Human Resources
Mut zum Neuanfang: Warum der Quereinstieg zum Karrieretrend wird und wie Unternehmen davon profitieren

Mut zum Neuanfang: Warum der Quereinstieg zum Karrieretrend wird und wie Unternehmen davon profitieren

Marié Detlefsen | 06.11.25

Immer mehr Arbeitnehmende wagen den beruflichen Neustart und wechseln in völlig neue Branchen. Erfahre, warum besonders Jüngere den Quereinstieg als Chance sehen und was Unternehmen daraus gewinnen.

Wirtschaftliche Unsicherheiten, technologische Umbrüche und der allgegenwärtige Fachkräftemangel verändern nicht nur die Strategien von Unternehmen, sondern auch die Haltung vieler Beschäftigter gegenüber ihrer beruflichen Laufbahn. So stellen sich immer mehr Arbeitnehmer:innen die Frage: „Lohnt sich vielleicht ein Quereinstieg?“ Dies zeigt auch der aktuelle XING Arbeitsmarktreport 2025, durchgeführt vom Marktforschungsinstitut Appinio. Die Studie verdeutlicht: Der Quereinstieg ist längst keine Ausnahme mehr, sondern ein Trend mit Zukunft.

Fast jede:r Zweite denkt über Quereinstieg nach

Die Zahlen zeigen ein deutliches Bild auf dem Arbeitsmarkt: 44 Prozent der Arbeitnehmenden in Deutschland haben bereits darüber nachgedacht, in eine andere Branche oder einen neuen Beruf zu wechseln. Ganze 26 Prozent sind diesen Schritt bereits gegangen. Damit hat jede:r Vierte schon einmal bewusst den Mut gefasst, das vertraute Terrain zu verlassen und Neues zu wagen.

Besonders stark ausgeprägt ist diese Offenheit bei den Jüngeren. Unter den 25- bis 34-Jährigen hat bereits knapp ein Drittel (31 Prozent) einen Quereinstieg vollzogen, in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen immerhin jede:r Fünfte (20 Prozent). Auch im mittleren Berufsleben bleibt die Bereitschaft hoch: 28 Prozent der 45- bis 54-Jährigen haben sich schon einmal neu orientiert. Nur die älteste Generation zeigt sich zurückhaltender – von den 55- bis 65-Jährigen hat etwa ein Fünftel (22 Prozent) den Schritt gewagt.

Knapp ein Drittel der unter den 25- bis 34-Jährigen hat bereits einen Quereinstieg gewagt (die Grafik wurde anhand der Daten von XING mithilfe von ChatGPT erstellt)
Knapp ein Drittel der unter den 25- bis 34-Jährigen hat bereits einen Quereinstieg gewagt (die Grafik wurde anhand der Daten von XING mithilfe von ChatGPT erstellt)

Doch auch ohne tatsächlichen Wechsel scheint der Gedanke präsent. So hat die Hälfte der 18- bis 24-Jährigen und ebenso die Hälfte der 35- bis 44-Jährigen schon einmal ernsthaft über einen Branchenwechsel nachgedacht. Die Generation 55 plus zeigt sich mit 35 Prozent am wenigsten wechselwillig, ein Hinweis darauf, dass Berufstreue hier stärker verankert bleibt. Thomas Kindler, Managing Director von XING, erklärt das Phänomen folgendermaßen:

Arbeit verändert sich rasant – und mit ihr die Haltung dazu. Jüngere Generationen suchen weniger das nächste Karriereziel als den Platz, an dem Arbeit und Leben zusammenpassen. Insofern ist es sinnvoll, sich am Anfang des Berufslebens umzuschauen und verschiedene Optionen zu testen.

Geld, Sinn und Sicherheit als Wechselgründe

Doch was treibt Menschen dazu, den Sprung in ein neues Berufsfeld zu wagen? Die Beweggründe sind vielfältig, allerdings spielen finanzielle Erwägungen eine zentrale Rolle. So nannten 51 Prozent der Befragten, die bereits gewechselt haben, bessere Verdienstmöglichkeiten als Hauptmotiv. 38 Prozent suchten nach mehr Jobsicherheit, während für 32 Prozent die Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit im Vordergrund stand. Weitere 28 Prozent hofften auf bessere Karrierechancen.

51 Prozent der Befragten, die bereits gewechselt haben, nannten bessere Verdienstmöglichkeiten als Hauptmotiv, (die Grafik wurde anhand der Daten von XING mithilfe von ChatGPT erstellt)
51 Prozent der Befragten, die bereits gewechselt haben, nannten bessere Verdienstmöglichkeiten als Hauptmotiv, (die Grafik wurde anhand der Daten von XING mithilfe von ChatGPT erstellt)

Interessant ist auch der Blick auf die Geschlechterunterschiede. Männer denken zwar häufiger über einen Quereinstieg nach (47 Prozent gegenüber 41 Prozent der Frauen), doch Frauen setzen ihre Überlegungen öfter in die Tat um: 28 Prozent der Frauen haben den Schritt bereits gewagt, bei den Männern sind es 23 Prozent.

Auch bei den Motiven zeigt sich ein ähnliches Bild: Beide Geschlechter wechseln vor allem wegen finanzieller Vorteile (Männer: 53 Prozent, Frauen: 50 Prozent). Männer betonen zudem häufiger Jobsicherheit (42 Prozent) und die Möglichkeit, ungenutzte Fähigkeiten einzubringen (32 Prozent), während Frauen stärker den Wunsch nach einer sinnstiftenden Tätigkeit (34 Prozent) hervorheben.


Zwischen Stabilität und Sprungbrett:

Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmenden wechselt in eine neue Berufsgruppe

Zwischen Stabilität und Sprungbrett: Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmenden wechselt in eine neue Berufsgruppe
© Tima Miroshnichenko – Pexels


Immer mehr Unternehmen befürworten den Quereinstieg

Was früher als Risiko galt, wird heutzutage laut der Studie zunehmend als Chance gesehen. 22 Prozent der Recruiter in Deutschland geben an, Quereinsteiger:innen sogar bevorzugt einzustellen, ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr (2024: sechs Prozent). Zwar bevorzugt die Mehrheit (55 Prozent) nach wie vor Branchenkenner:innen, doch der Wandel ist spürbar. Die Vorteile liegen für viele Personalverantwortliche auf der Hand:

  • 65 Prozent sehen in Quereinsteiger:innen Personen, die die Innovation vorantreiben Prozent, weil sie neue Perspektiven und Erfahrungen einbringen (2024: 43 Prozent).
  • 62 Prozent sind überzeugt, dass sie Vielfalt und Diversität im Unternehmen fördern.
  • 61 Prozent schätzen die frischen Ideen und unkonventionellen Ansätze, die Quereinsteiger:innen mitbringen.
  • Ebenso viele (61 Prozent) sehen sie als wichtige Unterstützung im Kampf gegen den Fachkräftemangel.

In Zeiten, in denen viele Betriebe Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen, werden Quereinsteiger:innen also nicht nur toleriert, sondern gezielt gesucht. Das bestätigt auch die Auswertung des XING-Stellenmarkts: Rund 59.000 Jobs in der DACH-Region sind aktuell ausdrücklich für Quereinsteiger:innen ausgeschrieben, davon allein 56.000 in Deutschland. Besonders gefragt sind sie in Transport und Logistik (10.000 Jobs), Personaldienstleistungen (9.900), Einzelhandel (6.400), Konsumgüter und Handel (3.100) sowie der Lebensmittelbranche (2.900).

Quereinstieg als Zukunftsmodell?

Mehr als die Hälfte der befragten HR-Verantwortlichen (57 Prozent) plant, in den kommenden Monaten Personal aufzustocken – eine Entwicklung, die den Trend zum Quereinstieg weiter befeuern dürfte. Der Quereinstieg ist damit längst kein Notnagel mehr für Menschen in der beruflichen Sackgasse, sondern ein Ausdruck von Flexibilität und Neugier. Kindler ergänzt:

In Zeiten, in denen Betriebe händeringend nach passenden Mitarbeitenden suchen, ist es nur logisch, die Fühler breiter auszustrecken und verstärkt Quereinsteiger aus anderen Branchen für Neubesetzungen auf dem Radar zu haben. Schließlich bringen sie frische Ideen ins Unternehmen und fördern Innovation – zwei Faktoren, die heute wettbewerbsentscheidend sein können.


Balance war gestern!

So macht dich Work-Life-Integration erfolgreicher im Arbeitstag

Kommentare aus der Community

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*

Melde dich jetzt zu unserem HR-Update an und erhalte regelmäßig spannende Artikel, Interviews und Hintergrundberichte aus dem Bereich Human Resources.