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Social Media Marketing
Influencer Marketing: Das Problem mit der Schleichwerbung auf Instagram

Influencer Marketing: Das Problem mit der Schleichwerbung auf Instagram

Tina Bauer | 08.11.15

Allzu häufig wird bei der Produktplatzierung durch Influencer auf eine Kennzeichnung verzichtet, was hierzulande jedoch zu Problemen führen kann - und wird.

Instagram ist trendy, Instagram besuchen 900 Millionen User im Monat und Instagram hat eine wahnsinnig hohe Reichweite – gerade bei einer jungen, gut verdienenden Zielgruppe. Unternehmen wollen die enormen Reichweiten und den hohen Einfluss, den Influencer auf ihre Follower ausüben, nicht ungenutzt lassen – vor allem im Hinblick auf klassische Werbung, die immer weniger junge Menschen wirklich erreicht. Doch dabei vergessen die Involvierten allzu oft, dass eine Kennzeichnung werblicher Inhalte in Deutschland per Gesetz geregelt ist.

Lifestyles of the rich & famous – Auf Instagram treffen einflussreiche Vorbilder ein junges, kaufstarkes Publikum

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In den USA liegt Instagram, der Facebook-Ableger, den der Konzern 2012 für fast 800 Millionen Euro gekauft hat, schon seit längerer Zeit voll im Trend eines jungen, kaufstarken Publikums und kratzt derzeit an der 1 Milliarde-User-Marke monatlich. Der Erfolg des sozialen Bildernetzwerkes ist vermutlich durch ein Zusammenspiel aus Usability und schön anzusehenden Bildern zu erklären, durch die man sich den ganzen Tag scrollen kann und immer Neues entdeckt. Die beliebtesten Themen auf Instagram, mit denen am meisten junge Menschen erreicht werden, sind Fashion, Fitness und Food. Blogger, die sich einem der drei Fs widmen und einen Luxus-Lifestyle vorleben, sind Vorbilder hunderttausender Follower und die Popstars des Internets. Das ist auch das Besondere an Instagram, denn die sogenannten Influencer sind eine Goldgrube und gleichzeitig nützliches Sprachrohr für Unternehmen aller Art. Und daran gibt es im Grunde nichts Verwerfliches.

Testimonials sind keine Erfindung der Social Networks – doch erleben sie hier ihren Hype 

© Flickr / Don O'Brien, CC BY 2.0
Eine Anzeige aus dem Jahr 1918 nutzt Henry Ford als Testimonial © Flickr / Don O’Brien, CC BY 2.0

Werfen wir nämlich einen Blick auf klassisches Marketing, gibt es Testimonials schon lange bevor an das Internet überhaupt gedacht werden konnte. Unternehmen setzen Celebrities (= Influencer) als Testimonials in der TV-Werbung oder Zeitschriften ein, um die Qualität des beworbenen Produktes zu unterstreichen. Denn Marketer wissen schon längst, dass Konsumenten ihnen (persönlich oder auch nicht) bekannten Gesichtern eher Vertrauen schenken als den Unternehmen. Fragwürdig werden diese Praktiken erst, wenn der Schriftzug der Coke in einer Fernsehsendung – und nicht im Werbeblock – gut lesbar in die Kamera gehalten wird. Da dies zu früherer Zeit relativ häufig „versehentlich“ passiert ist, wurde das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (Schleichwerbung) erlassen, das nach §4 Nr. 3 wie folgt lautet:

Unlauter handelt insbesondere, wer den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert.

Schleichwerbung ist demnach also unzulässig, weil jede Art von Werbung so gestaltet sein muss, dass der werbende Charakter von den Rezipienten erkannt werden kann. Eine eindeutige Kennzeichnung werblicher Inhalte war in den USA – in der das Influencer Marketing zuerst zum Trend wurde – bis Mitte dieses Jahres eher eine Empfehlung der zuständigen Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde (FTC), jedoch aktualisierte die Behörde ihre Richtlinien im Juni und legt inzwischen großen Wert auf eine Kenntlichmachung bezahlten Contents. Das in Deutschland geltende, unzweideutige Gesetz gegen Schleichwerbung untersagt die Vermischung redaktioneller und werblicher Inhalte klar. Und hier kommt Instagram wieder ins Spiel: Weil es lange Zeit keine offiziellen Werbeformate auf dem Bildernetzwerk (diese wurden erst Mitte dieses Jahres für alle Unternehmen zugänglich gemacht) gab, haben die Firmen auf reichweitenstarke Mitglieder zurückgegriffen, die als Testimonial für verschiedenste Produkte fungieren und mit geringen Streuverlusten eine sehr spitze Zielgruppe erreichen. Die Unternehmen lassen sich ein Posting von einem Instagram-Influencer derweil vergleichsweise wenig kosten: Häufig reicht eine Produktprobe, oft wechselt aber auch ein drei- bis vierstelliger Betrag den Besitzer – je nach Größe und Reichweite des Accounts. Im Vergleich zu klassischer Werbung und vor dem Hintergrund des massiven Einflusses von Influencern sind diese Beträge für Unternehmen also verschwindend gering. Das haben inzwischen auch viele Unternehmen hierzulande erkannt, die nun auf Influencer Marketing setzen, doch werden scheinbar allzu häufig die Vorreiter aus Übersee zum Beispiel genommen und auf eine Kennzeichnung verzichtet:

Der Influencer-Account hat über 220.000 Follower und eine entsprechend hohe Reichweite bei einem der Zielgruppe des Unternehmens entsprechenden Publikum. Die Verantwortlichkeit für eine Kennzeichnung liegt im Übrigen beim Publisher.
Der Influencer-Account hat über 220.000 Follower und eine vergleichsweise hohe Reichweite bei einem der Zielgruppe des Unternehmens entsprechenden Publikum. Die Verantwortlichkeit für eine Kennzeichnung liegt im Übrigen beim Publisher sowie dem auftraggebenden Unternehmen.
Dieser Influencer weist über eine Millionen Follower auf und verfügt über massive Reichweite. Mit diesem Post erzielte er mehr als 43.000 Likes.
Dieser Influencer weist über eine Million Follower auf und verfügt über massive Reichweite. Mit diesem Post erzielte er mehr als 43.000 Likes.

Hinzu kommt, dass Unternehmen anscheinend versuchen, die Kooperationen unter den Teppich zu kehren und die Influencer von ihnen aktiv aufgefordert werden, dazu beizutragen.

Die Kennzeichnung: Das Sponsoring muss auch für den Durchschnitts-User erkenntlich sein

Schwierig an der Sache ist, dass dem User aufgrund einer fehlenden Kennzeichnung suggeriert wird, der Influencer habe die Produkte aus Überzeugung gepostet und nicht weil Geld geflossen ist oder Produktproben als Incentives verschickt wurden. Dr. Andrea Schmoll, Rechtsanwältin für Marken- und Wettbewerbsrecht und Partner der international agierenden Anwaltskanzlei Osborne Clarke, zur Thematik:

Dr. Andrea Schmoll
Dr. Andrea Schmoll

Influencer Marketing  ist rechtlich problematisch, wenn ein durchschnittlich informierter User nicht erkennen kann, dass es sich bei dem entsprechenden Post um gesponserte Werbung handelt. Preist ein berühmtes Testimonial z.B. auf Instagram, Facebook, Twitter oder YouTube scheinbar neutral die Vorzüge eines Produktes an, obgleich der entsprechende Post tatsächlich durch eine wirtschaftliche Zuwendung des Produktherstellers motiviert ist, stellt dies in der Regel eine unerlaubte Schleichwerbung dar. Neben Verstößen gegen die einschlägigen medienrechtlichen Vorschriften kommt in diesen Fällen in Deutschland ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb  in Betracht. Dieser kann Abmahnungen, Unterlassungs- und Schadensersatzklagen zur Folge haben. Aus diesem Grund sollten gesponserte Posts unbedingt als Werbung gekennzeichnet werden. Wichtig zu wissen ist, dass es [Anm. d. Red.: nach einer Entscheidung des BGH (Az. I ZR 2/11)] in der Regel nicht ausreicht, den Post mit der Kennzeichnung „sponsored by“ zu versehen. Die deutschen Gerichte argumentieren in diesem Zusammenhang damit, dass nur ein kleiner Teil der Nutzer wüsste, dass ein Begriff wie „sponsored by“ mit Werbung gleichzusetzen sei.

Influencer sollten sich demnach beizeiten eine ausreichende Kennzeichnung ihrer mit Produktproben oder Geld bezahlten Beiträge überlegen. Denn das Social Network wächst weiter und wird in Zukunft nicht nur wohlwollende Leser anziehen. Thomas Schwenke, Berliner RA für Marketing-, Datenschutz- und Urheberrecht, hat bereits im Sommer bei Gründerszene auf die Risiken von Schleichwerbung aufmerksam gemacht: „Da der Bogen dabei immer weiter überspannt wird, rückt Schleichwerbung in sozialen Medien zunehmend in den Fokus der Verbraucherschützer“. Nina Diercks, RA und Gründerin des Social Media Recht Blog, konstatiert allerdings im Upload Magazin, dass sich die Sponsored-Kennzeichnung vermutlich auf kurz oder lang auch in Deutschland durchsetzen wird – trotz des vorangegangenen Urteils.

Allerdings: Die reale Gefahr ist derzeit nicht sehr groß, die Wachsamkeit aber wächst

Die zuständigen Aufsichtsbehörden könnten zwar handeln, indem sie Unterlassungsverfügungen oder Bußgelder erheben, doch haben sie für so etwas keine Kapazitäten, so Diercks weiter. Auch Verbraucherschutz- und Wettbewerbsverbände könnten im Hinblick auf eine Verletzung des Trennungsgebotes abmahnen – und tun dies auch. Anwälte jedoch können nicht ohne Auftraggeber einfach wild abmahnen, daher wird es in Zukunft auch nicht zu einer Abmahnwelle durch findige Anwälte kommen. Wohl aber können die Betreffenden im Auftrag eines Mitbewerbers wegen der „Verschleierung von geschäftlichen Handlungen“ abgemahnt werden, was mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden ist: Auf den Abgemahnten kommen bei einer Unterlassungserklärung Kosten in Höhe von wenigstens 1.800 Euro zu. Laut Diercks hat es in der Vergangenheit bereits Fälle gegeben, in denen Blogger von Bloggern abgemahnt wurden, da diese sich über die Schleichwerbe-Kooperationen geärgert haben. Und da die Fälle außergerichtlich ablaufen und bisher nur selten vorkamen, hört man davon auch nichts.

Ehrlich währt am längsten – und Paid Content ist nichts Schlimmes

Wenn Blogger sich kaufen lassen, fällt das den Usern schnell auf und die Influencer verlieren in erster Linie an Glaubwürdigkeit – und daran hängt ihr Erfolg. Zusätzlich wächst mit der Popularität des Influencer Marketing die Gefahr von Abmahnungen. Es liegt also in der Verantwortung des Influencers, seinen Content so zu erstellen, dass eine deutliche Trennung von werblichen und redaktionellen vorliegt.

Aber auch die auftraggebenden Unternehmen müssen sich angesprochen fühlen: Die Konkurrenz wird wach und unlautere Mittel sprechen ohnehin nicht für Seriosität. Ehrlichkeit währt eben doch am längsten und insbesondere die junge Zielgruppe hat ein geringeres Problem mit Paid Content, als landläufig angenommen wird, wie der obige Post beweist.

Kommentare aus der Community

Bianca am 15.12.2017 um 11:54 Uhr

Hallo,

ich verstehe nie immer ganz den Zusammenhang zwischen Sponsored Content und Produktplatzierungen. Ist eine Produktplatzierung einfach teil des Sponsored Contents?

Viele Grüße
Bianca

Antworten
Tina Bauer am 15.12.2017 um 13:57 Uhr

Hi Bianca,

Produktplatzierungen findest du häufig in Film und Fernsehen. Wenn Charlie Harper bei Two and a half Men etwa Radeberger trinkt, ist das eine Produktplatzierung.

Von einem Sponsoring spricht man in der Regel, wenn du ein Produkt direkt bewirbst. Wie bei Sponsored Posts, Advertorials usw.

Die Abgrenzung ist aber in der Tat oft nicht ganz so einfach.

Hier kannst du dazu mehr lesen: https://www.lmz-bw.de/sponsoring-product-placement.html

Viele Grüße,
Tina

Antworten
Rita Alt am 09.11.2015 um 10:55 Uhr

Zeit für Abmahnanwälte wie die Dame im Artikel?

Antworten
Tina Bauer am 09.11.2015 um 12:40 Uhr

Hallo Rita,

So einfach geht das nicht, denn „Anwälte können nicht ohne Auftraggeber einfach wild abmahnen, daher wird es in Zukunft auch nicht zu einer Abmahnwelle durch findige Anwälte kommen“ (Zitat aus dem Artikel). Wohl aber wird die Konkurrenz wacher und die kann durchaus Anwälte beauftragen, wenn diese nicht ohnehin schon im Unternehmen sitzen.

Viele Grüße,

Tina

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