Human Resources
Zwischen Hitzefrust und Home-Office-Wunsch: So verhindern Unternehmen die Sommerkündigungswelle

Zwischen Hitzefrust und Home-Office-Wunsch: So verhindern Unternehmen die Sommerkündigungswelle

Marié Detlefsen | 08.07.25

Eine stille Kündigungswelle rollt durch die Büros in Deutschland – und viele Arbeitgeber:innen merken es erst, wenn der Schreibtisch leer bleibt. Warum Flexibilität, Raumgestaltung und echte Teilhabe jetzt über Bleiben oder Gehen entscheiden.

In Unternehmen kündigt sich nicht nur der Sommer an – sondern womöglich auch eine Welle der inneren Kündigungen. Eine aktuelle Analyse auf Basis der Smart-Office-Software LIZ legt nahe: Die Frustration in vielen Büros steigt mit den Temperaturen. Wer jetzt nicht auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden reagiert, riskiert Abwanderung in großem Stil. Doch woran liegt das und wie können Unternehmen gegensteuern?

Mit Flexibilität gegen die Kündigungen

Rund elf Millionen Berufstätige in Deutschland arbeiten laut aktueller Erhebungen bereits hybrid – ein Modell, das sich zunehmend zum neuen Normal entwickelt. Doch gerade in den Sommermonaten nimmt die Unzufriedenheit vieler Arbeitnehmer:innen spürbar zu. Hauptgrund: fehlende Gestaltungsspielräume. Fast jede:r Zweite zieht laut der Studie eine Kündigung in Erwägung, sollte die Möglichkeit zum Home Office gestrichen werden. Rechnet man diese Quote auf die Beschäftigtenzahl Deutschlands hoch, könnten bis zu sechs Millionen Erwerbstätige betroffen sein – ein Warnsignal, das nicht ignoriert werden darf.

Eine Mehrheit der Arbeitnehmer:innen bemängelt die fehlende Anpassungsfähigkeit von Unternehmen an ihre individuellen Lebensrealitäten. Ob Eltern, die ihre Kinder in den Ferien betreuen müssen, Berufspendler:innen, die Hitze und Zeitverlust scheuen, oder Mitarbeitende mit kreativem Output, die Ruhe und Autonomie brauchen – der Wunsch nach selbstbestimmtem Arbeiten eint viele. Ein Zwang zur ständigen Präsenz im Büro wird dabei immer häufiger als Ausdruck von Misstrauen gewertet. Franzisca Engels, Digitalisierungsexpertin und CEO von LIZ Smart Office, sagt über diese Entwicklung:

Risikofaktor Nummer eins für eine Kündigung im Sommer ist und bleibt eine Präsenzpflicht ohne eigene Gestaltungsfreiheit. In diesem Fall führt Zwang schnell zu Frust. Nicht jeder arbeitet gleich und hat dieselben Voraussetzungen, ob Single, mit Kindern oder als Workaholic. Genau wegen dieser Unterschiede ist es besonders wichtig, individuelle Muster zu erkennen und Umgebungen zu schaffen, die auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnitten sind.

Dass das Unternehmen LIZ Smart Office hybride Modelle klar befürwortet, liegt im  Business-Modell des Unternehmens begründet, welches sich darauf stützt. Allerdings lässt sich der große Wunsch nach Flexibilität der Arbeitnehmer:innen auch durch Erhebungen von anderen Unternehmen untermauern.

Frühwarnzeichen von Kündigungen erkennen

Die von LIZ analysierten Nutzungsdaten aus Büros zeigen deutlich, wie sich hybride Modelle und Demotivation im Verhalten niederschlagen:

  • In Teams, die Hybridmodelle nutzen, wird die Büro-Software bis zu 18 Prozent regelmäßiger verwendet. Hybride Modelle haben laut der Studie somit einen deutlichen Einfluss auf eine höhere Produktivität.
  • Kollaborative Räume und kreative Zonen werden in kreativen Abteilungen bis zu 30 Prozent häufiger gebucht – ein Hinweis auf aktiven Austausch und eine bessere Team-Dynamik.
  • Sinken jedoch die Buchungen von Arbeitsplätzen oder Besprechungsräumen in Büros plötzlich um mehr als 40 Prozent, kann das ein Anzeichen für stille Rückzüge sein. Arbeitnehmer:innen kommen seltener ins Büro und meiden die Arbeit außerhalb der eigenen vier Wände.

Diese Verhaltensmuster sind wichtige Frühindikatoren. In Kombination mit Mitarbeiter:innenbefragungen und Feedbackrunden ergeben sie ein umfassendes Bild über die Stimmung im Team – noch bevor Kündigungen ausgesprochen werden.


Zwischen Glück und Kündigung:

23 Prozent der Angestellten haben eine niedrige Arbeitszufriedenheit

Zwischen Glück und Kündigung: 23 Prozent der Angestellten haben eine niedrige Arbeitszufriedenheit.
© Anna Tarazevich – Pexels


Was Unternehmen konkret gegen potenzielle Kündigungen tun können

Statt auf Starrheit zu setzen, sollten Unternehmen auf folgende Faktoren achten, um Bindung und Motivation zu stärken:

1. Hybride Modelle konsequent leben

Unternehmen sollten hybride Modelle nicht einfach nur anbieten, sondern sie organisatorisch so einsetzen können, dass sie kulturell unterstützen. Klare Regeln, transparente Kommunikation und Vertrauen sind dabei entscheidend. Mitarbeitende müssen wissen, dass Flexibilität nicht geduldet, sondern gewollt ist.

2. Sommer als Chance nutzen

Die warme Jahreszeit darf nicht als arbeitsarmes Loch betrachtet werden. Vielmehr bietet sie Potenzial für kreative Formate: After Work Events, gemeinsame Mittagessen, Outdoor Workshops oder Eispausen können die Team-Kultur stärken. Die Studie zeigt: Bei solchen Aktionen steigen die Bürobesuche kurzfristig um bis zu 40 Prozent.

3. Räume bedarfsgerecht gestalten

Nicht jedes Büro muss durchgehend geöffnet bleiben. Wenn ganze Etagen leer stehen, können sie temporär geschlossen oder anders genutzt werden. Gleichzeitig sollten attraktive Einzelplätze mit Tageslicht und guter Luftqualität verfügbar bleiben – der Wunsch nach konzentrierter Arbeit im Büro ist nämlich weiterhin vorhanden.

4. Datengestützte Entscheidungen treffen

Mit smarten Tools lassen sich unter anderem Buchungsverhalten, Raumpräferenzen und Team-Dynamiken frühzeitig erkennen. Wer versteht, welche Flächen wie genutzt werden, kann gezielt Angebote schaffen – statt ins Blaue hinein zu planen.

5. Einsamkeit ernst nehmen

Gerade in den Ferienzeiten, wenn viele Kolleg:innen im Urlaub sind, droht Isolation. Wer Begegnungsmöglichkeiten schafft – sei es durch Team-Räume, Community-Bereiche oder virtuelle Kaffeepausen – stärkt das Zugehörigkeitsgefühl und verhindert stille Rückzüge.

Durch größeres Bewusstsein mehr Mitarbeitende binden

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Kündigungsbereitschaft kein vages Bauchgefühl ist, sondern oft das Produkt struktureller Versäumnisse. Wer Teams dauerhaft binden will, muss nicht nur auf äußere Faktoren reagieren – sondern verstehen, was Menschen brauchen, um motiviert zu bleiben. Flexible Modelle, Raum für individuelle Bedürfnisse und eine gute Portion Menschlichkeit sind dabei keine Extras, sondern essenziell. Denn nicht das Home Office oder das Büro an sich entscheiden über Zufriedenheit – sondern wie gut beides zusammenspielt. Andernfalls kann sich das Hushed Hybrid Phänomen in Unternehmen einschleichen. Mehr dazu erfährst du im folgenden Artikel:


Hushed Hybrid:

Wie viele Arbeitnehmer:innen heimlich im Home Office bleiben

Hushed Hybrid: Wie viele Arbeitnehmer:innen heimlich im Home Office bleiben.
© Arina Krasnikova – Pexels

Kommentare aus der Community

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*

Melde dich jetzt zu unserem HR-Update an und erhalte regelmäßig spannende Artikel, Interviews und Hintergrundberichte aus dem Bereich Human Resources.