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Was kann Digital Marketing für FMCG leisten?

Was kann Digital Marketing für FMCG leisten?

Arne Behr | 20.06.12

Internet und FMCG-Marketer, das passt nicht wirklich, sagt die Vergangenheit. Nun beginnen immer mehr Experten, umzudenken.

Seit beinahe 2 Dekaden steht die digitale Marketing-Revolution unmittelbar bevor, aber erst in den letzten Jahren scheint sich an der Internetfront wirklich etwas zu tun. Bei aller Vielfalt der unterschiedlichen Herangehensweisen an digitale Medien scheint am Schluss jedoch stets dieselbe Frage zu stehen: die der Messbarkeit.

Procter & Gamble Co. ist Händler von Konsumgütern und gibt weltweit das meiste Geld für Werbung aus. Ihm folgen Unilever und L’Oréal auf den folgenden Plätzen. Betrachtet man die Marketingausgaben der Global Players, so fällt auf, dass die großen Werbeschlachten im Fernsehen und im Print-Sektor geschlagen werden. Weniger als 10% des Gesamtbudgets für den amerikanischen Markt fällt bei P&G in den digitalen Sektor, ähnlich das Bild bei Unilever und L’oréal – dabei haben sich die Ausgaben in den letzten Jahren teilweise mehr als verdoppelt.

Doch in letzter Zeit kommt Bewegung in die Branche, Marketer beginnen, gemäß den zahlreichen Studien, die auch für FMCG-Händler größere Potenziale im Online- als im TV Ressort sehen, ihre Optionen im digitalen Umfeld Internet neu zu bewerten und verstärken ihre Werbebemühungen. Die Ansätze und Erwartungen könnten unterschiedlicher kaum sein.

Unterschiedliche Ansätze

Die Gross-Rating-Point-Systeme (vGRPs) von comScore oder Nielsen bauen, ähnlich wie TV-Werbung, wesentlich auf demografischen Daten auf. Doch das Modell birgt Schwächen: wie auch TV-Werbung, bleibt die Analyse eher unpräzise, die Möglichkeiten des Behavioral Targeting sind begrenzt. Auch fehlen noch immer gute Sales Response-Modelle.

Ebenso die Big Data Analytics. Online-Werbung wird auf Basis des Verhaltens der Kunden geschaltet und als direktes Feedback für Offline Sales verwendet. Doch dazu später mehr.

Schließlich gibt es die – oft Social Media-basierte – Interessenwerbung im Moment einer bestimmten Aufmerksamkeit eines Users. Dabei geht es nicht darum, längerfristig Aufmerksamkeit zu schaffen, sondern auf vorhandene Interessen einzugehen. Das Problem der Messbarkeit des ROI ist hier bekanntermaßen besonders groß.

Unterschiedliche Stimmen

So divers die Ansätze, so verschieden sind auch die Philosophien, was Online Marketing leisten kann. Ansichten wie die, digitale Medien seien sehr praktisch, da man so die Reichweite einer Fernsehkampagne einfach und schnell vergrößern könne, sind zunehmend differenzierteren Ansichten gewichen.

So stellte Unilever Senior VP-Global Media Luis Di Como in einem Statement fest:

„We don’t think that TV and digital are comparable“ […] „What is interesting and valuable about digital — and social media in particular — is its unique quality of providing ’social context,‘ which essentially is an endorsement of our brands from our fans to their friends. Therefore, we see TV and digital as complementary — not necessarily in terms of reaching different audiences, but rather to engage with our consumers in different ways.”

Die Perspektive von P&G stellt andere Faktoren in den Vordergrund: „The ROI work that we’ve done so far has demonstrated that digital is better than TV“, berichtet P&G Global Brand-Building Officer Marc Pritchard in einem Interview. „While you can still get very broad reach from TV, that to an extent dilutes some of the ROI.“ Digitale Medien hätten zwar noch immer „a smaller range of reach, but it’s more targeted, and that’s what gives it a higher ROI.“ Man werde zukünftig mehr Geld in Internetwerbung stecken, aber auch das Fernsehen werde digitaler werden, so Pritchard weiter.

Indes sehen zunehmend mehr Marketer die größten Potenziale der sozialen Medien in der Interaktion mit dem User / Kunden und dem Aufbau einer interessanten und sympathischen Marke. Rex Briggs, CEO der Marketing Beratung Marketing Evolution, gibt jedoch zu bedenken, dass das Ende der Fahnenstange relativ schnell erreicht ist. So sinnvoll Social Media-Kampagnen auch seien, jenseits der Millionengrenze verlaufen Markenkampagnen branchenübergreifend im Sande, so Briggs.

Darüber hinaus sind die sozialen Netzwerke natürlich auch für FMCG-Marken ein Eldorado der Marktforschung, wie Laurent Faracci, General Manager von Reckitt Benckiser Amerika, konstatiert: „Insights now more often than not come from digital, from data mining, from social monitoring, from social listening and understanding the conversations that are happening out there.“

ROI

Trotzdem, was bringt’s? Die Frage nach Erlösen und Umsätzen steht bei aller Komplexität des Feldes dennoch immer an Schluss. Zahlreiche Studien von comScore, das mit vielen großen Marken und Händlern zusammenarbeitet, belegen, trotz begrenzter Möglichkeiten der Messung, die direkte und auch schnelle Wirksamkeit von digitalen Werbekampagnen, auch für den stationären Handel. ComScore Chairman Gian Fulgoni hat dafür eine einfache Erklärung parat:

„When we look at what’s in these digital ads and compare them to television, half the time digital ads mention price or price discounts or coupons or special packs or some other kind of promotion incentive. […] And you only get it about 8% of the time for television. If you give people a price incentive, you’re going to get a much faster response.“

Neben den positiven Auswirkungen auf die Loyalität der Kunden einer Marke gegenüber liegt der springende Punkt für Fulgoni auch in der Trade Promotion:

„The average [FMCG] company today is spending somewhere around two-thirds to 70% of its marketing budget on trade promotion.“ […] „The retailer spends that money somehow. Print traditionally has been the medium of choice for communicating price information. And what I think you’re seeing is the beginning of the movement of some of that spending to digital.“

Direktes Feedback mit Big Data

Unterdessen zeigen die comScore-Studien noch etwas anderes. Die Verlagerung des täglichen Lebens ins Internet, zusammen mit den immer weiter optimierten Analysemethoden immer größerer Datenmengen erlauben es, zunehmend präziser Vorhersagen über die Wirksamkeit digitaler Werbekampagnen zu machen – auch im stationären Handel. Ein Beispiel hierfür ist die Predictive Behavioral Targeting-Lösung, die Microsoft in Kooperation mit nugg.ad kürzlich bekannt gegeben hatte. Die Verantwortlichen erwarten eine dramatische Reduktion ihrer Streuverluste beim Targeting.

Über vollautomatisiertes Handelssysteme werden dabei in Echtzeit digitale Kundendaten gesammelt und ausgewertet. Sie sollen schon jetzt genau das schaffen, was lange unmöglich war: vorhersagen, ob jemand, der eine Zahnpastawerbung sieht, sich diese im Laden kauft, oder nicht.

Wie AdAge.com beispielhaft auf die vor zwei Jahren gestartete und im umfänglich gescheiterte Pepsi Refresh-Kampagne verweist, sollten solche Fälle nicht zum Anlass genommen werden, sich wieder auf traditionellere Medien zu besinnen, sondern aus den Fehlern zu lernen. Rex Briggs, Mitverantwortlicher für die Refresh-Kampagne, sieht das genauso:

„Yes, Pepsi Refresh was probably looked at from other marketers with a groan, and fear of making the same mistake in a new medium. But I think the better response is to ask: What are we doing to push the envelope and learn from what works and what doesn’t? I can guarantee you, Pepsi is better off for having made mistakes and learned from them than if they had not tried the Pepsi Refresh campaign.“

Nicht zuletzt wird er wohl auch die mangelnde Messbarkeit gemeint haben. Vor dem Hintergrund hunderter ausgewerteter Kampagnen nennt Briggs exklusive Vor- und Nachteile der FMCG-Marken. So sei das Logo als erster Eindruck einer Marke sehr wichtig. Zudem könnten FMCG-Brands oft auf einen hohen Bekanntheitsgrad bauen. Das größte Problem sei nach wie vor in dem der Trennung von Interesse und Kauf zu sehen. Kunden, die sich Online über ein Produkt informieren, sind Coupon- und Schnäppchenjäger.Dennoch tendieren sie dazu, im stationären Handel einkaufen zu gehen.

Der digitale Sektor spiele eine Rolle, wenn auch nach wie vor nicht die wichtigste, erklärt Briggs weiter. Dennoch zeichnet die untenstehende Doppelgrafik eines Vergleichs einer Automobilfirma mit einem Nahrungsmittelhersteller ein Bild, in dem Digital bald treibende Kraft werden könnte. Zumindest für die Schwergewichte der FMCG-Branche, die für den digitalen Kanal an oder jenseits der 20 Millionen Dollargrenze investieren wollen, kann dies lohnend sein.

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