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Hohe Nachfrage, zu wenig Inventar: Programmatic Video ist kein Selbstläufer

Hohe Nachfrage, zu wenig Inventar: Programmatic Video ist kein Selbstläufer

Ein Gastbeitrag von Tobias Wegmann | 01.06.15

Programmatic Advertising erobert den Display-Werbemarkt. Doch Programmatic Video könnte in Deutschland noch länger auf den Durchbruch warten.

Bei der Online-Displaywerbung ist es eigentlich keine Frage mehr, dass ein Großteil des Inventars (Premiumsegmente meist ausgenommen) über automatisierte Plattformen gehandelt, gebucht und abgewickelt wird. Heute Display, morgen dann schon Video, Fernsehen oder Radio? Der Charme des programmatischen Handels liegt doch gerade in seiner Fähigkeit zur optimalen Skalierung. Doch Vorsicht: Programmatic ist keineswegs überall ein Selbstläufer. Gerade bei einem stark wachsenden Segment, der Onlinevideo-Werbung, könnte in Deutschland der große Durchbruch von Programmatic noch auf sich warten lassen.

Dafür gibt es drei wesentliche Gründe: Während bei Display ein großer Angebotsüberschuss herrscht, gibt es für Online-Video einen Nachfrageüberhang. Auch die Qualität des angebotenen Video-Inventars lässt manchmal noch zu wünschen übrig. Außerdem fehlt es immer noch an den nötigen technischen Standards.

Video: Hohe Nachfrage, zu wenig Inventar

Programmatic bietet Werbungtreibenden viele Vorteile: hohe Reichweiten, eine präzisere Zielgruppenansprache, ein geringerer Streuverlust und eine automatisierte Abwicklung. Diese Faktoren haben dazu geführt, dass Programmatic Advertising sich für große Teile des Displaymarktes bereits zum Standard hin entwickelt. Doch was für Display gilt, gilt nicht automatisch für Video. Denn Online-Videowerbung befindet sich in einer ganz anderen Ausgangssituation. Die entscheidende Frage ist hier weniger die nach den technischen Möglichkeiten. Die zentrale Frage lautet: Wie viel Videoinventar kann man künftig programmatisch einkaufen? Denn anders als bei der Bannerwerbung gibt es bei Video keinesfalls ein unendliches Überangebot. Ganz im Gegenteil: Das Volumen ist überschaubar. Und was es bereits gibt, das wird auch gut gebucht. Auf den Publishern und ihren Vermarktern liegt somit keinerlei Druck. Warum sollten sie ihr Inventar in eine Handelsplattform geben (die auch ihre Marge möchte), wenn sie dafür keine besseren Preise erzielen können? Bewegtbildreichweite verkauft sich auch auf dem konventionellen Weg weiterhin recht gut. Innovation um der Innovation willen, war noch selten eine große Motivation für Vermarkter. So lange sich das Verhältnis zwischen (zu kleinem) Angebot und (im Verhältnis dazu recht großer) Nachfrage nicht ändert, gibt es keinen Druck für die Publisher Programmatic zu pushen.

Qualität und Transparenz

Unabhängig von Angebot und Nachfrage muss Programmatic Video auch beim Thema Qualität noch einige Hürden nehmen. Denn gerade bei automatisierten Buchungsabläufen ist eine hohe Qualität des Inventars das A und O für erfolgreiche Leistungszahlen und gutes Targeting. Auch passt nicht jedes Umfeld, in dem Videowerbung ausgespielt werden kann, zur eigenen Marke und dem angebotenen Produkt. Die neueste Burgerkreation passend zum Artikel über Massentierhaltung? Schlechtes Ad Placement springt dem Kunden schnell ins Auge und trägt nicht gerade zur Reputation eines Unternehmen bei. Auch kommt es selbst bei seriösen Anbietern von Video-Reichweite immer wieder zu einem irreführenden Inventarbestand. Da wird Werbung angeblich auf Seiten ausgespielt, die in Wahrheit werbefrei sind. Oder Videoviews angegeben, die die Reichweiten der Seite überschreiten. Vermarkter müssen stärker in Qualitätskontrolle investieren und ihr Inventar so genau wie möglich beschreiben, um eine maximale Transparenz der Daten und die Kontrolle von Prozessen zu garantieren. Wie viele User haben meine Video-Ad wirklich gesehen? Diese Frage stellt wohl jeder Werbekunde nach Abschluss seiner Kampagne. Sichtbarkeit sowie eine nachvollziehbare Auslieferung der Werbemittel sind weitere zentrale Kriterien in puncto Qualität. Unserer Erfahrung nach sind ein ständiges Monitoring und eine manuelle Qualitätskontrolle einfach unerlässlich, damit die eigene Werbung nicht in einem unerwarteten Umfeld auftaucht und die versprochene Leistung auch tatsächlich erbracht wird. Video-Inventar, das über Plattformen gebucht werden kann, muss die gleichen Qualitätsansprüche erfüllen, wie wir sie aus dem klassischen Media-Geschäft kennen. Plattform-Betreiber kommen nicht darum herum, einen Teil ihrer Marge in ausreichende Ressourcen für die händische Qualitätskontrolle ihrer Partner und deren Inventar zu investieren.

Keine technischen Standards

Für den großen Boom beim plattformenbasierten Videoein- und verkauf fehlen zu guter Letzt auch noch allgemein akzeptierte technische Standards. Bisher scheitert eine dynamische Aussteuerung von Videoinhalten häufig noch an plattformenspezifischen Eigenheiten. Solche Unterschiede in der technischen Infrastruktur resultieren vor allem aus dem Fehlen grundlegender Richtlinien in der technischen Umsetzung und den technischen Tücken vieler Anwendungen.  Es fehlt zum Beispiel eine praxisgerechte Umsetzung für interaktive Videoformate. Alle relevanten Umsetzungen des betreffenden Standards (er nennt sich VPAID) beruhen noch auf Adobe Flash und sind somit auf mobilen Endgeräten nicht einsetzbar, weil Flash hier kaum noch anzutreffen ist.

Es muss künftig möglich sein, Videoinventar nach festen Kriterien zu identifizieren und zu buchen. Bei  Faktoren wie Spotlänge, Frequenz oder Targetingoptionen herrscht noch Wildwuchs. Darum wird Programmatic Video in Deutschland auch nur von wenigen Videovermarktern angeboten und oft auf privaten Marktplätzen angeboten, die wiederum die automatisierten Prozesse vor allem zur internen Prozessoptimierung und Kostenreduzierung nutzen.

Keine Frage, Programmatic Advertising hat Charme – auch für Online-Videowerbung. Aber bis zum Durchbruch in Deutschland gibt es noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Und vor allem gilt es, ein ausreichend großes Angebot bereitzustellen.

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