Human Resources
So viele Millennials haben mindestens 2 Jobs: Warum Polyworking im Trend liegt

So viele Millennials haben mindestens 2 Jobs: Warum Polyworking im Trend liegt

Marié Detlefsen | 02.10.25

Immer mehr junge Menschen arbeiten nicht nur in einem, sondern gleich in mehreren Jobs gleichzeitig. Das sogenannte Polyworking bringt finanzielle Chancen und kreative Freiheiten, birgt aber auch die Gefahr von Überlastung.

Das klassische 9-to-5-Modell verliert für viele junge Erwachsene an Bedeutung. Immer mehr von ihnen jonglieren mit mehreren Jobs gleichzeitig – ein Phänomen, das unter dem Begriff Polyworking bekannt ist. Eine Befragung von Academized von 2.500 Millennials weltweit im Alter von 26 bis 41 Jahren verdeutlicht, wie tief dieses Modell bereits in der Arbeitsrealität verankert ist und welche Chancen und Risiken es mit sich bringt. Wir zeigen dir, warum Polyworking im Trend liegt und was dabei zu beachten ist.

Polyworking für mehr Sicherheit und Selbstverwirklichung

Laut der Studie ist Polyworking bereits bei der Mehrheit der jungen Arbeitnehmer:innen im Trend. So arbeiten 52 Prozent der Befragten in den USA neben ihrem Hauptjob in mindestens einem Nebenprojekt, während 42 Prozent aktuell keine zusätzlichen Jobs haben (sechs Prozent machten keine Angabe). Besonders auffällig ist die Intensität: Ein Drittel der Millennials balanciert sogar vier oder mehr Jobs gleichzeitig, weitere 24 Prozent drei Jobs, und 43 Prozent haben zwei parallele Einkommensquellen.

Ein Drittel der Millennials balanciert sogar vier oder mehr Jobs gleichzeitig, © Academized
Ein Drittel der Millennials balanciert sogar vier oder mehr Jobs gleichzeitig, © Academized

Doch warum betreiben so viele Millennials Polyworking? Die Gründe dafür sind vielfältig:

  • 31 Prozent sparen zusätzliches Geld, um finanzielle Rücklagen zu bilden.
  • 24 Prozent nutzen Polyworking als Möglichkeit zur Selbstentfaltung und um ihren Leidenschaften zu folgen.
  • 17 Prozent wollen neue Fähigkeiten entwickeln, die ihre Karriere langfristig stärken könnten.
  • Zwölf Prozent bauen an einer eigenen Marke oder einem kleinen Unternehmen.
  • Und immerhin neun Prozent geben an, durch die flexible Arbeitsgestaltung ihre Work-Life-Balance verbessern zu wollen.

Hierbei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es derzeit einen Mangel an Jobs für Einsteiger:innen gibt. Viele Millennials arbeiten deshalb nur in einem Teilzeitjob und müssen durch einen weiteren Job ihr Gehalt aufbessern, um Lebenskosten abdecken zu können. Dieses Phänomen kommt vor allem häufig in künstlerischen Bereichen vor, wo es zum Teil gar keine Vollzeitstellen mehr gibt. Des Weiteren lassen sich zwei Jobs sowie die darin gelernten Fähigkeiten im Lebenslauf gut sehen und zeugen in Bewerbungsgesprächen von Durchhalte- und Koordinationsverhalten sowie Fleiß.

Ein Balance-Akt zwischen Zeit und Geld

Die Mehrheit der Polyworker investiert dabei erheblich Zeit: 64 Prozent verbringen zwischen fünf und 20 Stunden pro Woche in Nebentätigkeiten, zusätzlich zu einem Vollzeitjob. Finanziell kann sich das lohnen: Im Durchschnitt verdienen Millennials durch ihre Side Hustles rund 12.689 Dollar pro Jahr. Besonders lukrative Bereiche wie Tech und Freelancing können Nebeneinnahmen von bis zu 45.000 Dollar jährlich einbringen – während einfache oder unregelmäßige Tätigkeiten nur etwa 1.200 Dollar pro Jahr abwerfen.

Im Durchschnitt verdienen Millennials durch Polyworking rund 12.689 Dollar pro Jahr mehr, © Academized
Im Durchschnitt verdienen Millennials durch Polyworking rund 12.689 Dollar pro Jahr mehr, © Academized

Für viele reduziert sich durch die Mehrarbeit tatsächlich der finanzielle Druck. So geben 41 Prozent der Befragten an, dass ihre Nebenjobs ihre Geldsorgen deutlich verringern, während 25 Prozent trotz zusätzlicher Einkünfte weiterhin starke finanzielle Belastungen spüren.

Polyworking in Europa: Deutschland an der Spitze

Auch in Europa ist Polyworking längst keine Randerscheinung mehr. 47 Prozent der europäischen Millennials betreiben mindestens eine Nebentätigkeit, fast ein Drittel davon sogar zwei oder mehr. Deutschland liegt mit 54 Prozent an der Spitze, dicht gefolgt von Großbritannien mit 49 Prozent. In Frankreich sind es 41 Prozent. Bemerkenswert: 36 Prozent der europäischen Polyworker erzielen über 10.000 Euro jährlich aus ihren Nebenjobs, und für 22 Prozent ist die Nebentätigkeit inzwischen zur Haupteinnahmequelle geworden.

Des Weiteren zeigt sich auch ein Trend bei der Geschlechterverteilung. Bei den Frauen arbeiten etwa 52 Prozent nebenbei, während es bei den Männern nur 38 Prozent tun. Der Wunsch nach Flexibilität und persönlicher Erfüllung scheint Frauen stärker in die Nebenjobs zu treiben – ein Hinweis darauf, dass Polyworking auch ein Ausdruck veränderter Rollenmuster sein könnte.


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Die Risiken von Polyworking

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: 42 Prozent der Polyworker berichten von Erschöpfung und Burn-out, bedingt durch lange Arbeitszeiten und ständige Jobwechsel. Hinzu kommt, dass 26 Prozent Spannungen in ihren privaten Beziehungen feststellen und 19 Prozent eine Verschlechterung ihrer Leistung im Hauptjob erleben. Gleichzeitig sieht ein knappes Drittel keinerlei Nachteile und empfindet das Jonglieren mehrerer Jobs sogar als bereichernd. Aus diesem Grund planen 58 Prozent der Millennials, auch langfristig mehrere Einkommensquellen aktiv zu halten. Dennoch wünscht sich etwa ein Drittel die Rückkehr zu einem klassischen Modell mit nur einem Job – vor allem aus Sorge vor Burn-out.

42 Prozent der Polyworker berichten von Burnout und 26 Prozent von Spannungen in privaten Beziehungen, © Academized
42 Prozent der Polyworker berichten von Burnout und 26 Prozent von Spannungen in privaten Beziehungen, © Academized

Wer mehrere Jobs hat, muss sich auch mit steuerlichen Pflichten auseinandersetzen. Nebenverdienste sind in Deutschland grundsätzlich steuerpflichtig und müssen in der Einkommensteuererklärung angegeben werden. Abhängig von der Höhe der Einkünfte kann es notwendig sein, ein Gewerbe anzumelden oder sich mit Umsatzsteuerfragen auseinanderzusetzen. Besonders wichtig: Freibeträge und mögliche Pauschalen (zum Beispiel für Übungsleiter:innen oder Ehrenamtliche) im Blick behalten, um nicht unnötig viel abzuführen.

Ebenso ist es immer möglich, neben einem Voll- oder Teilzeitjob eine geringfügige Beschäftigung (Minijob) anzunehmen. Hierbei müssen keine zusätzlichen Abgaben geleistet werden. Nur wer zwei Teilzeitjobs ausfüllt, muss in jedem Fall mit Verlusten rechnen und sollte sich immer Gedanken dazu machen, ob sich ein anderes Modell nicht mehr rentieren würde. Wer dauerhaft polyworkt, sollte außerdem prüfen, ob Beiträge zur Sozialversicherung fällig werden. Ein Gespräch mit Steuerberater:innen oder die Nutzung digitaler Tools zur Buchhaltung kann hier viel Ärger ersparen.

Polyworking als neues Arbeitsmodell für Millennials

Polyworking ist längst mehr als ein kurzfristiger Trend – es ist ein Spiegel einer Generation, die zwischen ökonomischem Druck, beruflicher Unsicherheit und dem Wunsch nach Selbstverwirklichung steht. Für viele junge Menschen bedeutet es Freiheit und zusätzliche Sicherheit, für andere ist es eine Dauerbelastung mit hohem Risiko für Überlastung. Klar ist: Das klassische Arbeitsmodell ist für viele junge Arbeitnehmer:innen keine lockende Option mehr, während flexible Einkommensquellen immer mehr zur Normalität werden. Entscheidend wird sein, wie Politik, Unternehmen und die Arbeitnehmer:innen selbst Rahmenbedingungen schaffen, die Chancen ermöglichen, ohne die Gesundheit aufs Spiel zu setzen.


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Dieser Beitrag erschien erstmals am 23. September 2025.

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