifft und wenn ja, stimmst du dennoch mit den äußerst positiven Zukunfts-Prognosen für diese Werbeform überein?

Im Zuge der wachsenden Ablehnung von Bannerwerbung, die durch eine vermehrt mobile Internetnutzung weiter zunehmen wird, trifft Native Advertising, durch relevanten Content den Nerv der Zeit. Wir haben bereits 2013 damit begonnen, eine eigene Technologie für native Werbeformate zu entwickeln und nach zwei anstrengenden Jahren kann ich den positiven Trend der letzten beiden Jahre nur bestätigen. So ist Native Advertising nicht nur aktuell eine attraktive Form des Online Marketings für Publisher, Werbetreibende und Nutzer, sondern hat auch großes Potential sich in Zukunft im Bereich der mobilen Internetnutzung zu etablieren.

Vielen Dank für das Interview!

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