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Unternehmensrichtlinien
Marionette Mark? Meta will Free Speech à la X und biedert sich Trump an

Marionette Mark? Meta will Free Speech à la X und biedert sich Trump an

Niklas Lewanczik | 07.01.25

Viel weniger Content-Moderation, wieder politische Inhalte, eine Orientierung an X und ganz viel Nähe zu Donald Trump. Mit teils alarmierend populistischer Rhetorik verkündet Meta-Chef Mark Zuckerberg eine neue Konzernausrichtung. Diese spielt Millionen Usern, aber auch der neuen US-Regierung in die Karten.

Man könnte meinen, Mark Zuckerberg agiere als eine Art Pressesprecher für den designierten US-Präsidenten Donald Trump, wenn man sich sein Video zur Neuausrichtung von Meta anschaut. Dabei ist Zuckerberg selbst einer der einflussreichsten Tech-Entrepreneure aller Zeiten, Chef eines Social-Media-Imperiums, das Facebook, Instagram, WhatsApp und Threads umfasst und täglich von über drei Milliarden Menschen genutzt wird. Auch ist Meta einer der größten Player im Kontext der Entwicklung zukunftsgerichteter generativer KI: Mehr als 600 Millionen Menschen nutzen bereits die Meta AI. Doch die Rhetorik Zuckerbergs, die er in seinem jüngsten Video erkennen lässt, verheißt nicht unbedingt Gutes für die freiheitlich-demokratische Weiterentwicklung des Digitalraums – obwohl gerade die „free expression“ im Mittelpunkt seiner Ausführungen steht.

Vom Vorbild X ist darin die Rede, von zu strengen Regeln in Europa, von geheimen Gerichten in Lateinamerika und von einem „globalen Trend“ zur Einschränkung von US-Unternehmen. Dieser Entwicklung könne man nur mit der Hilfe der US-Regierung entgegensteuern. Mark Zuckerberg befeuert damit die Allmachtsfantasien von Donald Trump und Elon Musk im MAGA-Stil und lässt Meta auch personell verändern. Die Zeit der Faktenchecks ist vorbei. Was viele User feiern, ruft allerdings Beunruhigung hervor.

Auch du, Mark? X und Meta suchen Support der US-Regierung – auf Kosten des Schutzes der User

X-Eigner Elon Musk gilt für viele User als Verfechter von Free Speech. Auf seiner Plattform können User fast ungehindert Inhalte verbreiten, auch Hate Speech, Gewaltverherrlichung, Pornografie und Beleidigungen – das Maß an Content-Moderation wurde auf ein Minimum zurückgefahren. Auch User, die Hate Speech teilen, sollen nicht verbannt werden. Martin Holland schreibt für Heise gar davon, dass Holocaust-Leugnungen nicht von der Plattform verschwinden müssen. Zwar werden einige der Inhalte laut der internen Vorgaben mit weniger Reichweite versehen, nicht aber gelöscht und geahndet. Zudem kursieren zahlreiche Fake News auf der Plattform – alles unter dem Deckmantel von Free Speech, die bei kritischen Äußerungen gegen Musk oder ihm nahestehende Personen – zu denen auch verurteilte Straftäter gehören, denen er auf X wieder eine Stimme gegeben hat – allerdings weniger kulant ausgelegt wird. Dass zahlreiche User und Gruppen unter entsprechenden Richtlinienveränderungen leiden, wird oftmals bagatellisiert.

Zu den Musk nahestehenden Personen gehört Donald Trump. Nach dessen Sperrung auf Twitter im Rahmen seiner Beteiligung am Sturm auf das Capitol 2021 ließ Musk auch Trump auf X zurückkehren. Im Sommer 2024 trafen sie sich zum X Space, im Talk wurden diverse Falschinformationen geteilt, auch zur Wahl. Trump gewann die US-Wahl allerdings und hat seinem Medienverbündeten Elon Musk einen Posten in der neuen Regierung versprochen. Er soll eine Behörde leiten, die die US-Bürokratie entschlacken soll; Kritiker:innen befürchten jedoch eine Erosion der Demokratie. Musk Anbiederung an die Trump-Anhängerschaft und dessen politische Verbündete kam nicht überraschend. Er selbst fiel durch rassistische, misogyne, transfeindliche und medienfeindliche Aussagen auf. Auch seine Annäherung an die AfD, die politische Einflussnahme im Wahlkampf in Deutschland und seine demokratiefeindlichen Äußerungen werden heftig kritisiert.

Eher überraschend mag für manche hingegen das Maß der Anpassung daherkommen, das Mark Zuckerberg und Meta bereit sind, sich zu erlauben, um in den USA regierungskonform zu bleiben. Jüngst machten bereits Personalveränderungen Furore. Meta beruft unter anderem Dana White in den Verwaltungsrat. Dieser ist Chef der MMA-Liga UFC und gilt als enger Vertrauter von Donald Trump. Außerdem übernimmt Joel Kaplan die Rolle des Chief Global Affairs Officers von Nick Clegg bei Meta. Mit Kaplan hat Meta einen Mann in den eigenen Reihen, der die neue, durch und durch republikanisch geprägte, US-Regierung möglicherweise besser von der Relevanz Metas im US-Raum überzeugen könnte. Immerhin war Kaplan bereits White House Deputy Chief of Staff in der Amtszeit von George W. Bush und als Lobbyist für Energieunternehmen tätig. Er gilt als äußerst konservativ. Kaplans Berufung zum Chief Global Affairs Officer dürfte ein weiterer Hinweis auf die Annäherung Metas an die kommende US-Regierung sein. Zudem spendete der Konzern zur Amtseinführung Trumps eine Million US-Dollar.

Nach dem von Trump befeuerten Sturm auf das Capitol im Januar 2021 hatten Instagram und Facebook Trumps Accounts wie Twitter, aber nur zeitweise, gesperrt. Trump äußerte sich später immer wieder kritisch und abwertend gegenüber den Plattformen. Sogar als „Volksfeind“ bezeichnete Trump Facebook schon. Diese Meinung dürfte er nun ändern. Dafür hat Mark Zuckerberg gesorgt.


Meta:

Neuer Chief Global Affairs Officer soll wohl US-Regierung besänftigen

Nick Clegg vor blauem Hintergrund
© Meta, der langjährige Chief Global Affairs Officer Nick Clegg verlässt seinen Posten


Was Zuckerberg gesagt hat und wohin Meta steuert

Auf Meta soll es künftig keine Faktenchecks mehr für Content geben. Stattdessen möchte man auf Community Notes wie auf X setzen, die anzeigen sollen, wenn Inhalte irreführend oder unwahr sind. Das soll zunächst in den USA geschehen. Nach Aussagen von Zuckerberg seien die Fact Checker – immerhin etablierte Institutionen der digitalen Medienwelt – politisch voreingenommen und sie zerstörten das Vertrauen der User. Emarketers Principal Analyst Jasmine Enberg erklärte in einem Statement, das uns vorliegt, dazu:

Meta is repositioning the company for the incoming Trump administration. The move will elate conservatives, who’ve often criticized Meta for censoring speech, but it will spook many liberals and advertisers, showing just how far Zuckerberg is willing to go to win Trump’s approval. In a shift driven largely by Trump ally and X-owner Elon Musk, third-party fact-checking has gone out of fashion among social executives. Social platforms have become more political and polarized, as misinformation has become a buzzword that encompasses everything from outright lies to viewpoints people disagree with. But brand safety remains a key factor in determining where advertisers spend their budgets. Social media is already a minefield for content that many brands deem unsafe, and Meta’s change could exacerbate those problems. Meta’s massive size and powerhouse ad platform insulate it somewhat from an X-like user and advertiser exodus. But any major dropoff in engagement could hurt Meta’s ad business, given the intense competition for users and ad dollars.

Des Weiteren sollen neue Content-Richtlinien einen lockereren Umgang mit „Themen wie Immigration und Geschlecht“ hervorbringen. Die bisherigen Richtlinien seien nicht mehr zeitgemäß. Der Meta CEO glaub sogar, dass die Bewegung zur Inklusion in diesem Kontext dazu geführt habe, andere Meinungen zu unterdrücken.

And it’s gone too far,

sagt er weiter. Das klingt nach Elon Musks Rhetorik und klingt nach einem konservativen Rückschritt. Dass die Trust and Safety und Content Moderation Teams von Florida nach Texas umgesiedelt werden, klingt im Grunde irrelevant, doch die Erklärung nicht. Es geschehe, weil in Texas weniger Bedenken bezüglich der Voreingenommenheit der Teams bestünden als in Kalifornien.

Als dritten großen Punkt benennt Zuckerberg die Verfolgung von Richtlinienverstößen. Neuerdings sollen nur noch illegale Handlungen und hochgradige Verstöße gegen die Richtlinien von Metas eigenen Filtern verfolgt werden. Kleinere Verstöße aber nicht, dabei verlässt sich der Konzern dann darauf, dass Dritte solche im Zweifelsfall melden. Das heißt aber auch, dass kleinere Verstöße oft ungeahndet bleiben. Und dazu dürften Fake News, Beleidigungen, rassistische oder misogyne Äußerungen zählen. Schließlich möchte der Konzern auch die Hürden für eine Content-Entfernung erhöhen. Das ist eine Reaktion auf die eigene Erkenntnis, dass man zu viele Inhalte fälschlicherweise gesperrt hat.

This is a trad-off. It means that we’re going to chat less bad stuff, but we’ll also reduce the number of innocent people’s posts and accounts that we accidentally take down.


Harmloser Content zu oft gesperrt:

Meta moderiert versehentlich zu viel

Meta-Schriftzug neon, pinkfarben,
© Penfer – Unsplash


Plötzlich sollen politische Themen doch wieder Platz haben

Meta möchte sogenannten „civic content“ zurückbringen. Damit sind besonders politische und kommunale Themen gemeint. Diese hatte der Konzern 2024 auf Instagram und Threads bewusst per Default eingeschränkt, ehe zahlreiche Creator aufbegehrten. Es wurden keine politischen Inhalte mehr von Meta vorgeschlagen, Politisches wurde User-Sache. Das ändert sich jetzt wieder.

Die geplanten Änderungen allein mögen einen Beigeschmack haben, in den USA entsprechen sie womöglich dem Zeitgeist. Besonders aber die Wortwahl Zuckerbergs sollte freiheitlich-demokratisch gesinnten Teilnehmer:innen im Digitalraum zu denken geben. Gemeinsam mit Trump wolle Meta „gegen Regierungen angehen“, die Zensur fördern. Als Zensur bezeichnet Zuckerberg im Video aber auch die Auswirkungen der noch geltenden eigenen Richtlinien zum Teil. Und er setzt europäische Gesetze mit institutionalisierter Zensur gleich. In Lateinamerika hingegen sollen im zufolge geheime Gerichte Unternehmen vorgeben können, Inhalte zu entfernen. Und China zensiere Meta rundheraus. Letztlich sagt er sogar, die US-Regierung der vergangenen vier Jahre habe die Zensur gefördert – es klingt wie eine Trump-Aussage.

Mark Zuckerberg möchte eine Chance wahrnehmen, sagt er, die ihm und den Tech-Unternehmen der USA von der neuen US-Regierung gegeben wird.

Vielleicht kann sogar TikTok in den USA bestehen, nachdem Trump der von Noch-Präsident Joe Biden per Gesetz ins Abseits geschickten Kult-App Hoffnung auf einen Verbleib gemacht hat. Womöglich muss sich aber auch das Unternehmen an Trump und seinesgleichen annähern. Ein Treffen zwischen Donald Trump und TikTok CEO Shou Zi Chew gab es jüngst.


TikTok:

Eine neue Hoffnung und Rückzahlungen an Advertiser im Falle des US-Banns

TikTok Bann
© visuals – Unsplash

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