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Bewerbung der Zukunft: Ist das Anschreiben bald Geschichte?

Bewerbung der Zukunft: Ist das Anschreiben bald Geschichte?

Marié Detlefsen | 28.02.25

Das klassische Anschreiben verliert zunehmend an Bedeutung – doch ist es wirklich überflüssig? Eine aktuelle Analyse zeigt, in welchen Branchen und für welche Bewerber:innen es noch den entscheidenden Unterschied machen kann.

„Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit bewerbe ich mich auf ihre ausgeschriebene Stelle. Ich würde den Job gerne antreten, weil …“ – Das Anschreiben gilt seit Jahrzehnten als fester Bestandteil der Bewerbungskultur. Doch in einer Zeit, in der der Arbeitsmarkt immer digitaler und schneller wird, stellt sich die Frage: Braucht es das klassische Bewerbungsschreiben noch? Eine aktuelle Analyse von LiveCareer beleuchtet diesen Wandel und zeigt, welche Trends sich abzeichnen. Erfahre, wie (un-)wichtig das Anschreiben in Zukunft werden wird.

Anschreiben in Deutschland: Tradition mit schwindender Relevanz?

In Deutschland hatte das Bewerbungsschreiben lange einen hohen Stellenwert. Es diente als Aushängeschild der Bewerber:innen, um Motivation und Qualifikation für eine bestimmte Position zu unterstreichen. Doch die Zahlen zeigen: Der Stellenwert des Anschreibens nimmt ab. Eine Studie der Universität Bamberg ergab, dass zwar noch 79,1 Prozent der Top-1.000-Unternehmen in Deutschland das Anschreiben als wichtig erachten, doch dieser Anteil könnte auf rund 60 Prozent sinken. Das deutet darauf hin, dass Unternehmen zunehmend auf andere Bewerbungsformen setzen, denn während das Anschreiben an Relevanz verliert, bleiben Unterlagen wie Lebenslauf (97,8 Prozent) oder Zertifikate (76,3 Prozent) aus Sicht der Unternehmen auch zukünftig notwendig.

Bestandteile einer Bewerbung, die zukünftig bevorzugt
werden. Der erste Wert von oben zeigt die Ansichten der Top-1.000-Unternehmen in Deutschland.
Bestandteile einer Bewerbung, die zukünftig bevorzugt
werden
. Der erste Wert von oben zeigt die Ansichten der Top-1.000-Unternehmen in Deutschland (durch einen Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Uni Bamberg

LiveCareer analysierte die Daten von 835.000 Nutzer:innen ihres Bewerbungs-Builders und stellte fest, dass lediglich 5,11 Prozent der Bewerber:innen ein Anschreiben zusammen mit ihrem Lebenslauf verfassten. Im internationalen Vergleich wird das Anschreiben in Deutschland zwar noch häufiger genutzt als in anderen Ländern, aber auch in diesem Kontext zeigt sich ein klarer Abwärtstrend.

International setzen immer weniger Unternehmen auf Anschreiben

Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus zeigt, dass in anderen Ländern noch weniger Anschreiben verfasst werden. Besonders niedrig ist die Quote in Spanien (0,38 Prozent), Italien (0,56 Prozent) und dem Vereinigten Königreich (1,22 Prozent). Das deutet darauf hin, dass viele internationale Bewerbungsprozesse längst ohne klassische Bewerbungsschreiben auskommen. Deutschland hält mit 5,11 Prozent zwar eine führende Position, aber auch hierzulande geht die Nutzung zurück.

Ein Blick auf die Daten aus anderen Ländern zeigt, dass Anschreiben international sogar noch weniger genutzt werden.
Ein Blick auf die Daten aus anderen Ländern zeigt, dass Anschreiben international sogar noch weniger genutzt werden, © LiveCareer

Welche Berufsgruppen setzen auf das Anschreiben?

Des Weiteren ist die Relevanz des Anschreibens stark branchenabhängig. Während es in einigen Berufen fast als Pflicht gilt, wird es in anderen kaum noch genutzt. Besonders häufig werden Bewerbungsschreiben in folgenden Branchen verfasst:

  • Büro- und Verwaltungsberufe
  • Verkauf und Kund:innenberatung
  • Lehrtätigkeiten
  • Gastronomie (zum Beispiel Kellner:innen und Barkeeper)
  • Management und Unternehmensdienstleistungen

Dagegen sind Anschreiben in handwerklichen und praktischen Berufen eher selten. Dazu gehören beispielsweise:

  • Fischerei- und Jagdberufe
  • Berufe in der Holzverarbeitung und Papierherstellung
  • Schiffsdeckpersonal und Hilfskräfte
  • Tätigkeiten in der Tierhaltung und -produktion
  • Bergbau

Die Zahlen verdeutlichen, dass vor allem Berufe mit hoher Kommunikationsanforderung und Führungsverantwortung auf ein Anschreiben setzen, während handwerklich geprägte Berufe zunehmend darauf verzichten.

Erfahrungslevel als entscheidender Faktor

Auch das Erfahrungsniveau der Bewerber:innen spielt eine wichtige Rolle. Laut der LiveCareer-Analyse verfassen vor allem Berufseinsteiger:innen Anschreiben. Bewerber:innen ohne Berufserfahrung nutzen diese Möglichkeit, um ihre Soft Skills und Motivation hervorzuheben, da ihr Lebenslauf noch wenig praktische Erfahrung aufweist. Besonders Absolvent:innen und Personen mit wenigen Jahren Berufserfahrung greifen zu diesem Mittel.

Erfahrene Fachkräfte hingegen verzichten häufiger auf ein Anschreiben, da ihre beruflichen Stationen und Erfolge im Lebenslauf für sich sprechen. Bewerber:innen mit mehr als 20 Jahren Erfahrung schreiben kaum noch Anschreiben, da ihre Netzwerke und Empfehlungen oft stärker ins Gewicht fallen.

Wann ein Anschreiben gebraucht wird und in welchen Fällen es weniger Sinn ergibt.
Wann ein Anschreiben gebraucht wird und in welchen Fällen es weniger Sinn ergibt, © LiveCareer

Wann lohnt sich ein Anschreiben (nicht)?

Das Bewerbungsschreiben hat an Bedeutung verloren, bleibt aber in bestimmten Bereichen relevant. Während es in Deutschland noch häufiger genutzt wird als in vielen anderen Ländern, nimmt die allgemeine Nutzung auch hier ab. Besonders in Berufen mit starkem Kund:innenkontakt, Führungsverantwortung oder hoher Formalität bleibt es ein wichtiger Bestandteil des Bewerbungsprozesses. Dagegen wird es in handwerklichen oder praktisch orientierten Tätigkeiten kaum noch verlangt.

Ob ein Anschreiben erforderlich ist, hängt stark von der Branche und dem Erfahrungslevel der Bewerber:innen ab. Berufseinsteiger:innen profitieren davon, während erfahrene Fachkräfte zunehmend darauf verzichten. Der Trend geht hin zu effizienteren Bewerbungsprozessen, bei denen der Lebenslauf oft als ausreichend betrachtet wird. Solltest du ein Anschreiben mitschicken wollen, aber nur wenig Zeit haben, gibt es mittlerweile auch die Möglichkeit, sich dieses von einer KI formulieren zu lassen. Hierbei sollte allerdings stark darauf geachtet werden, dass der persönliche Touch nicht verloren geht.

Letztlich sollten Bewerber:innen individuell abwägen, ob ein Anschreiben ihre Chancen verbessert oder ob es sich um ein überholtes Relikt handelt. Wer sich gezielt positionieren und von der Masse abheben möchte, kann mit einem gut formulierten Text nach wie vor punkten – aber es ist längst keine allgemeine Pflicht mehr.

Du hast dich für ein Anschreiben entschieden, weißt aber nicht, wie du es am besten angehen sollst? Dann schaue dir folgenden Artikel an:


Bewerbungs-Guide:

So formulierst du ein überzeugendes Anschreiben und hebst dich ab

Bewerbungs-Guide: So formulierst du ein überzeugendes Anschreiben und hebst dich ab.
© Green Chameleon – Unsplash

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