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Twitter verkauft sich an Musk – Ende einer Ära
© PhotoMIX-Company, Duncan.Hull (eigenes Werk) - Wikipedia.de, CC BY-SA 3.0 (Änderungen wurden vorgenommen via Canva)

Twitter verkauft sich an Musk – Ende einer Ära

Niklas Lewanczik | 26.04.22

Es ist passiert. Ein Einzelner kauft eine der populärsten und größten Social-Media-Plattformen überhaupt. Elon Musk möchte Twitter wieder freier machen. Paradoxerweise könnte ein Exodus folgen.

Was wird sich Jack Dorsey denken. Ende 2021 verließ der Mitgründer von Twitter seinen Posten als CEO des Kurznachrichtendienstes. Wenige Monate später findet sich dieser in der Hand eines Einzelnen wieder. Elon Musks Angebot wurde vom Vorstand akzeptiert – womöglich auf Drängen der Aktionär:innen. Für 44 Milliarden US-Dollar wird Twitter verkauft; verkauft sich das Unternehmen und wird den Status als börsennotiertes Unternehmen einbüßen. Das hatte Musk angekündigt, als er den Anleger:innen 54,20 US-Dollar pro Aktie bot – deutlich mehr als die Aktie bisher wert war.

Als Eigner von Twitter möchte Tesla-Chef und Multimilliardär Elon Musk die Plattform mit neuen Features versehen und vor allem die von ihm vielfach kritisierten Unternehmensrichtlinien ändern. In seiner Kritik betonte Musk mehrfach, dass die Meinungsfreiheit auf Twitter eingeschränkt wäre. Sein Twitter soll daher eine „globale Plattform für Redefreiheit“ sein. Weniger Regulation ruft bei vielen Usern jedoch Besorgnis auf den Plan, ebenso wie Abwanderungsgedanken.

Verkauft von Twitter: Der beste Weg für Anleger:innen

In der offiziellen Pressemitteilung zum Verkauf von Twitter erklärt Bret Taylor, Vorsitzender des Twitter-Verwaltungsrats:

The Twitter Board conducted a thoughtful and comprehensive process to assess Elon’s proposal with a deliberate focus on value, certainty, and financing. The proposed transaction will deliver a substantial cash premium, and we believe it is the best path forward for Twitter’s stockholders.

Demnach war das Angebot zu gut, um es auszuschlagen. Noch vor wenigen Tagen sah es so aus, als wolle sich Twitter vehement gegen die Übernahme wehren. Doch am vergangenen Wochenende trat der Vorstand in ernsthafte Verhandlungen mit Musk. Insidern zufolge musste das Unternehmen den Bedürfnissen der Aktionär:innen Rechnung tragen. Für diese ist die Übernahme in der Tat ein guter Weg, um mehr Geld zu verdienen.

Auf die Plattform selbst kommt eine ungewisse Zukunft zu. Entsprechend vage äußerte sich Twitter CEO Parag Agrawal via Tweet:

Unsicherheit auf Twitter: Verlassen User die Plattform?

Elon Musk ist der reichste Mensch der Welt. So war es für ihn auch nicht allzu schwierig, eine Finanzierung für die milliardenschwere Übernahme auf die Beine zu stellen. Im März hatte er bereits über neun Prozent der Twitter-Anteile gekauft, nun gehört ihm das gesamte Unternehmen. Dieser Umstand allein regt zu Kritik an. Dass Musk selbst über eine Plattform bestimmen kann, die er als „digitalen Marktplatz“ zur Diskussion wichtiger Themen der Menschheit bezeichnet, besorgt diverse, auch populäre, User der Plattform.

Elon Musk selbst möchte alle User auf seiner Plattform halten, auch die größten Kritiker:innen. Das gab er selbst via Tweet bekannt. Denn das gehe ebenfalls mit der Redefreiheit einher.

Nun fürchten aber auch einige User, dass Twitter bald verbannte Accounts wieder willkommen heißen könnte. Wie den von Ex-US-Präsident Donald Trump. Dessen Konto war nach mehrfachen heftigen Verstößen gegen die Unternehmensrichtlinien, vor allem im Zuge des schändlichen Sturms auf das Capitol in Washington, D.C., 2021 endgültig gesperrt. Trump gab gegenüber FOX News allerdings bereits an, Twitter nicht mehr nutzen und seiner eigenen Plattform TRUTH treu bleiben zu wollen.

Unabhängig davon hatten viele User während der Verhandlungen von Twitter und Musk angekündigt, im Falle einer Übernahme die Plattform zu verlassen. Ob sie diesen Worten Taten folgen lassen, bleibt abzuwarten. Ebenso wie die Veränderungen, die Musk auf der Plattform umsetzen wird. Denn bei einer Aufweichung der Hate-Speech-Richtlinien wird es womöglich nicht bleiben.

Was Elon Musk mit der Plattform vor hat

Musk war vor allem ein Dorn im Auge, dass Twitter, seiner Meinung nach, manche Meinungen nicht zulasse. Die Plattform hatte in den vergangenen Jahren durch verschiedene Regelungen bestimmte Accounts, die Hate Speech teilen und gegen weitere Community-Richlinien verstoßen, gesperrt. Außerdem gab es Content-Warnungen für Tweets und heftige Konversationen. Elon Musk erklärt in der Mitteilung zur Übernahme nun:

Free speech is the bedrock of a functioning democracy, and Twitter is the digital town square where matters vital to the future of humanity are debated. I also want to make Twitter better than ever by enhancing the product with new features, making the algorithms open source to increase trust, defeating the spam bots, and authenticating all humans. Twitter has tremendous potential – I look forward to working with the company and the community of users to unlock it.

Ganz konkret hat der neue Twitter-Besitzer noch nicht dargelegt, inwieweit er Free Speech neu definieren möchte. Fraglich bleibt demnach, ob Hate Speech, Klimaleugnung und dergleichen mehr weiterhin geahndet werden oder nicht.

Neben den Richtlinien für den Content selbst sollen aber auch Änderungen an den Plattformfunktionen kommen. Zum einen möchte Musk die Twitter-Algorithmen als Open Source auslegen – auch bei Tesla setzt er auf das Prinzip Open Source. Zum anderen könnte er den langersehnten Edit Button endlich einführen. Diesen testet Twitter derzeit bereits – aber nur für den Bezahlbereich Twitter Blue.

Auf weitere, möglicherweise bahnbrechende Änderungen dürfen die User gespannt sein. Auch der Twitter-Vorstand – dessen Gehälter Musk streichen möchte –, die Mitarbeiter:innen und Anleger:innen werden die Geschehnisse rund um das Unternehmen nun gebannt verfolgen. Am 28. April stellt Twitter die ersten Quartalszahlen des Jahres vor. Einen Conference Call wird es aufgrund der Umstände nicht geben. Ein Wachstum an der Börse konnte das Social-Unternehmen im nachbörslichen Handel verzeichnen – ehe es zeitnah von der Börse genommen wird. Das und all die mit der Übernahme durch Musk einhergehenden Faktoren werden dafür sorgen, dass Twitter kaum mehr sein wird, wie es bisher war. Was das genau bedeutet, können wir schon in den kommenden Wochen und Monaten mitverfolgen.

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