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Performance Marketing
Privacy First: Google wird künftig keine Alternative zum Tracking mit Third Party Cookies anbieten

Privacy First: Google wird künftig keine Alternative zum Tracking mit Third Party Cookies anbieten

Nadine von Piechowski | 04.03.21

Google schafft die Cookies von Drittanbietern im Desktop Browser ab – und bietet keine vergleichbare Alternative. Stattdessen setzt der Konzern in Zukunft auf anonymisiertes Gruppen-Tracking.

Das angekündigte Ende der Third Party Cookies bis 2022 sorgte im vergangenen Jahr für viel Aufsehen in der Werbebranche. Nun stellte Google eine Alternativlösung vor, die laut dem Konzern die Privatsphäre der Nutzer:innen schützen und ein effizientes Ad Tracking erlauben soll. Einen direkten Nachfolger der Third Party Cookies gibt es dabei nicht.

„We will not build alternate identifiers“: Google verkündet Ende von individualisiertem Ad Tracking über Chrome

Zuvor meldete Google bereits Fortschritte bei der Entwicklung eines Werbe-Tracking-Systems, das dem Grundsatz „Privacy First“ folgt. Viele Advertiser hofften, dass der Konzern eine ähnlich funktionierende Alternative zum Third Party Cookie Tracking anbieten wird, die das Ausspielen von individualisierten Ads wie bisher ermöglicht. David Temkin, Director of Product Management, Ads Privacy and Trust bei Google, stellt nun in einem Blogpost klar:

[…] we continue to get questions about whether Google will join others in the ad tech industry who plan to replace third-party cookies with alternative user-level identifiers. Today, we’re making explicit that once third-party cookies are phased out, we will not build alternate identifiers to track individuals as they browse across the web, nor will we use them in our products.

Weiter erklärt Temkin, dass Marketer nicht in die Privatsphäre der Nutzer:innen eindringen müssten, um erfolgreich zu werben. Stattdessen sollen die User in Gruppen eingeteilt werden, die sich nach deren Interessen richten. So soll künftig ebenfalls effiziente Werbeschaltungen möglich sein, ohne die einzelnen Nutzer:innen digital zu verfolgen. Temkin schreibt:

[…] advertisers don’t need to track individual consumers across the web to get the performance benefits of digital advertising. Advances in aggregation, anonymization, on-device processing and other privacy-preserving technologies offer a clear path to replacing individual identifiers.

Privacy Sandbox: Datenschutzkonformes Tracking bei Google

Mit der Privacy Sandbox bezeichnet Google ein Maßnahmenbündel, das das Ad Tracking künftig ohne Third Party Cookies und die individuelle Verfolgung der Nutzer:innen möglich machen soll. Eine grundlegendes System hierfür ist  FLoC – Federated Learning Of Cohorts. Das bedeutet, personalisierte Werbung ohne Nutzer:innenprofile.

Bis dato erstellen Unternehmen über im Browser integrierte Third Party Cookies persönliche Profile der User. Diese erlauben es den Werbetreibenden, stark individualisierte Werbung an Nutzer:innen auszuspielen. Mit der Integration der Privacy Sandbox soll das Targeting direkt im Browser stattfinden. Hierfür wird der Browser-Verlauf der User mittels Hash-Werten verschlüsselt. Nutzer:innen mit ähnlichen Werten fasst Google in einer Gruppe zusammen. Dabei werden diese Hash-Werte nur teilweise mit dem Server des Tech-Konzerns geteilt. So soll es Advertisern ermöglicht werden, datenschutzkonform Ads an eine für sie relevante Gruppe auszuspielen. Werbetreibende könnten dadurch nämlich nicht mehr auf einzelne Nutzer:inneprofile zugreifen, wie es momentan der Fall ist.

Google will FLoC noch diesen Monat in Chrome integrieren

Laut Google soll noch diesen Monat damit begonnen werden, FLoC testweise in den Chrome Browser für Desktop zu integrieren. Der Konzern schreibt in einer Pressemitteilung:

Chrome beabsichtigt, FLoC-basierte Kohorten mit der nächsten Version in diesem Monat für öffentliche Tests durch Origin Trials zur Verfügung zu stellen. Wir gehen davon aus, dass wir im zweiten Quartal damit beginnen können, FLoC-basierte Kohorten mit Anzeigenkunden in Google Ads zu testen.

Google bezog sich hinsichtlich des künftigen Ad Trackings ohne Third Party Cookies zunächst nur auf den PC, nicht auf Smartphones oder Apps. Weiter können Unternehmen einzelne User auch nach dem Tracking Update des Konzern individuell ansprechen. Nämlich, wenn sie bereits über die Kontaktdaten der Nutzer:innen verfügen. Hat ein Unternehmen zum Beispiel die Gmail-Adresse eines Users, kann dieses künftig auf YouTube weiterhin individualisierte Werbung ausspielen lassen.

Googles Tracking Update: Das sagt die Branche

In der Digitalbranche sorgte Googles Ankündigung zwar für Aufsehen, verursachte aber keine vergleichbare Diskussion wie im vergangenen Jahr. Die Aktie der Werbeplattform Criteo stürzte 2020 nach der Verkündung des geplanten Same Site Updates für Chrome, das auch das Verschwinden der Drittanbieter-Cookies bekannt gab, auf ein Rekordtief. Den jetzigen Plänen Googles sieht das Unternehmen trotzdem gelassen entgegen. Gegenüber OnlineMarkeitng.de schreibt Criteo in einem Statement:

Googles Ankündigung, keinen eigenen PII-basierten Identifier erstellen zu wollen, nimmt in keiner Weise Einfluss auf Criteos Vision und Roadmap. Wir […] investieren weiterhin sowohl in unser eigenes First-Party Media-Netzwerk, als auch in Kohorten-basiertes und Contextual Advertising […]. Nutzererlaubnis und Einwilligung sind zentrale Bestandteile unserer Lösung.

Auch Heiko Staab, Director Business Development und Co-Founder von Programmatic-Advertising-Plattform Traffective, gab zu den Cookie-Entwicklungen bei Google gegenüber OnlineMarketing.de ein Statement ab:

Google setzt damit als Branchenprimus die restliche Branche […] gehörig unter Druck. Die Industrie arbeitet an Identifier-Lösungen, die auf ähnliche Technologien setzen – jedoch mit dem Ansatz, einzelne User nach wie vor individuell zu tracken. Ein Beispiel ist die Software Unified ID 2.0, welche auf E-Mail-Adressen aufsetzt. Auch die Login-Initiative NetID arbeitete mit einem solchen Ansatz. Google will per se die Möglichkeiten einer zielgerichteten Werbeauslieferung nicht abschaffen. Viel mehr wird Google die Art und Weise ändern. Vom kommenden Jahr an bedeutet das, weg vom Tracking des Einzelnen, hin zum ,predictive‘ Profil-Targeting auf Nutzergruppen.

Der CEO von Marketing-Riese Quantcast, Konrad Feldman, gab in einem Statement wiederum an:

Die Entscheidung von Google, sich von branchenweiten Identitätsinitiativen zu distanzieren, ist eine schlechte Nachricht für Publisher und Content Creators. Fast fünf Milliarden Menschen verlassen sich auf das offene Internet, um dort Zugang zu hochwertigen und vertrauenswürdigen Informationen, Nachrichten, Bildung und Unterhaltung zu erhalten. Damit würdigt Google wieder einmal mehr die Relevanz von Werbung im offenen Internet herab. Was sie tun, kommt ihren Cash Cows zugute, der Suchmaschinenwerbung und YouTube, die von diesem Schritt nicht betroffen sind. Da es im offenen Internet immer schwieriger wird, effektiv Werbung auszuliefern oder diese Effektivität von Werbung auch nur zu messen, werden mehr Werbegelder in die Kassen der Tech-Giganten fließen – auf Kosten des freien und offenen Internets.

Auch Dr. Markus Wuebben, Co-Founder und Chief Data Officer von CrossEngage, sagt:

Es ist soweit – Google macht ernst, Facebook könnte folgen. Unternehmen, die bisher nicht über eigene Kundenbeziehungen und vor allem Kundendaten (First Party Daten) und -intelligenz verfügt haben, werden massive Profitabilitätsprobleme bekommen. Viele Unternehmen werden sich vor der Pleite bewahren können – und zwar durch einen Fokus auf konsequentes Customer Lifetime Value-basiertes Kundenbindungsmanagement, welches die Privatsphäre der Kunden respektiert und auf Kundennutzen abzielt.

Sven Bornemann, der CEO von netID, wiederum erklärt:

Googles Ankündigung zeigt vor allem Eines: Das Thema Datenschutz ist jetzt auch in den USA angekommen. Die Zeit des intransparenten Trackings und Targetings geht zu Ende. Das ist ein positives Zeichen für die Nutzer und bestätigt, was sich bereits seit Jahren abzeichnet: nur datenschutzkonforme und transparente Systeme haben eine Zukunft in der Werbebranche. Allerdings stärkt Google damit auch erneut seine Marktmacht. Denn: ,First-party relationships are vital‘ – Google ist nun mal auch die größte ,First Party‘ der Welt und gleichzeitig Betreiber der zukünftigen Werbeplattform Privacy Sandbox. Umso wichtiger ist es jetzt, die eigenen direkten Nutzer- und Kundenbeziehungen weiter auszubauen.

Welche Auswirkungen das Wegfallen der Third Party Cookies 2022 tatsächlich für die Werbeszene haben wird, wird sich erst noch zeigen. Wir sind gespannt, welche Innovationen und Alternativlösungen hier noch auf die Digitalbranche zukommen.

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