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Social Media Marketing
Über ein Drittel von Twitters Top Advertisern wirbt nicht mehr auf der Plattform

Über ein Drittel von Twitters Top Advertisern wirbt nicht mehr auf der Plattform

Niklas Lewanczik | 23.11.22

In den vergangenen Wochen haben große Marken wie Jeep, VW, Mars und Co. nicht mehr auf Twitter geworben. Zuvor gehörten sie zu den wichtigsten Advertisern der Plattform. Eine Analyse zeigt, dass 14 der 50 größten Twitter Advertiser zuletzt keine Ads mehr ausgespielt haben – und Elon Musks Pläne für eine angesehene Werbeplattform ad absurdum führen.

Die „respektierteste Advertising-Plattform der Welt“ wollte Elon Musk mit Twitter aufbauen. In diesem Sinne postete er kurz nach seiner Übernahme der Social-Plattform Ende Oktober einen langen offenen Brief an die Advertiser, in dem er Brands Unterstützung bei deren Wachstum ankündigte. Allerdings erscheint dieses hehre Ziel in weite Ferne gerückt zu sein. Durch die Unruhen, die bei Twitter nach Musks Übernahme entstanden sind – ausgelöst durch Massenentlassungen, Unklarheit bezüglich der Verifizierung, der Preiserhöhung für Twitter Blue und das Hin und Her hinsichtlich der Pläne für Twitter 2.0 –, haben viele Advertiser inzwischen Abstand von der Plattform als Werbeumfeld genommen. Zunächst hatten Weltmarken wie General Motors, Pfizer und VW angekündigt, ihre Ads auf Twitter auszusetzen; auch Aktivist:innengruppen hatten von Werbung auf der Plattform abgeraten. Jetzt zeigt eine Analyse der Washinton Post, dass in den vergangenen zwei Wochen rund ein Drittel der 100 top Advertiser der Plattform keine Ads mehr geschaltet hat.

Probleme mit der Brand Safety: Mars, die Kellog Company, Merck, Verizon und Co. setzen Ads auf Twitter aus

Seit der Übernahme von Elon Musk hat Twitter diverse Werbekund:innen verloren. Dabei dürfte besonders ins Gewicht fallen, dass inzwischen große Konzerne ihre Ads nicht mehr auf der Plattform ausspielen, die in den Monaten vor Musks Kauf zu den Top-Advertisern Twitters gehört haben. In ihrem Beitrag erklären Naomi Nix und Jeremy B. Merrill von der Washington Post, dass 14 der 50 wichtigsten Werbekund:innen zuletzt keine Werbung mehr ausgespielt haben. Zu den Unternehmen, die ihre Ads pausieren, gehören global bekannte Marken wie Mars und Verizon sowie Weltkonzerne wie Merck und die Kellog Company. Gegenüber der Washington Post erklärt Mars in einem Statement:

Mars started suspending advertising activities on Twitter in late September when we learned of some significant brand safety and suitability incidents that impacted our brand.

Diese Aussage korreliert mit einer Warnung, die die GroupM – die Teil der weltweit größten Werbe-Holding WPP ist – kürzlich an Advertiser auf Twitter ausgesprochen hat:

Based on the news yesterday [10. November 2022] of additional senior management resignations from key posts, high profile examples of blue check abuse on corporate accounts, and the potential inability for Twitter to comply with their federal consent decree, GroupM’s Twitter Risk Assessment is increased to a High-Risk rating for all tactics.

Nach Angaben der Washington Post, zeigen Daten von Pathmatics, dass die Ads der großen Marken, die jetzt ihre Werbung pausieren, zuvor millionenfach ausgespielt wurden. In den sechs Monaten vor der Pausierung seien einige Anzeigen sogar ein paar Milliarden Mal ausgespielt worden. Jetzt bleiben zahlreiche Ads großer Marken aus. Elon Musk und sein Team müssen daher schnellstmöglich gegensteuern, um die so wichtigen Werbeeinnahmen wieder zu stabilisieren, doch dabei gibt es ein Dilemma.

Umsatzpläne für Twitter 2.0: Bisher waren Ads die zentrale Einnahmequelle

Im vergangenen Geschäftsjahr hat Twitter knapp 5,1 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht – rund 4,5 Milliarden davon gingen auf Einnahmen aus dem Advertising zurück. Diese Zahlen verdeutlichen, wie wichtig die Werbeeinnahmen für eine Plattform wie Twitter sind. Für das neu gestaltete Twitter, Twitter 2.0, dürften die Werbeeinnahmen also essentiell bleiben, wenngleich Elon Musk andere Pläne für die Umsatzsteigerung hat. Zum einen wurde der Preis für das Bezahlmodell Twitter Blue auf 7,99 US-Dollar pro Monat erhöht. Allerdings gibt es Probleme mit dem Roll-out für alle User, weshalb sich auch mögliche Einnahmen über diesen Kanal verzögern.

Andere Pläne, die noch nicht bestätigt, geschweige denn umgesetzt, wurden, sehen die Monetarisierung einzelner Tweets oder eine Paywall für die gesamte Plattform vor. Ob diese Pläne für die Monetarisierung greifen, wird auch davon abhängen, wie zahlungswillig die User sind. Zwar betont Elon Musk dieser Tage gern, dass es ein Allzeithoch für die Nutzung der Plattform gibt und dass Millionen neue User generiert werden. Gleichzeitig tragen diese aber noch kaum aktiv zur Umsatzsteigerung bei. Ob Millionen von Nutzer:innen Twitter oder Kernfunktionen der Plattform nur gegen Bezahlung nutzen würden, ist kaum absehbar – und damit ist Musks Vorgehensweise einem Vabanquespiel. Denn um langfristig auch finanziell erfolgreich zu sein, braucht es das Vertrauen der User, Creator und Advertiser. Das aber scheint Elon Musk aufgrund einiger rücksichtsloser Entscheidungen in vielen Fällen schon verspielt zu haben.

Der neue Twitter Chef warnte seine verbliebene Belegschaft erst kürzlich, dass ein rascher Umsatzanstieg her muss. Andernfalls könne ein Bankrott Twitters in naher Zukunft nicht ausgeschlossen werden:

We just definitely need to bring in more cash than we spend. If we don’t do that and there’s a massive negative cash flow, then bankruptcy is not out of the question. That is a priority. We can’t scale to 1 billion users and take massive losses along the way. That’s not feasible. I don’t think we will.

Wird Twitter den Ruf einer unsicheren Werbeplattform wieder los?

Vonseiten der GroupM hat Twitter ein High Risk Label hinsichtlich der Werbeumgebung erhalten. Damit das Unternehmen dieses verliert, müsste es laut einem von Digiday eingesehenen Dokument sowie einer Slack-Nachricht von Twitters Agenturpartner:innenschaften, die wiederum von Platformer eingesehen wurden, verschiedene Kriterien beachten:

  • Neue Führungskräfte für IT-Sicherheit, Datenschutz, Vertrauen und Sicherheit einstellen
  • „Einrichtung interner Checks & Balances“ vornehmen
  • Transparenz bei Plänen, die sich auf die User- oder Markensicherheit auswirken, einschließlich Änderungen an Community-Richtlinien und Moderationsrichtlinien gewährleisten
  • Eine Verpflichtung zur Moderation von Inhalten etablieren und die Fähigkeit, die Regeln der Plattform durchzusetzen, aufbauen

Immerhin einige der Punkte könnte das Unternehmen zeitnah in Angriff nehmen. Denn Elon Musk möchte nach dem Verlust tausender Mitarbeiter:innen ab jetzt neues Personal einstellen. Trotzdem müssen die aktuellen Twitter Teams viel Arbeit leisten, um gerade gegenüber großen Marken zu versichern, dass Twitter ein für sie passendes, relevantes Werbeumfeld darstellt. Erschwert werden solche Bemühungen durch Entwicklungen wie die Reaktivierung der Accounts von kontroversen Personen des öffentlichen Lebens wie Donald Trump, Andrew Tate und Ye (ehemals Kanye West), die unter anderem durch misogyne, antisemitische oder gewaltverherrlichende Tweets aufgefallen sind. Von einer respektablen Werbeplattform ist Twitter also derzeit weit entfernt – und viele große Brands geben Musk und Co. die Quittung dafür.



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