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Human Resources
Anschreiben von ChatGPT – eine sinnvolle Möglichkeit bei der Bewerbung?

Anschreiben von ChatGPT – eine sinnvolle Möglichkeit bei der Bewerbung?

Selina Beck | 02.02.23

Bewerbung per ChatGPT – ist das die Zukunft? Wir haben ein Anschreiben mit ChatGPT erstellt und Expert:innen um ihre Einschätzung gebeten.

Bewerbungsunterlagen sind für viele Jobsuchende ein verhasstes Übel – vor allem beim Motivationsschreiben fehlen vielen Bewerber:innen die Worte. Nun könnte es für dieses Problem eine kostenfreie Lösung geben. ChatGPT kann aus deinem Lebenslauf ein Anschreiben generieren. Wir haben für dich getestet, wie das funktioniert und wie Personaler:innen auf das Anschreiben reagieren.

So kannst du dein Anschreiben erstellen lassen

Zunächst kannst du dich bei ChatGPT wie gewohnt hier einloggen. Danach haben wir das Programm gebeten, aus dem Beispiellebenslauf von Max Mustermann (abrufbar bei Google) ein Anschreiben für eine Bewerbung zu erstellen.

Vorlage des Lebenslaufes von Max Mustermann für ChatGPT, © eigener Screenshot von ChatGPT

Anhand dieses fiktiven Lebenslaufs hat das Programm dann folgendes Anschreiben generiert:

Anschreiben, das von ChatGPT erstellt wurde, © eigener Screenshot von ChatGPT 

Sprachliche und formale Analyse des Anschreibens

Zunächst fällt auf, dass eine Überarbeitung beim Anschreiben unbedingt notwendig ist. Der formale Aufbau muss ergänzt werden, da die Adresse des Bewerbenden, des Unternehmens, der Name der:des Ansprechpartner:in sowie die Betreffzeile „Bewerbung als …“ und das Datum fehlen. Auch die handschriftliche Unterschrift sollte noch vor dem Namen am Ende eingefügt werden.

Die inhaltliche Reihenfolge im Anschreiben ist korrekt aufgebaut. Auch Rechtschreibung, Grammatik und Kommasetzung stimmen bis auf eine Ausnahme: Hinter „Mit freundlichen Grüßen“ muss das Komma entfernt werden (kein Komma nach abschließender Grußformel).

Zudem fällt auf, dass in diesem Anschreiben offenkundig nur die Lebenslaufdaten des Bewerbenden auftauchen, genauere Infos zum Unternehmen, der Stellenausschreibung und den zukünftigen Aufgaben fehlen. Diese sollten die Bewerber:innen ergänzen oder ChatGPT als Anweisung mitgeben, um ein für das Stellenangebot spezifisches Anschreiben zu erstellen.

Der Einstieg wirkt ebenfalls zu unspezifisch und etwas holprig („ich bewerbe mich hiermit um eine Stelle in Ihrem Unternehmen“). Auch Standardfloskeln wie „ich bin auf der Suche nach neuen Herausforderungen“ könnten Personaler:innen negativ auffallen. Ebenso wirkt die Formulierung „dem Spielen von Basketball“ auffällig, da sie in der Alltagssprache so nicht verwendet werden wird.

Generell lässt sich auf sprachlicher Ebene feststellen, dass die Sätze durch die kaum vorhandenen Konjunktionen starr wirken. Dass jeder Absatz mit „Ich“ beginnt, ist ebenso negativ zu werten. Auf formaler und sprachlicher Ebene ist folglich eine Überarbeitung dringend notwendig.

Das sagen Expert:innen zu Anschreiben von ChatGPT

Benjamin H. Körner ist Co-Gründer und Co-CEO der Executive-Search-Beratung Steerer. Der Experte schätzt generell mit ChatGPT erstellte Anschreiben wie folgt ein:

Ich selbst habe in den vergangenen Wochen beruflich viel mit ChatGPT experimentiert und bin begeistert von den viele Spielarten, wie man das Tool für seine individuellen Bedürfnisse nutzen kann. Auch für Bewerber:innen sehe ich eine große Chance, ganz getreu des Mottos ‚work smarter, not harder’ – beispielsweise mit einem Command wie ‚nimm diese Stellenbeschreibung, vergleiche sie mit diesem Lebenslauf und formuliere daraus ein Bewerbungsschreiben’. Denkbar schnell und einfach, das Ergebnis wird ziemlich sicher eine gute Basis darstellen. Für den Feinschliff muss aber der Mensch ran, das kann das Tool (noch) nicht zuverlässig leisten. Darüber hinaus finde ich besonders auch für Berufsanfänger:innen das Chat-Format sehr hilfreich, sie/er hat ja quasi einen virtuellen Assistenten an der Seite. Ein deutlich einfacherer Start als allein vor einem leeren weißen Blatt zu sitzen.

Lisa Girard, Senior Communications Manager bei Malt DACH und HR-Expertin, meint zu dem Thema:

Der Tenor von HR-Verantwortlichen zu Anschreiben, die mit ChatGPT getextet sind, bewegt sich zwischen ‚wenig ambitioniert’ (t3n) und ‚so gut, dass sie unter den oberen 20 Prozent der Bewerber*innen sind’ (Fortune). Fakt ist: Durch ChatGPT können Bewerber*innen in kürzester Zeit zahlreiche halbwegs personalisierte Bewerbungen erstellen. Das ist für mich ein weiterer Grund zu sagen: Anschreiben sind von gestern. Lieber die „Einfach bewerben“-Funktion auf LinkedIn aktivieren – und sich in den nachfolgenden Schritten auf das persönliche Kennenlernen fokussieren. Bei Malt ist es ein Muss, dass die Bewerber*innen im Office vorbeikommen und mit dem Team lunchen. Denn: Beim Team Fit kann ChatGTP nicht unterstützen.

Fehlende Individualität und Authentizität

Das Anschreiben, das ChatGPT für Max Mustermann erstellt hat, haben wir auch unserer internen Expertin von OnlineMarketing.de gezeigt. Sie bewertet das Anschreiben wie folgt:

Das Anschreiben ist sehr simpel gehalten und gibt nur die Angaben aus dem Lebenslauf wieder. Es könnte auch ein Musteranschreiben aus dem Internet sein, aber an ein paar Formulierungen erkennt man, dass diese eher ungewöhnlich sind, wie der Satz zum Basketball spielen. Ob der Führerschein im Anschreiben nochmal extra erwähnt werden muss, hängt von der Stelle ab, auf die sich der Bewerbende bewirbt, ansonsten wäre dies etwas, was nicht im Anschreiben erwähnt werden muss, und daher kann man hier einen automatisierten Vorgang vermuten. Ein Anschreiben sollte immer individuell auf die Stelle und das Unternehmen angepasst werden und sich darauf beziehen und nicht nur dem vorgeschriebenen Muster entsprechen. Außerdem ist die Motivation und ein persönlicher Eindruck sehr wichtig, welcher hier gar nicht zu erkennen ist. Das Anschreiben kann gerade bei Bewerber:innen, die sich als Quereinsteiger:innen bewerben, ein großer Hebel sein, um zu überzeugen und zu einem Gespräch eingeladen zu werden.

Folglich kann das Anschreiben, das ChatGPT aus dem Lebenslauf erstellt, eine erste Orientierung beim Motivationsschreiben bieten, eine Überarbeitung und Spezifizierung muss aber immer erfolgen.

Ähnlich schätzt das auch Selma Kuyas, Coach für Bewerbung, Job & Karriere, auf LinkedIn ein:

KI ist nicht in der Lage, personalisierte und auf das Unternehmen/Job-Funktion individuelle Texte zu liefern. Das Ergebnis meiner Tests war generisch und weit weg vom WOW-Effekt.

Neben der Individualität sieht die Expertin auch das Problem, dass die KI nicht authentisch über die eigene Persönlichkeit und Motivation schreiben kann. Zudem könnten Personaler:innen die Verwendung des Chatbots als mangelnde Initiative sehen.

Anschreiben gelten für viele Bewerber:innen und Unternehmen bereits als längst überholte Tradition. Die Diskussion dazu kannst du in unserem Artikel zum Thema nachvollziehen.

ChatGPT als Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch nutzen

Allerdings kann ChatGPT auch anderweitig für die Bewerbung genutzt werden. So empfiehlt der Creative Director for Innovation, Interactive, Branding & Story André Hennen, dass ChatGPT als Übungsplattform für das Bewerbungsgespräch genutzt werden kann. Auf LinkedIn rät er Bewerbenden, die sich vor dem Vorstellungsgespräch Sorgen machen, zunächst mit dem KI-Tool zu üben. Dabei kann ChatGPT die Rolle des Vorgesetzten übernehmen und die:der Bewerber:in kann so bereits auf typische Fragen etc. reagieren üben.

Hast du bereits Erfahrungen mit ChatGPT im Bewerbungsprozess gemacht? Lass es uns gerne in den Kommentaren wissen!

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