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Social Media Marketing
Kehrtwende auf Twitter 2.0? Amazon und Apple werben wieder massiv

Kehrtwende auf Twitter 2.0? Amazon und Apple werben wieder massiv

Niklas Lewanczik | 05.12.22

Für rund 100 Millionen US-Dollar jährlich möchte Amazon Werbung auf Twitter schalten – sofern die Plattform Sicherheitsbedenken ausräumen kann. Auch Apple wirbt laut Elon Musk wieder uneingeschränkt beim Kurznachrichtendienst.

Werbung ist die wichtigste Einnahmequelle Twitters. Obwohl der Kurznachrichtendienst unter der Führung von Neu-CEO Elon Musk verstärkt auf Abonnementeinnahmen setzen möchte, bleiben die Advertiser und ihre Budgets die wichtigste Umsatzsäule für die Plattform. Das hatte Elon Musk längst erkannt und direkt nach dem Kauf von Twitter einen ausführlichen Brief an die Advertiser veröffentlicht. Doch diese verließen in den vergangenen Wochen vielfach die Plattform. Denn die Brand Safety wurde grob gefährdet. In der Folge sprangen auch die größten Werbetreibenden ab, mehr als ein Drittel der Top 100 Advertiser setzte die Anzeigen laut der Washington Post aus.

Jetzt könnte sich das Blatt aber wenden. Nicht nur Apple – der Tech-Konzern, dem Elon Musk vor einem klärenden Gespräch vor Tagen noch den „Krieg“ erklärt hatte – wirbt wieder. Auch Amazon möchte ein enormes Werbebudget auf Twitter reaktivieren.

Werbung auf Twitter gehört derzeit nicht zum guten Ton

Elon Musks Vision von Twitter 2.0 nimmt Konturen an. Und die Angst davor, dass die Plattform in noch größere finanzielle Schwierigkeiten gerät, schwindet langsam wieder. Massenentlassungen, die Unklarheit bezüglich der Verifizierung, die Preiserhöhung für Twitter Blue und das Hin und Her hinsichtlich der Pläne für Twitter 2.0 haben viele Advertiser Abstand von der Plattform als Werbeumfeld nehmen lassen. Musks Amnestie für zuvor gesperrte Twitter Accounts führte außerdem dazu, dass noch mehr Werbetreibende Werbekampagnen pausierten oder komplett einstellten. Weltmarken wie VW, Merck, Mars, General Motors und Co. haben ihre Ads ausgesetzt. Zudem hatte die GroupM – die Teil der weltweit größten Werbe-Holding WPP ist – kürzlich eine Warnung an Advertiser auf Twitter ausgesprochen:

Based on the news yesterday [10. November 2022] of additional senior management resignations from key posts, high profile examples of blue check abuse on corporate accounts, and the potential inability for Twitter to comply with their federal consent decree, GroupM’s Twitter Risk Assessment is increased to a High-Risk rating for all tactics.

Ein erweiterter Werbeboykott wäre für Twitter aber schwer zu verkraften. Im vergangenen Geschäftsjahr hat Twitter knapp 5,1 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht – rund 4,5 Milliarden davon gingen auf Einnahmen aus dem Advertising zurück. Und vor kurzem hat ein:e Umsatzanalyst:in bei Twitter Information geteilt, die Aufschluss über die wenig erfreulichen Werbeumsätze des Unternehmens geben:

We are seeing a significant decline in bookings.

Laut der geteilten Screenshots, die Platformer vorliegen, sind die Werbeeinnahmen von Twitter in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) im Jahresvergleich um 15 Prozent und die wöchentlichen Buchungen um 49 Prozent zurückgegangen. Viele Brands wollen erst wieder werben, wenn die Brand Safety auf der Plattform gewährleistet werden kann. Immerhin scheint Elon Musk mit seinem Team darauf hinzuarbeiten. Zwar sorgt die Generalamnestie weiterhin bei vielen für Aufsehen, der Antisemit Ye wurde – unter anderem aufgrund eines Hakenkreuz-Postings – allerdings erneut von der Plattform verbannt. Und auch gegenüber anderen kritischen Entitäten gibt sich Musk kompromissbereit. Mit der EU ging er in den Austausch, um Twitters Bereitschaft zu signalisieren, europäischen Regularien zu folgen, um einer Verbannung zu entgehen. Mit dem CEO Apples, Tim Cook, suchte er ein klärendes Gespräch, nachdem von einem Ausschluss Twitters aus dem App Store die Rede gewesen war.

Amazon möchte Werbebudget auf Twitter sogar erhöhen – Apple wirbt auch wieder

Der Bloomberg-Redakteur und Social-Media-Experte Kurt Wagner schreibt auf Twitter, dass Apple sämtliche Werbeverfahren auf Twitter wieder aufgenommen habe. Laut Musk ist Apple der größte Advertiser auf der Plattform. Das dürfte dem gebeutelten Social-Unternehmen einen immensen Schub geben. Denn damit kommen nicht nur Werbeeinnahmen zurück; auch andere Unternehmen dürften wieder auf Twitter werben, wenn Weltmarken und Love Brands wie Apple dort aktiv sind.

Tatsächlich wird auch Amazon wieder uneingeschränkt auf Twitter werben, sofern eine Sicherheitsbedenken der Werbesysteme ausgeräumt werden können. Das erklärt die Platformer-Chefredakteurin Zoë Schiffer auf Twitter. Ihrer Quelle zufolge hatte der E-Commerce-Konzern die Werbung bis dato allerdings nicht komplett ausgesetzt, sondern nur einige Kampagnen pausiert. Künftig soll das Budget aber noch angehoben werden. Rund 100 Millionen US-Dollar jährlich sollen an Twitter fließen.

Bei zuletzt 127,1 Milliarden US-Dollar Quartalsumsatz sind derlei Ausgaben eine vergleichsweise kleine Investition. Amazon selbst konnte im vergangenen Quartal mit den Advertising Services 9,6 Milliarden US-Dollar umsetzen.

Warum große Marken trotz Brand-Safety-Bedenken auf Twitter werben

Twitter versucht mit aller Macht, die Advertiser wieder an Bord zu holen, um auf deren Budgets setzen zu können. Deshalb bietet das Unternehmen Werbetreibenden nach Informationen von Schiffer auch spezielle Incentives an. Advertiser, die mehr als 500.000 US-Dollar ausgeben, sollen zusätzliche Impressions und „Matching Ad Spend“ erhalten.

Im Rahmen der Ankündigung zur Preiserhöhung des Bezahlmodells Twitter Blue hatte Elon Musk bereits angekündigt, dass allen Usern, die nicht für Twitter zahlen, deutlich mehr Werbung ausgespielt werden soll.

Auf Twitter zu werben gleicht für Brands allerdings derzeit einer Gratwanderung. Zwar kommen momentan viele neue User der Plattform zum Kreis der potentiellen Zielgruppe hinzu. Und die Optionen, um am Puls der Zeit Ads zu aktuell relevanten Themen auszuspielen, sind schon seit Jahren gegeben. Allerdings wird der Kurznachrichtendienst momentan durch eine geringere Regulierung von Fake News – etwa zur Coronapandemie – und von problematischen Tweets – seien es gewaltverherrlichende oder diskriminierende – zu einem Umfeld, in dem Marken, die der Vermittlung ihrer Werte viel Gewicht beimessen, im Idealfall nicht erscheinen möchten. Auf Facebook, TikTok, YouTube und Co. sind ebenfalls unseriöse Inhalte zu finden, die die Brand Safety immer wieder in Verruf bringen. Doch Twitter trägt momentan teils aktiv dazu bei, dass unter dem Deckmantel der freien Meinungsäußerung Personen oder ganze Gruppen verunglimpft werden. Hate Speech floriert auf der Plattform.

Es wird spannend zu beobachten sein, wie viele und welche Marken die Ad Incentives nutzen und ihre Werbung auf Twitter wieder einsetzen werden; und ob sie sich zum Werbeumfeld auf Twitter äußern oder nicht. In einem Punkt könnte Elon Musk am Ende also recht behalten: Viele Advertiser versagen Twitter nicht die Treue, scheinen die Plattform zu brauchen, und werben trotz aller Widrigkeiten dort. Amazon und Apple sind dabei Musterbeispiele.

Kommentare aus der Community

Martin Fuchs am 05.12.2022 um 15:58 Uhr

Tja, schätze, da hat Musk Apple mindestens 90% Nachlass gegeben. Nur um das Signal zu haben: Apple wirbt wieder auf Twitter.

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