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Millionen Arbeitnehmer:innen von Schlafstörungen betroffen – darf man sich dafür krankmelden?

Millionen Arbeitnehmer:innen von Schlafstörungen betroffen – darf man sich dafür krankmelden?

Marié Detlefsen | 30.10.25

Immer mehr Arbeitnehmer:innen in Deutschland leiden unter Schlafproblemen und die Zahl der Krankmeldungen steigt rasant. Eine AOK-Studie zeigt, wie stark Schlafstörungen zugenommen haben und erklärt, wann eine Krankschreibung wegen Schlafmangel möglich ist.

Kaum jemand bleibt davon verschont: Nächte, in denen man sich von einer Seite auf die andere wälzt, den Blick immer wieder zur Uhr richtet und weiß – der nächste Tag wird hart. Eine einzige schlaflose Nacht ist zwar unangenehm, aber meist harmlos. Wenn der gestörte Schlaf jedoch zur Regel wird, kann das ernsthafte Folgen haben, für die Gesundheit ebenso wie für die Arbeitsfähigkeit. Doch wie viele Arbeitenhmer:innen sind tatsächlich von Schlafstörungen betroffen und kann man sich dafür eigentlich krankschreiben?

Schlafstörungen als Volkskrankheit

Laut einer Auswertung der AOK Rheinland/Hamburg aus dem Jahr 2024 nehmen Schlafstörungen in Deutschland seit Jahren deutlich zu. Besonders auffällig: Die Zahl der Krankmeldungen aufgrund von Schlafproblemen ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten geradezu explodiert. Im Jahr 2023 kamen auf 100 Beschäftigte rund 2,27 Krankmeldungen, die direkt auf Schlafstörungen zurückzuführen waren. Damit wurde ein neuer Höchststand erreicht.

Die Daten zeigen außerdem, dass körperlich bedingte Schlafstörungen, etwa infolge von Schmerzen, Atemproblemen oder hormonellen Veränderungen, häufiger auftreten als psychisch begründete. 1,93 Krankmeldungen pro 100 Beschäftigte entfielen 2023 auf körperliche Ursachen, während 0,34 Krankmeldungen psychischen Auslösern wie Stress, Depressionen oder Angststörungen zugeschrieben wurden. Während sich die körperlich bedingten Fälle dabei seit 2004 verdreifacht haben, ist die Zahl der psychisch begründeten Schlafstörungen sogar siebenmal so hoch wie vor 20 Jahren.

Wer ist besonders von Schlafstörungen betroffen?

Die Auswertung macht deutlich, dass Schlafprobleme keine Randerscheinung sind, sondern sich quer durch alle Altersgruppen ziehen. Dennoch zeigt der Trend, dass ältere Beschäftigte besonders häufig betroffen sind. Bei den über 60-Jährigen verursachten körperliche Schlafstörungen im Jahr 2023 rund 65,9 Fehltage je 100 Beschäftigte, während es bei den unter 20-Jährigen nur 5,5 Fehltage waren. Auch bei psychisch bedingten Schlafproblemen ist der Unterschied deutlich. In diesem Bereich liegen die Werte mit 21,5 gegenüber 1,9 Fehltagen ähnlich weit auseinander.


Über die Hälfte aller Arbeitnehmer:innen erlebt Stress –

Anzahl der Krankschreibungen hingegen gering


Auch zwischen den Geschlechtern zeigen sich Unterschiede. Männer sind häufiger von körperlich verursachten Schlafproblemen betroffen (rund 26 Prozent mehr Fälle wurden bei ihnen gezählt). Frauen wiederum leiden öfter unter psychisch bedingten Schlafstörungen (etwa 13 Prozent häufiger als Männer). Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg, warnt:

Eine gestörte Nachtruhe beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen, sie wirkt sich häufig auch nachteilig auf ihre Gesundheit aus. Menschen, die schlecht schlafen, sind tagsüber müde, unkonzentriert und häufig gereizt. 

Darf man sich aufgrund von Schlafstörungen krankschreiben lassen?

Was aber, wenn man einfach eine besonders schlechte Nacht hatte, ohne medizinische Diagnose, aber völlig übermüdet? Darf man sich deswegen krankschreiben lassen? Laut Arbeitsrechtler Alexander Bredereck gilt: Schlechter Schlaf allein ist keine Krankheit. Wer also einmal die Nacht durchwacht und sich am nächsten Tag gerädert fühlt, hat zunächst keinen Anspruch auf eine Krankschreibung. Dennoch heißt das nicht, dass Schlaflosigkeit im Arbeitsalltag ignoriert werden sollte. Denn Schlafprobleme können Begleitsymptome oder Vorboten einer Erkrankung sein, etwa bei Depressionen, Burn-out oder anderen psychischen Belastungen.

In solchen Fällen liegt die Entscheidung über eine Arbeitsunfähigkeit immer bei Ärzt:innen, welche beurteilen, ob hinter der Schlaflosigkeit eine behandlungsbedürftige Ursache steckt. Wird festgestellt, dass die Schlafstörung krankheitswertig ist, kann selbstverständlich eine Krankschreibung erfolgen. Sollten aus einer schlaflosen Nacht jedoch Symptome wie zum Beispiel Migräne hervorgehen, ist es ratsam sich dafür den einen Tag freizunehmen. Dennoch ist Vorsicht geboten: Wer ohne medizinischen Grund eine Arbeitsunfähigkeit vortäuscht oder sich aufgrund des schlechten Schlafs einfach freie Tage gönnt, riskiert arbeitsrechtliche Konsequenzen, bis hin zur Kündigung.

Eine einzelne schlaflose Nacht rechtfertigt zwar keine Krankschreibung, doch anhaltende Schlafprobleme sind ein ernstzunehmendes Warnsignal. Wer dauerhaft schlecht schläft, sollte ärztliche Hilfe suchen – nicht nur, um wieder erholsam schlafen zu können, sondern auch, um gesundheitliche Folgen und längere Ausfallzeiten zu vermeiden. Denn guter Schlaf ist keine Nebensache, sondern die Grundlage für Leistungsfähigkeit, Wohlbefinden und Lebensqualität.


95 Prozent der Arbeitnehmer:innen belastet:

Warum die Arbeitswelt ein Mental-Health-Problem hat

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© Andrew Neel – Pexels

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