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10 Thesen für das Marketing 2015: Von Störchen und Zweithirnen
CeBIT 2015, Quelle: Deutsche Messe

10 Thesen für das Marketing 2015: Von Störchen und Zweithirnen

Ralf Scharnhorst | 18.03.15

Traditionell zur CeBIT präsentiert Ralf Scharnhorst seine zehn Denkanstöße für jeden Marketer.

1. Die Trends werden größer, die Neuheiten kleiner

Das Internet hat die Medienbranche vollständig umgewälzt. Und jetzt “disrupted” es alle anderen Branchen. Das bedeutet für das Marketing in 2015: keine Revolutionen.

Frühere Innovationen wie der erste AdServer waren schnell beschlossen und dann in einer Abteilung umgesetzt. Seit einigen Jahren bohren wir dickere Bretter: Big Data und Social Media betrifft viele Abteilungen und braucht mehr Zeit.

2. Die Geschichte vom Storch: Big Data verwechselt noch Korrelation mit Kausalität

Erstes Semester Statistik. Mein Professor fragt: „In einem Dorf haben sich gleichzeitig die Geburten und die Anzahl der Störche verdoppelt – was beweist uns das?“

Viele Big-Data-Anwendungen sind noch auf diesem Entwicklungsstand.

Der Begriff „statistische Zwillinge“ ist zum Unwort geworden. Denn nicht soziodemografische Ähnlichkeiten oder die Nutzung gleicher Websites macht eine Zielgruppe aus, sondern der gleiche Bedarf und die gleiche Verwendung eines Produkts.

3. Online-Vermarktung findet in den USA statt

Wir haben keine genauen Zahlen für den deutschen Markt. Aber wir können davon ausgehen, dass Facebook der zweitgrößte Online-Vermarkter in Deutschland ist – nach Google.

Die mächtigsten Daten über den User haben Google, Facebook, ebay, Amazon, Microsoft und Apple. Sie kaufen eher AdImpressions hinzu, um sie mit ihren Daten zu veredeln als ihre Daten einzeln zu verkaufen.

Für deutsche Publisher, Vermarkter und Daten-Händler bleiben nur Marktlücken als Spezialisten.

4. Werbung an Zweithirn

„Wir können uns künstliche Intelligenz vorstellen als Weiterentwicklung der Auto-Complete-Vorschläge unserer Smartphone-Tastatur“, sagte Ben Medlock, Mitgründer von SwiftKey. Und ergänzt: „Why not let your phone suggest what you might want to do?“ Zukünftig müssen Marken nicht nur beim Konsumenten „Top of Mind“ sein, sondern auch bei seinem Zweithirn in der Hosentasche. Das geht nicht mit Aufdringlichkeit, sondern nur mit Relevanz.

Stellen wir es uns zunächst vor als Suchmaschinen-Marketing 2.0.

CeBIT 2015, Quelle: Deutsche Messe
CeBIT 2015, Quelle: Deutsche Messe

5. Mobile spendings first

Die Internet-Weltkonzerne haben ihre Strategie „mobile first“ inzwischen umgesetzt. Facebooks Werbeinnahmen wachsen fast nur noch im mobilen Bereich. Die Werbekunden hinken hinterher – auch weil sie denken, dass der User am mobilen Endgerät keine aufwändigen Registrierungen oder Einkäufe tätigen will.

Aber das Über-Angebot an mobilen Werbeflächen senkt den Preis so weit, bis sich schlechtere Conversion Rates dadurch wieder ausgleichen. Und mobile Traffic ist nicht gleich mobile Traffic: der Tablet-User auf dem Sofa hat mehr Zeit als am Desktop-PC. Unterwegs auf dem Smartphone dagegen nervt Werbung maximal. Deshalb werden sich die mobile Ad Spendings auch nie proportional zu der Zeit entwickeln, die der User mit dem Medium verbringt – Radiowerbung hat das auch nie geschafft.

6. Dienstleister müssen sich neu definieren

„Kein Mensch braucht Media-Agenturen.“ wettert ein Werber gegen die großen Media-Netzwerke. Große Werbungtreibende bauen intern Kompetenzen auf, weil Kundendaten näher an ihrem Kerngeschäft sind als bunte Bilder.

Einen Daten-Partner auszuwählen und später zu wechseln, fällt viel schwerer als eine Werbeagentur. Um so mehr Vertrauen ist notwendig – das einige Marktteilnehmer weiter verspielen durch Intransparenz. Die Antworten der älteren Agenturen: „Uns wird es immer geben.“ Die jüngeren Agenturen dagegen: „Wir nennen uns nicht mehr Agentur.“ Fassen wir zusammen: Dienstleister wird es immer geben, wenn sie genau das leisten: einen Dienst, den sie nachhaltig besser können als andere.

7. Retargeting ist für Feiglinge

Seit sich die Customer Journey des Users vom ersten Interesse bis zum wiederholten Kauf messen lässt, wird diskutiert, an welcher Stelle wie stark in einen zusätzlichen Kontakt investiert werden soll.

Selbstverständlich bringt ein zusätzlich investierter Euro für den User am Warenkorb mehr als für einen desinteressierten User in freier Wildbahn. Aktuelle Technologien lassen enorme Optimierungen zu, sobald der Werbungtreibende genügend Daten bei sich über den User gesammelt hat – wozu er möglichst weit im Kaufprozess fortgeschritten sein muss. Der neueste Trend ist die Spezialisierung der Kampagne auf Bestandskunden anhand von CRM-Daten.

Was dabei übersehen wird: wer keine Neukunden gewinnt, verschenkt Marktanteile an die Konkurrenz. Die Herausforderung ist also, Daten am Beginn der Customer Journey nutzbar zu machen. Hier steckt das größte Optimierungs-Potential.

8. Ein Bio-Siegel für Daten

Wer nicht im eigenen Saft schmoren will, muss Daten nutzen, die er nicht als Werbungtreibender selber generiert hat. Der Markt für Daten muss sich aber noch weiter entwickeln. Käufer brauchen Transparenz, wie die Daten generiert werden. Und oft ist das Haltbarkeitsdatum abgelaufen, weil der User schon woanders gekauft hat.

9. Mehr Vielfalt bei den Formaten

„Das Internet war das erste Medium, für das keine neue Werbeform erfunden wurde“, schreibt Thomas Koch. Ich habe zwar noch kein klickbares, animiertes Bild in einer Zeitung gesehen, aber der Kern ist wahr: wir müssen das Format der Werbung mehr dem Umfeld und den Interessen des Users anpassen, um seinem Desinteresse, seiner Reaktanz und den AdBlockern zu entkommen.

Die Vielzahl kleiner Publisher brauchte den Banner-Standard. Die größten Plattformen wie Facebook und Twitter haben den Mut, eigene Formate zu entwickeln und dem Bildschirm am Desktop-PC oder Smartphone anzupassen. Was kommt nach Facebook? Instagram, LinkedIn und Xing haben noch nicht „ihre“ Werbeformen gefunden und etabliert.

Spannend wird jetzt, wie sich Standards für Content Advertising entwickeln, damit dieser Kanal auf CPC-Basis verauktioniert werden kann.

10. Mehr Kreativität

Sie kennen die enttäuschende Antwort auf die Frage: „Und wann haben Sie das letzte mal auf einen Banner geklickt?“. Aber viel mehr geht es bei jedem einzelnen User und jedem einzelnen Banner um die Frage: „Weshalb sollte der User darauf klicken?“.

Das entscheidet nicht nur die Media-technische Steuerung, sondern vor allem der kreative Inhalt.
Eine große Idee kann helfen, die Wirkung des Mediabudgets durch Klicks und Shares zu vervielfachen. Viele kleine Ideen in einem Konzept zusammengefasst helfen, die Kampagne den Interessen des Users anzupassen und automatisiert zu optimieren.

Und das heißt nicht, dass die Media-Steuerung nicht kreativ sein darf.

Und was meinen Sie? Diskutieren Sie mit hier in den Kommentaren!

Kommentare aus der Community

Tobias Edenhofer am 16.06.2015 um 19:42 Uhr

Guter Artikel, schöne Auflistung und ein ein Lob an das qualitativ sehr hochwertiges Bild des Herrn Scharnhorst ;)

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