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E-Commerce
5 Beispiele: Automatisierte Personalisierung im E-Commerce schon heute Realität

5 Beispiele: Automatisierte Personalisierung im E-Commerce schon heute Realität

Ein Gastbeitrag von Caroline Helbing | 14.10.20

Online-Händler sollten frühzeitig automatisierte Personalisierung im E-Commerce einsetzen. 5 Beispiele zeigen, wie dies erfolgreich funktionieren kann.

Die personalisierte Ansprache des Kunden ist ein zentraler Baustein für die Kundenfindung und -bindung im E-Commerce. Starke 98 Prozent aller Marketer glauben, dass Personalisierung das Kundenverhalten beeinflusst, 70 Prozent gehen davon aus, dass dieser Einfluss „stark“ oder sogar „sehr stark“ ist. Dies ergab eine Studie von Researchscape International und Evergage (Teil von Salesforce).

Doch wie weit sollten E-Commerce-Treibende gehen? Reicht die namentliche Ansprache im Newsletter oder müssen auch die Themen zugeschnitten sein? Wie geht man damit in interaktiven Szenarien, etwa dem Onlineshop, um und welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz? Dieser Artikel diskutiert, warum Personalisierung im E-Commerce gerade den nächsten Meilenstein erreicht und zeigt anhand von fünf Bespielen aus unterschiedlichen Phasen der Customer Journey, wie sich Online-Händler jetzt einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können.

Warum brauchen wir mehr als minimale Personalisierung?

Veränderungen im Digitalverhalten passieren meist schleichend. Es gibt aber eine Zäsur, an die sich jeder erinnert, denn deren Erscheinen führte sehr schnell und nachhaltig zu einer großen digitalen Transformation in allen Bevölkerungsschichten: Der Markteintritt des Smartphones, oder die Vorstellung des iPhones 2007. Heute besitzen 92 Prozent der deutschen Bevölkerung ein Smartphone.

Seitdem hat sich die Art und Weise, wie wir mit Screens interagieren, die Erwartungshaltung, wie Inhalte aufbereitet sein sollen, und die Durchdringung des Digitalkonsums in verschiedensten Alltagssituationen sehr verändert.

Meilenstein der Digitalisierung: Steve Jobs 2007 bei der Vorstellung der iPhones, © Jonathan Turetta/ YouTube

Nun ist nicht jede digitale Aktivität E-Commerce-relevant. Aber jeder Touchpoint ist ein Zugang zu potenziellen Neu- und Bestandskunden und könnte der Türöffner für einen Kaufabschluss sein. Das war vor zehn Jahren, als E-Commerce-Transaktionen auf einer desktop-optimierten Seite begannen und dort auch endeten, noch anders. Heute ist dies nicht mehr der Fall und Onlineshops müssen sich dem geänderten Nutzerverhalten anpassen.

Vom verschlankten Menü und vereinfachter Navigation mit prominenter Suche, über die absolute Selbstverständlichkeit von responsiven Designs, sowie Apps mit zusätzlichem Mehrwert wie Content oder Community, bis hin zu einer stark visuellen und weniger textlastigen Ansprache. Die Gewohnheit der User entscheidet, was „State of the Art“ ist. Und hieran misst sich auch eine zeitgemäße Customer Experience im Shop.

Warum ist Automatisierung in der Personalisierung die richtige Antwort?

Durch die sehr viel höhere Kontaktfrequenz strömen täglich viel mehr Reize als früher auf uns ein. Im Schnitt 80 Mal am Tag haben wir das Smartphone in der Hand, Jugendliche verbringen täglich sogar acht Stunden online, die meisten davon mobil, wie eine Studie der Postbank 2019 ergab.

Während sich das digitale Umfeld für die Konsumenten zwar geändert hat, ist das für den Wahrnehmungsapparat aber nicht der Fall. Das menschliche Gehirn funktioniert noch immer wie seit tausenden von Jahren: Es filtert bei Überreizung aus. Das bedeutet, dass wir zwar alle mit mehr Werbung und Inhalten in Kontakt kommen, wir sie aber nicht wahrnehmen. Es sei denn, sie sind relevant! Mit Relevanz ist gemeint, dass wir entweder genau nach diesen Dingen suchen oder für die Themen empfänglich sind.

Und dies ist der Punkt, an dem der große Vorteil von Automatisierung ins Spiel kommt: Einzig eine Instant-Personalisierung (über Algorithmen oder Machine Learning) ist schnell genug, um mit passgenauem Inhalt das kleine Zeitfenster auszuschöpfen, in dem der Nutzer erreicht werden kann. Starre Themen sind nicht relevant genug, sich selbst die Inhalte zu suchen, kann vom User nicht mehr verlangt werden, und manuelle Personalisierung ist nicht schnell genug, um diese kleinen Zeitfenster der Aufmerksamkeit ausnutzen zu können.

Verstärkt wird der Prozess erneut von der Gewohnheit: Vom Social Feed bis zur Suchmaschine oder Location-Based-Services erleben Nutzer heute, dass sie sofortiges Feedback erwarten können. Diese Erwartungshaltung zeigen sie entsprechend auch an anderer Stelle. Man könnte auch sagen: Die GAFA-Internet-Giganten haben die Messlatte für alle nach oben gesetzt.

Szenarien für Personalisierung im Onlineshop

Wenn wir über „Personalisierung im Onlineshop“ sprechen, ist damit also deutlich mehr als eine Begrüßungsnachricht mit Vornamen gemeint. Content Creation ist heute zentral für jeden Kommunikator. Und Content ist nicht generisch, sondern spezifisch und muss individuell angezeigt werden. Produktvorschläge sollen zum aktuellen Rechercheverhalten passen.

Hilfestellung und Beratung kann durchaus persönlich erfolgen, muss aber jederzeit zugänglich sein. Viele Seitenbetreiber entscheiden sich daher für einen Chatbot, bei dem ebenfalls Machine Learning zum Einsatz kommt. Die Individualisierung von Produkten oder sogar individuell produzierte Produkte benötigen Konfiguratoren, die das Customizing sofort verarbeiten, Optionen und Preise berechnen und Inkompatibilitäten nicht zulassen. Cross-Selling-Vorschläge sollten nicht auf statistische Daten wie die Lieblingskäufe anderer Kunden Bezug nehmen, sondern die aktuellen Warenkorbinhalte ergänzen. Und schließlich sind auch Rabatte ein Einsatzfeld für Personalisierung: Statt mit der Gießkanne an alle Kunden auszusteuern, gewähren Händler lieber zielgerichtet und dafür im Einzelfall auch großzügigere Rabatte.

Darüber hinaus wirken Personalisierungsmaßnahmen nicht nur in der jeweiligen Situation auf Einzelkundenbasis, sondern auch kundenübergreifend und nachhaltig: Machine Learning ist ein selbstlernendes System. Die gewonnenen Erfahrungen fließen in künftige Aussteuerungen ein und können sogar ihre zugrundeliegenden Persona-Modelle automatisiert schärfen und verbessern.

Grundvoraussetzung für diese Szenarien ist ein teilautomatisiertes System, das echtes Identity Management über alle Kundengruppen ermöglicht. Letztlich wird nicht mehr als der Cookie Consent von den Nutzern benötigt. Und viele Funktionalitäten lassen sich bereits über das „berechtigte Interesse“ abbilden. Dennoch gilt: Je umfangreicher die Permissions, desto besser das Personalisierungserlebnis für den Kunden. Beispielsweise müssen die Opt-Ins auch für verschiedene Kanäle (Mail, Web, Social) gegeben werden, wenn ein kanalübergreifendes Digitales Profiling stattfinden soll.

Doch nicht nur die Chancen, auch die rechtlichen Anforderungen und Risiken machen ein DSGVO-konformes, verlässliches und sauber aufgesetztes System unverzichtbar. Opt-Ins und Opt-Outs müssen jederzeit möglich und lückenlos dokumentiert sein. Trotz des rechtlichen Ernstes dieser Lage sollten Unternehmen die Cookie Banner aber nicht als leidige Übel sehen, sondern als Chance mit den Usern in Kontakt zu treten. Der Moment des Consents ist die Gelegenheit, das Experience-Versprechen transparent vorzustellen.

Eine Chance, die mit häufig sehr technischen und verwirrenden Darstellungen ungenutzt brach liegt. Schade; denn schließlich besteht ein Interesse auf beiden Seiten. Welcher Kunde fühlt sich nicht von Themenverfehlung und Zeitverlusten im Shopping Prozess gestört? Für einen echten Mehrwert geben Kunden ihre Daten gern.

Konkrete Beispiele für den Einsatz von Personalisierung

Ein visuell ansprechender Headerbanner konvertiert besser, wenn das Motiv den Interessen des Visitors entspricht, © www.bergfreunde.de

Beispiel 1 – Der Hero Banner  

Personalisierung im Hero Banner der Startseite ist wie ein permanenter A/B-Test – nur nicht ganz so zufällig. Die meisten Shops haben mehrere Einzelbanner zu verschiedenen Themen in einem Slider gesammelt. Welcher wird zuerst angezeigt? Das kann man zum Beispiel von den vorher besuchten Seiten abhängig machen – wenn der Kunde den entsprechenden Cookies zustimmt. Oder aus den Profil- und Kundendaten ableiten, sobald der Visitor eingeloggt ist. Ein schönes Beispiel, dass eine gezielt ausgewählte Begrüßung im Shop weder zufällig sein muss, noch gegen die DSGVO verstößt.

Warum ist ein relevantes Bannerbild so wichtig? Wir befinden uns an dieser Stelle in der Awareness-Phase des Customer Lifecycles. Die Aufgabe ist es, den Visitor erstens nicht zu verlieren und zweitens noch tiefer in den Shop zu leiten. Dafür bleiben nur wenige Sekunden Zeit: Zu kurz um mit Texten zu überzeugen. Bilder können nicht nur mehr als die sprichwörtlichen „tausend Worte“ sagen, wir verarbeiten sie auch schneller. Nicht umsonst sind großflächige Bilder inzwischen Standard. Jetzt müssen es nur noch die richtigen sein.

Beispiel 2 – Shoppable Content

Ein Magazin-artiger Aufbau von produktnahem oder themenbezogenem Content ermöglicht den Lesern eine schnelle Orientierung und inspiriert zu Spontankäufen, © www.ragman.de

Nicht nur in Magazinen, auch auf Themen- oder Kategorie-Seiten sollte der User Inhalte individuell zusammengestellt bekommen. Schließlich hat jeder eine andere Interessenslage, warum also sollten alle User dasselbe sehen? Gerade in der Consideration Phase der Customer Journey, in der sich der Interessent eingehender mit den Produkten und Services befassen möchte, müssen die für ihn oder sie relevanten Information schnellstmöglich und ohne Ablenkung zur Verfügung stehen.

Initial können geeignete Reviews, Testimonials oder hilfreiche Artikel von Cookies oder Account-Daten vorgeschlagen werden, mit den hierbei gesammelten Bewegungsdaten (Machine Learning) werden diese angereichert und verfeinert. Auch an dieser Stelle nützt das System nicht nur dem aktuellen Kunden, sondern auch allen weiteren, wenn die Erkenntnisse für die künftige Persona- und Profilerstellung zurate gezogen werden.

Beispiel 3 – Individualisierte Suche

Auch Suchergebnisse lassen sich in Echtzeit personalisieren, © www.loberon.de

Ein anderes Szenario der Consideration Phase beginnt statt mit Stöbern auf Kategorie- oder Themenseiten im Suchfeld des Shops – ganz besonders auch von mobilen Endgeräten. Hier kann man mithilfe von automatisierter Personalisierung anhand von live Bewegungsdaten auf der Seite das Suchergebnis in Echtzeit auf relevante Produkte eingrenzen.

Wer sich beispielsweise zuvor auf Vintage- oder Gartenmöbel-Seiten bewegt hat, sucht beim Suchwort „Kissen“ vermutlich passende Accessoires für die Produkte, die bereits im Warenkorb liegen. Eine derartige angereicherte Suche ist besonders für breite Sortimente wertvoll.

Beispiel 4 – Interaktive Shopping-Welt

Ein interaktives Hot-Spot-Bild kann mit Produktinformationen und Content angereichert werden, © www.fuerstenberg-porzellan.com

Auch auf der Produkt-Detailseite müssen die Inhalte trotz aller formalen Vorgaben zur Produktauszeichnung nicht statisch und in Tabellenform oder in endlos langen Seiten dargestellt werden. Für beratungsintensive Produkte können Konfiguratoren oder Beratungs-Tools eingesetzt werden. Ausgewählte Recommendations tragen sehr viel wahrscheinlicher zur Erhöhung der Warenkorbgröße bei, wenn sie auf Echtzeit-Daten basieren.

Zudem sind die Vorschläge keinesfalls nur auf Produktinhalte beschränkt: Auch sinnvoll ergänzende Content Pieces wie Testergebnisse oder Blogartikel können den Ausschlag für die Kaufentscheidung geben und sollten an dieser Stelle der Consideration Phase genutzt werden.

Beispiel 5 – Rabatt-Trigger

Statt nach dem Kaufabbruch per Mail, lassen sich Rabatte und Gutscheine bereits im Shop verhaltensbasiert aussteuern, © www.a-n-a.com

Statt Sales-Aktion mit der Gießkanne zu verteilen, wünschen sich viele Händler aus Effizienzgründen gezielt angebotene Rabatte und Gutscheinaktionen. Um nicht nach dem Zufallsprinzip zu handeln, müssen auch hier Daten ausgewertet werden. Die Zukunft effizienter Rabatt-Aktionen ist also data-driven. Der beste Moment, eine solche Aktion einzusetzen, ist zum Ende der Consideration Phase innerhalb der Customer Journey, wenn die Kunden sich also schon orientiert haben, aber noch nicht entschlossen sind zu kaufen. Vor allem Lifestyle-Artikel sind davon stark betroffen. Der Rabatt soll den letzten Ausschlag geben, um einen Kaufabbruch zu verhindern und die nächste Phase, die Purchase Phase, einzuleiten.

Die Daten, die hierfür nötig sind, kommen nicht aus den statischen Kundendaten, sondern aus den jüngsten Bewegungsdaten auf der Website. Wie lange ist die Warenkorb-Session schon offen? Surfte der Visitor zuletzt auf themenfremden Seiten? Hier können nur Echtzeit-Daten helfen, um die Rabatte sinnvoll zu gewähren.

Fazit

Automatisierte Personalisierung ist an sehr vielen Stellen des täglichen Digitalkonsums wie im Social Media Feed und den Suchmaschinen bereits Teil unseres Alltags. Das setzt die Erwartungshaltung der User, es bald überall zu finden, nach oben. Auch im Commerce wird sich dies daher durchsetzen und spätestens dann zum Must-have werden, wenn es flächendeckend von Konsumenten akzeptiert ist.

Mit individuellen Newslettern, Bonus- und Customer-Retention-Kampagnen ist Personalisierung auch heute schon im E-Commerce Marketing während der After Sales und Loyalty Phase weit verbreitet. Im eigentlichen Einkaufsprozess kommt es bisher nur selten zum Tragen, da sinnvolle Szenarien nur durch eine Automatisierung umgesetzt werden können. Händler, die diese Tendenz heute schon verstehen und in den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur investieren und frühzeitig Erfahrungen sammeln, werden am Tag X dem Wettbewerb einige Schritte voraus sein. Die Zeit ist reif.

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