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Täuschend echt beschäftigt – die stille Kunst des Ghost Workings

Täuschend echt beschäftigt – die stille Kunst des Ghost Workings

Marié Detlefsen | 17.06.25

Immer mehr Arbeitnehmer:innen simulieren Produktivität – von Fake Meetings bis sinnlosem Getippe. Erfahre, wie verbreitet Ghost Working wirklich ist und warum echtes Arbeiten oft zur Nebensache wird.

Von außen wirkt alles ganz normal: Kolleg:innen starren konzentriert auf ihre Bildschirme, führen Telefongespräche oder laufen mit einem Notizblock durch die Flure. Doch der Schein trügt – denn laut einer aktuellen Umfrage des Karriereportals Resume Now sind über die Hälfte der Beschäftigten wahre Meister:innen darin geworden, Arbeitsamkeit lediglich zu inszenieren. Dieses Phänomen wird aktuell in den USA sichtbar und hierzulande als Ghost Working bezeichnet. Wir zeigen dir, was es damit auf sich hat.

Was ist Ghost Working eigentlich?

Ghost Working beschreibt das Phänomen, bei dem Arbeitnehmer:innen gezielt Tätigkeiten vortäuschen, um den Eindruck von Produktivität zu erwecken – obwohl sie faktisch wenig bis nichts erledigen. Es geht nicht bloß um gelegentliches Verzetteln, sondern um regelrechte Strategien, mit denen Präsenz simuliert wird: ein Doppelklick zu viel, ein leerer Kalender voller Meetings, bedeutungslose Tastenanschläge.

Die Studie befragte 1.127 Amerikaner:innen zu diesem Thema und fand heraus, dass 58 Prozent der Befragten regelmäßig vortäuschen, beschäftigt zu sein, während weitere 34 Prozent dies zumindest gelegentlich tun. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Unsicherheit über Arbeitsaufträge, ein Mangel an sinnvollen Aufgaben oder schlichtweg der Druck, durch ständige Aktivität zu glänzen – selbst wenn diese nur gespielt ist.

Die gängigsten Ghost Working-Techniken

Ghost Working ist längst kein Nischenphänomen mehr – es gleicht einem stillen Arbeitsritual, das sich in vielen Unternehmen etabliert hat. Auch wenn es einem schwerfällt, das zu glauben, gibt es mittlerweile richtige Methoden, welche Ghost Worker anwenden, um sich vor der Arbeit zu drücken. Zu den beliebtesten Methoden zählen:

  • Mit leeren Händen viel Bewegung: Fast ein Viertel (23 Prozent) der Beschäftigten schlendert mit Notizblock durchs Büro – nicht etwa, um Aufgaben zu notieren, sondern um geschäftig zu wirken.
  • Sinnlose Tipperei: 22 Prozent geben an, einfach so auf der Tastatur herumzutippen – eine perfekte Illusion von Konzentration.
  • Telefonieren ohne Gespräch: 15 Prozent halten sich das Smartphone ans Ohr, obwohl niemand in der Leitung ist.
  • Browser auf – aber nicht fürs Geschäftliche: Weitere 15 Prozent lassen Excel-Tabellen offen, während im Hintergrund private Inhalte durchstöbert werden.
  • Geister-Meetings: Zwölf Prozent planen absichtlich Besprechungen, die gar nicht stattfinden – Hauptsache, der Kalender ist voll.
Das sind die beliebtesten Ghost-Working-Taktiken
Das sind die beliebtesten Ghost-Working-Taktiken, © Resume Now

All diese Praktiken zeigen: In vielen amerikanischen Büros hat sich eine Art „Produktivitätstheater“ etabliert, in dem Performance oft mehr zählt als tatsächliches Ergebnis.

Karrieresprung auf Firmenkosten

Wer glaubt, Ghost Working sei reines Zeitvertreiben, irrt. In vielen Fällen dient die simulierte Beschäftigung einem klaren Zweck – etwa der beruflichen Neuorientierung. So haben bereits 92 Prozent der Befragten während der Arbeitszeit aktiv nach einem neuen Job gesucht. Dabei feilen 24 Prozent am Lebenslauf während der Arbeitszeit, 23 Prozent bewerben sich über den Firmenrechner, und 20 Prozent führen sogar Gespräche mit Headhuntern direkt vom Arbeitsplatz aus. Fast ein Fünftel (19 Prozent) hat sich sogar heimlich für ein Bewerbungsgespräch aus dem Büro verabschiedet.

Die Ursachen? Neben der Suche nach besseren Konditionen oder mehr Sinn spielen auch Erschöpfung, fehlende Perspektiven und die Entgrenzung durch Home Office eine große Rolle. Dennoch zeigt die Studie auch, dass Ablenkung keinen festen Arbeitsplatz hat. Während etwa 47 Prozent der Befragten angeben, dass sie im Home Office mehr Zeit verschwenden, sehen 37 Prozent das Büro als größere Ablenkungsquelle. Wiederum 16 Prozent meinen, beides nimmt sich nicht viel.


Studie:

Fast 80 Prozent der Arbeitnehmer:innen machen nur Dienst nach Vorschrift

Studie: Fast 80 Prozent der Arbeitnehmer:innen machen nur Dienst nach Vorschrift.
© cottonbro studio – Pexels


Helfen Kontrollen wirklich gegen Ghost Working?

Angesichts solcher Zahlen erscheint eine stärkere Kontrolle als naheliegende Lösung – doch ist sie auch wirksam? Interessanterweise glauben das viele Beschäftigte selbst:

  • 69 Prozent sind überzeugt, bei Bildschirmüberwachung produktiver zu arbeiten.
  • 19 Prozent meinen, es würde keinen Unterschied machen.
  • Zehn Prozent würden schlicht neue Wege finden, um Pausen einzubauen.

Das zeigt: Kontrolle mag kurzfristig wirken, löst jedoch nicht die grundlegenden Probleme wie unklare Zielsetzungen oder fehlende Motivation. Stattdessen könnte ein gesunder Mix aus Vertrauen, klarer Kommunikation und Ergebnisorientierung deutlich wirksamer sein. Unternehmen sollten sich dieser Situation annehmen und proaktiv handeln. Zum Beispiel durch klarere Karrierepfade, faire Leistungsbeurteilungen und mehr Weiterbildungsangebote

Mit sinnvollen Aufgaben gegen Ghost Working

Ghost Working ist zwar ein Phänomen, welches derzeit vorwiegend in den USA beobachtet wird, dennoch gibt es auch hierzulande einige Ghost Worker und den Trend hin zu dieser neuen Arbeitsweise. Denn wenn Menschen das Gefühl haben, vor allem sichtbar sein zu müssen, um nicht negativ aufzufallen, läuft etwas schief. Unternehmen sind gut beraten, sich weniger auf die Show und mehr auf echte Resultate zu konzentrieren.

Der Schlüssel liegt darin, Verantwortung zu ermöglichen, statt nur zu überwachen, sinnvolle Aufgaben zu stellen und ein Umfeld zu schaffen, in dem echte Arbeit nicht nur möglich, sondern auch gewünscht ist. Denn wer wirklich etwas bewegt, muss sich nicht verstecken – schon gar nicht hinter einem geöffneten Excel-Sheet ohne Inhalt.


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