Human Resources
„Growth“, „Meeting“, „Update“: Mehr als ein Drittel aller Arbeitnehmer:innen wurde bereits durch Anglizismen ausgeschlossen

„Growth“, „Meeting“, „Update“: Mehr als ein Drittel aller Arbeitnehmer:innen wurde bereits durch Anglizismen ausgeschlossen

Marié Detlefsen | 23.05.25

Englischsprachige Begriffe prägen zunehmend den Arbeitsalltag – doch nicht alle fühlen sich dabei mitgenommen. Eine neue Umfrage zeigt: Anglizismen können Brücken bauen, aber auch Barrieren errichten. Insbesondere zwischen den Angestellten.

In Büros, Co-Working-Spaces oder im Home Office wird heute nicht mehr nur gearbeitet – es wird „gebrainstormt“, „gefeedbackt“ und „performt“. Die Arbeitswelt in Deutschland hat sich nicht nur strukturell, sondern auch sprachlich gewandelt. Besonders auffällig ist der zunehmende Einsatz englischsprachiger Begriffe, die sich tief in den beruflichen Alltag eingenistet haben. Doch während einige Anglizismen als Ausdruck von Effizienz und Internationalität gelten, empfinden andere sie als Stolperstein – oder gar als sprachliche Ausgrenzung.

Eine neue Umfrage von TopCV zeigt die Spannungen zwischen globalem Sprachgebrauch und lokalem Sprachverständnis. Der Einsatz von Anglizismen ist dabei nicht bloß ein stilistisches Detail – sondern kann reale Auswirkungen auf die Arbeitskultur, das Miteinander im Team und sogar die Bewerbungsbereitschaft haben.

Anglizismen als Sprachtrend oder Sprachbarriere?

Auf die Frage, wie häufig im Berufsalltag englischsprachige Begriffe genutzt werden, zeigt sich: Für viele Berufstätige ist „Denglisch“ längst keine Ausnahme mehr. Zwar gibt knapp ein Drittel der Befragten an, auf Anglizismen komplett zu verzichten, doch die Mehrheit verwendet sie regelmäßig – mal beiläufig, mal ganz bewusst. Das zeigt sich insbesondere auch in der Marketing-Branche, die von Fokusthemen aus den USA geprägt wird.

Im Schnitt fallen pro Arbeitstag rund 4,3 englischsprachige Begriffe. Männer greifen mit durchschnittlich 4,73 pro Tag dabei etwas häufiger darauf zu als Frauen (3,76 Prozent), und auch der Bildungsgrad spielt eine Rolle: Personen mit Hochschulabschluss verwenden fast dreimal so viele Anglizismen wie solche mit mittlerem Bildungsabschluss oder Berufsausbildung.

PlatzBegriffRegelmäßige Nutzung
1Team58,3 %
2Meeting58,1 %
3Feedback51,1 %
4Job40,7 %
5Update40,1 %

Besonders verbreitet sind Klassiker wie „Team“, „Meeting“, „Feedback“, „Job“ und „Update“ – Begriffe, die längst wie selbstverständlich im Arbeitsjargon verwendet werden. Exotischere Ausdrücke wie „Pitch“ (0,59 Prozent) oder „Growth“ (0,52) sind hingegen eher selten vertreten.

Ältere Angestellte empfinden Anglizismen als behindernd im Arbeitsalltag

Interessant wird es bei der Frage, wie die Betroffenen selbst den Einfluss von Anglizismen bewerten. Rund ein Drittel der Befragten sieht in ihnen eine Erleichterung der Kommunikation – besonders junge Berufseinsteiger:innen fühlen sich durch die englisch geprägte Sprache eher angesprochen. In der Altersgruppe der 18- bis 30-Jährigen teilt über die Hälfte diese Ansicht.

Mit zunehmendem Alter hingegen schwindet diese Zustimmung deutlich. Unter den über 70-Jährigen empfinden gerade einmal 16 Prozent den Gebrauch englischsprachiger Begriffe als hilfreich – für viele wird Sprache hier zur Hürde statt zur Brücke. So sagen 27,2 Prozent, dass die Verwendung von Anglizismen ihre Arbeit behindert. Und es bleibt nicht beim subjektiven Empfinden: Über ein Drittel der Befragten berichtet, sich durch Anglizismen bereits ausgeschlossen oder irritiert gefühlt zu haben. Diese Erfahrungen zeigen ein ernst zu nehmendes Problem: Sprache, die eigentlich verbinden soll, kann auch trennen. Vor allem, wenn sie nicht alle mitnimmt.

Anglizismen reizen zur Bewerbung an

Auch im Bewerbungsprozess spielt die Sprache eine größere Rolle als oft angenommen. So gab fast jede:r vierte Umfrageteilnehmende an, sich bei Stellenanzeigen mit vielen englischen Begriffen eher nicht bewerben zu wollen. Zwar bleibt die Mehrheit (52,3 Prozent) davon unbeeindruckt, doch besonders ältere Generationen fühlen sich von diesem sprachlichen Stil abgeschreckt.

Junge Menschen hingegen zeigen sich aufgeschlossener – für sie sind Anglizismen nicht nur vertraut, sondern mitunter sogar ein Anreiz: Rund 35 Prozent der 18- bis 30-Jährigen gaben an, dass eine „moderne“ Sprache in Jobanzeigen ihre Bewerbungslust steigert.

Insbesondere für jüngere Arbeitnehmer:innen sind Anglizismen ein Anreiz zur Bewerbung (Grafik erstellt mithilfe von ChatGPT, Daten von TopCV)
Insbesondere für jüngere Arbeitnehmer:innen sind Anglizismen ein Anreiz zur Bewerbung (Grafik erstellt mithilfe von ChatGPT, Daten von TopCV)

Mit klaren Richtlinien und inklusiver Sprache gegen Ausgrenzung

Aufgrund dieser Debatte wünscht sich knapp ein Drittel der Befragten klare unternehmensinterne Richtlinien, die den Einsatz von Anglizismen begrenzen oder zumindest strukturieren. Auch hierbei ist der Wunsch nach Orientierung besonders bei älteren Mitarbeitenden stark ausgeprägt. So liegt der Durchschnitt bei denen, die solch eine Regelung befürworten, bei den 57- bis 69-Jährigen bei 36,71 Prozent und bei 70+-Jährigen sogar bei fast 39 Prozent. Für sie steht häufig nicht die Internationalität im Vordergrund, sondern die Verständlichkeit.

Dabei geht es nicht um Sprachpurismus oder nostalgische Verklärung. Vielmehr steht die Frage im Raum: Dient die Sprache noch ihrem eigentlichen Zweck – der Kommunikation – oder wird sie zum Werkzeug der Abgrenzung? Denn viele nutzen Englisch oft als kürzeste Verbindung zwischen zwei Konzepten – „Kick-off“ klingt dynamischer als „Projektauftakt“, „Deadline“ dringlicher als „Abgabetermin“. Doch wo Tempo zählt, bleibt gelegentlich das Verstehen auf der Strecke. Gleichzeitig gilt für Arbeitnehmer:innen und Team-Leiter:innen, sich an die Gegebenheiten und Branchenspezifika bestmöglich anzupassen und sich nicht vor dem Wandel zu verschließen, der zum Beispiel mit neuen Gen AI-Lösungen – und dann auch dem betreffenden Wording von Prompting bis Large Language Model – einhergeht. Denn die Arbeitswelt wird auf Einzelne wenig Rücksicht nehmen, sodass Unternehmen und Führungskräfte im Zweifel gefordert sind.

Es liegt an Unternehmen, diesbezüglich sensibel zu agieren. Nicht jeder Begriff muss zwangsläufig übersetzt werden – aber jedes Team-Mitglied sollte die Möglichkeit haben, zu verstehen und verstanden zu werden. Eine bewusste Sprachpolitik kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden, inklusive Strukturen zu fördern und nicht zuletzt die Unternehmenssprache wieder als das zu begreifen, was sie sein sollte: ein Werkzeug für Zusammenarbeit, nicht für Ausgrenzung. Mehr dazu erfährst du im folgenden Artikel:


Mit inklusiver Sprache gegen den Fachkräftemangel:

Falsche Anreden schrecken Bewerber:innen ab

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