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Der Untergang der User Journey im Performance Marketing und Lösungsvorschläge

Der Untergang der User Journey im Performance Marketing und Lösungsvorschläge

Ein Gastbeitrag von Florian Wolf | 14.09.15

Werbungtreibende sollten endlich die User Journey analysieren, um das Thema Multi-Attribution mit Leben zu füllen.

Von wegen nur letzter Klick – betrachten wir endlich den gesamten Kaufpfad

Das Thema User Journey ist mittlerweile fast so alt wie das Thema Mobile. Und Mobile – so sind wir uns jedes Jahr erneut sicher – startet dieses Jahr richtig durch. Im Vergleich ist es um die User Journey fast ein wenig still geworden. Zu still; gerade im Performance Marketing. Klar, wir sprechen regelmäßig von neuen Touchpoints, neuen Technologien wie Beacons oder neue Messverfahren, wie Fingerprint oder Cross Device Tracking. Im Grunde interessiert Werbungtreibende aber weiterhin nur eines: der entscheidende Mausklick. Und zwar der letzte. Was davor geschieht bleibt oft im Dunkeln. Zu unrecht!

Durch das bisher fast überall übliche Modell war das Performance Marketing der letzten Jahre geprägt durch den Wettkampf um den letzten Klick; und ist es noch. Dabei sind wir eigentlich längst an einem Punkt angekommen, an dem Werbungtreibende die User Journey als Gesamtbild betrachten müssen, nicht als eine Anreihung einzelner Ausschnitte. Nur mit einer entsprechenden Analyse des Kaufpfades, kann der Beitrag einzelner Kanäle zur Conversion nachgehalten und das Thema Multi-Attribution endlich mit Leben gefüllt werden. Denn: Verschiedene Performance Marketing-Kanäle tragen zwar einen wichtigen Beitrag zum Kaufprozess bei, werden bislang durch das Last-Cookie-Prinzip aber nur selten vergütet.

Alternative Publisher-Vergütungsmodelle, wie gleichmäßige Verteilung der Provision auf verschiedene Touchpoints oder ein linear fallendes beziehungsweise steigendes Modell, sind in der Theorie durch die User Journey-Analyse längst möglich. Oftmals scheitert es jedoch am einheitlichen Reporting oder den technischen Voraussetzungen. Außerdem gilt es – mit Blick auf die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Touchpoints, Publisher und Verticals – aus den vielen Ad Impressions die auszufiltern, die wirklich für den Abverkauf relevant sind und diese entsprechend zu fördern, auszubauen und in den Traffic-Mix zu integrieren. Die altbekannten Spillover- und Kannibalisierungseffekte werden so sichtbarer denn je.

Raus aus dem Dunkel – technische Voraussetzungen schaffen

Eines ist klar: Die einzelnen, messbaren Kanäle müssen in einem zentralen Reporting zusammengefasst werden. Bislang war ein verlässliches – und vor allem umfassendes – User Journey-Reporting allerdings nur dann möglich, wenn exklusive Partnerschaften mit einem Performance Marketing-Technologieanbieter bestanden. Dieses Konzept ändert sich aktuell: Am Markt entstehen Multichannel Tracking-Lösungen, die die notwendige Transparenz über einzeln gemanagte Partnerprogramme liefern, ohne dass eine exklusive Partnerschaft eingegangen werden muss. So ist der Anfang in Richtung Multi-Attribution überhaupt erst möglich. Für ein ganzheitliches Reporting ist ein entsprechendes Business Intelligence (BI)-Tool und damit eine Harmonisierung der verfügbaren Daten aber unabdingbar. BI-Experten sprechen von der sogenannten „Single Source of Truth“. In unserem Falle also die User Journey-Gesamtsicht. Bevor sich der Advertiser also Gedanken über Attributionsmodelle machen kann, muss überhaupt erst das Reporting und die Visualisierung der gesammelten Daten stimmen, denn sonst wird weiter fröhlich im Dunkeln gestochert. Dazu gehört entsprechend auch, die Daten verstehen zu können, um die richtigen Anschlusshandlungen abzuleiten. Denn nur dann kann der Werbungstreibende bewerten, welcher Touchpoint welchen Beitrag zur Conversion hinzugefügt hat.

Modelle mit Zukunft

Stimmt also das Reporting und die Gesamtsicht auf die User Journey, dann kann der Werbungtreibende das Last-Cookie-Wins-Prinzip datengestützt analysieren und sich Gedanken über alternative Vergütungsmodelle machen. Und während in der Branche aktuell diverse Modelle diskutiert werden, so muss ich Sie jetzt enttäuschen: Ich werde Ihnen weder den Königsweg, noch ein von mir präferiertes Modell ans Herz legen können. Denn ob nun eine gleichmäßige Verteilung der Provision auf verschiedene Touchpoints, linear fallende beziehungsweise steigende Modelle oder gar punktuell provisionierende Herangehensweisen, alle haben ihre Vorzüge und berücksichtigen auf ihre Weise die Reise des Users im Sales Funnel. Der Advertiser muss jedoch immer selbst analysieren, welches Modell das für ihn das gewinnbringende ist. Und das nicht nur, weil die Cookie-Weiche sonst nur selektiv ein Modell berücksichtigt, sondern weil jede Kampagne und jedes Programm individuell ist und individuelle Ziele verfolgt. Stehen und fallen werden alle Modelle jedoch mit der richtigen Datengrundlage.

Ein bekannter Online-Händler aus unserem Netzwerk nimmt bereits seit einigen Monaten die Analyse seiner User Journeys vor. Dabei hat sich gezeigt, dass rund 15 Prozent der Gutscheinportal-User Journeys nicht direkt zur Conversion führen. Hier ist es so, dass Gutscheinseiten vor allem den Bonus- und Loyalty-Bereich durch Assists – also Teilnahme an der User Journey – zur Conversion bringen. Etwa zehn Prozent der Sales verliert die Kategorie „Gutschein“ auf diesem Wege als Assists an Loyalty-Portale. Anders herum haben knapp 40 Prozent der Conversions des Händlers, die von Gutscheinseiten generiert wurde, den „First Click“ nicht über ein Gutscheinportal generiert, sondern beispielsweile auf Loyalty-Seiten. Das erste Kaufinteresse wurde also auf anderen Touchpoints geweckt. Hier muss man sich im Klaren sein, dass es sich wiederum um sehr preissensitive Internetuser handelt, die gegebenenfalls mit Gutscheinrabatten in Kombination mit Cashback- oder Punktesysteme einkaufen möchten. Würde hier also eine Multi-Attribution automatisiert stattfinden, würden sich genau diese beiden Publisher-Kategorien die Provision teilen müssen. Mit Zugang zu diesem Wissen kann der Advertiser jedoch seine Gutscheinstrategie balancieren, um die richtigen Partner zielführend zu motivieren.

Anders sieht es beim selben Händler bei den Content Affiliates aus, denn diese erhalten kaum Sales von anderen Affiliate-Verticals. Rund zehn Prozent der User, die ihren First Click zum Händler durch einen Content Affiliate gemacht haben, konvertieren über andere Publisher oder oft gar nicht. Dementsprechend kann hier über eine Bonusvergütung von Content Publishern im Affiliate-Kanal nachgedacht werden.

Der Wert des Assist

Für viele Werbungtreibende stellt sich vor den Überlegungen zum Modell jedoch noch eine viel grundlegendere Frage. Bin ich bereit, den Assist zu vergüten? Sicher nur dann, wenn dadurch das Gesamtprogramm mehr Conversions generiert. Und das Potenzial hierfür ist da. So fühlen Publisher sich und ihre Arbeit mehr wertgeschätzt. Sie schenken auch in einer frühen Phase der User Journey dem Programm mehr Sales-unterstützende Aufmerksamkeit, sicher sogar auch Abseits von Loyalty und Gutscheinen. Alles einzahlend auf das gemeinsame Ziel, die User Journey zu verkürzen und dabei die richtigen Conversions zu erreichen. Es können nun sogar mehr Publisher tätig werden, weil der Pool an potentiellen Publishern größer wird, wenn diese für ihre Conversion-Vorlagen vergütet würden.

Folgen für die Performance-Branche

Was haben solche Überlegungen zum Thema Multi-Attribution aber für Folgen für die Performance Marketing-Branche? Sicher wird es zu weiteren Umverteilungen kommen, wenn Advertiser die Analysen nutzen, um ihre Budgets richtig zu verteilen. Das wiederum wird auch die Business-Modelle mancher Publisher drastisch verändern. Wobei das gesamte Marktvolumen dadurch aber nicht zwingend in großem Umfang zunehmen wird. Multi-Attribution ist allerdings ein nötiger Impuls in der Branche in Richtung Transparenz und fairer partnerschaftlicher Vergütung.

Das wiederum birgt viel Potenzial für die Zukunft. Ist erstmal das entsprechende Reporting verankert und die Online User Journey wird lückenlos analysiert und ausgewertet, ergeben sich ganz neue Verknüpfungen – die Kombination und das Austarieren der Journey etwa mit TV Spots oder In-Store Angeboten. Eine unglaublich spannende Entwicklung für das Performance Marketing und die Werbebranche. Anstatt also jedes Jahr über Mobile zu sprechen, sollten wir unbedingt die User Journey mal wieder nach vorne kramen…

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