Human Resources
Was sind Forever Layoffs? Der neue Kündigungstrend und seine Folgen für Arbeitnehmer:innen

Was sind Forever Layoffs? Der neue Kündigungstrend und seine Folgen für Arbeitnehmer:innen

Marié Detlefsen | 19.11.25

Kleine, kaum sichtbare Kündigungswellen, die sogenannten Forever Layoffs, verändern gerade still und tiefgreifend den Arbeitsmarkt. Erfahre, warum der permanente Stellenabbau Unternehmen erschüttert und Arbeitnehmer:innen verunsichert wie nie zuvor.

Der deutschsprachige Arbeitsmarkt blickt einem Jahr entgegen, das von einem Phänomen geprägt sein dürfte, das bislang vor allem in Expert:innenkreisen diskutiert wurde: dem sogenannten Forever Layoff. Gemeint ist damit ein Trend zu kleinen, aber regelmäßig wiederkehrenden Entlassungsrunden, eine Art dauerhafte Schrumpfung der Belegschaft, die weder große Schlagzeilen noch sichtbare Zäsuren erzeugt, aber dennoch tief in die Unternehmenskultur einschneidet.

Während früher vor allem massive Entlassungswellen für kollektive Verunsicherung sorgten, dominieren heute die vielen kleinen Schnitte. Und genau darin liegt die Gefahr: Ein Unternehmen, das fortlaufend Personal entlässt, sendet ein permanentes Signal der Instabilität. Die aktuelle Glassdoor-Studie zum Arbeitsleben 2026 zeigt, welche Spuren dieser Trend bereits hinterlässt und warum Arbeitnehmer:innen auch im kommenden Jahr auf eine unsichere und angespannte Zeit zusteuern.

Forever Layoffs – kleine Entlassungen werden zur Norm

Laut der Studie machen Entlassungen, die weniger als 50 Personen in einem Unternehmen betreffen, im Jahr 2025 bereits 51 Prozent aller gemeldeten Kündigungen aus. 2015 waren es lediglich 38 Prozent. Dieser kräftige Anstieg innerhalb einer Dekade wirkt zunächst harmlos, weil große Schlagzeilen ausbleiben. Doch gerade die Unsichtbarkeit dieser Veränderungen macht sie so brisant.

2025 bestehen bereits 51 Prozent aller gemeldeten Kündigungen, aus Entlassungen, die weniger als 50 Personen betreffen, © Glassdoor
2025 bestehen bereits 51 Prozent aller gemeldeten Kündigungen, aus Entlassungen, die weniger als 50 Personen betreffen (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Glassdoor

Unternehmen setzen zunehmend auf diese „Mini-Kürzungen“, um Personal abzubauen, ohne die volle Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit oder der eigenen Belegschaft auf sich zu ziehen. Die Studie spricht deshalb von einem „never-ending layoff cycle“, also einem nicht endenden Entlassungsmodus, der sich schleichend durch die Organisationen frisst.

Für Arbeitnehmer:innen bedeutet das: Die Gefahr einer Entlassung ist stets als dauerhafter, unterschwelliger Druck präsent. Jede neue Woche kann theoretisch zur nächsten kleinen Kürzungsrunde werden. Der Gedanke „Bin ich vielleicht als Nächste:r dran?“ wird dadurch zur alltäglichen Dauerfrage.

Forever Layoffs führen zu Dauerstress und Misstrauen

Bereits frühere Untersuchungen von Glassdoor haben gezeigt, dass die emotionale Erholung nach Entlassungen lange dauert. Laut älteren Daten benötigen Arbeitnehmer:innen mehr als zwei Jahre, um nach einer Kündigungsrunde wieder ein normales Stimmungsniveau zu erreichen. Wenn jedoch keine Ruhephase mehr eintritt, weil regelmäßig neue Stellen wegfallen, verstärkt sich diese Wirkung.

Die Folge: Verunsicherung wird zum Dauerzustand. Laut den Ergebnissen berichten Mitarbeitende häufiger von wachsender Angst vor Arbeitsplatzverlust, Misstrauen gegenüber dem Management, Belastung durch zusätzliche Aufgaben der ausgeschiedenen Kolleg:innen und dem Gefühl, jederzeit rechtfertigen zu müssen, warum der eigene Job noch existiert. Daniel Zhao, Chefökonom von Glassdoor, sagt hierzu:

Die Mitarbeiter sind von den emotionalen Achterbahnfahrten der vergangenen sechs Jahre völlig überfordert. Auf dem Höhepunkt der Pandemie waren Führungskräfte transparent und zeigten sich verletzlich. Jetzt verfallen viele wieder in die übliche Unternehmenssprache, und die Mitarbeiter haben nicht mehr das Gefühl, dass ihre Führungskräfte sie unterstützen.


Bewerbungen auf nicht existierende Stellen:

Knapp 30 Prozent aller Stellenausschreibungen sind Ghost Jobs

Bewerbungen auf nicht existierende Stellen: Knapp 30 Prozent aller Stellenausschreibungen sind Ghost Jobs
© Liza Summer – Pexels


Hinzukommt, dass diese Unsicherheit in den vergangenen Jahren stetig angestiegen ist. So liegen die Erwähnungen von Entlassungen und Jobunsicherheit in Glassdoor-Bewertungen Ende 2025 bereits über dem Niveau von März 2020, also dem Peak der pandemiebedingten Turbulenzen. Das zeigt, wie sehr sich die Stimmung zuletzt verdichtet hat.

Je mehr Entlassungen stattfinden, desto größer wird die Unsicherheit der Arbeitnehmer:innen, © Glassdoor
Je mehr Entlassungen stattfinden, desto größer wird die Unsicherheit der Arbeitnehmer:innen (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Glassdoor

Aktuell treffen entlassene Arbeitnehmer:innen auf einen Arbeitsmarkt mit verringerten Neueinstellungen. Weniger offene Stellen bedeuten längere Suchphasen und geringere Entscheidungsspielräume. Unternehmen wissen um diesen Markt und setzen die Gelegenheit offenbar strategisch ein: Kleinere Entlassungsrunden lassen sich leichter verkraften, wenn die Wahrscheinlichkeit einer schnellen Anschlussbeschäftigung ohnehin gering ist.

Zugleich erleben viele Branchen tiefgreifende Umbrüche, etwa durch KI-Automatisierung, Konsolidierungen im Mediensektor oder einen enorm gesteigerten Leistungsdruck aufgrund makroökonomischer Umwälzungen. Das Ergebnis ist ein Umfeld, in dem Personalabbau nicht nur eine kurzfristige Einsparmaßnahme ist, sondern als dauerhafte Anpassungsstrategie genutzt wird.

Was bedeuten Forever Layoffs für Arbeitnehmer:innen 2026?

Der Trend zu Forever Layoffs wird die Arbeitswelt langfristig prägen. Beschäftigte müssen sich auf mehrere Entwicklungen einstellen:

1. Kontinuierliche Unsicherheit statt punktueller Schocks

Statt einmaliger großer Entlassungswellen werden kleine, regelmäßige Abbaurunden zum Normalfall und die Jobstabilität verliert an Vorhersagbarkeit.

2. Mehr Verantwortung bei kleinerer Belegschaft

Wer bleibt, trägt oft die Aufgaben der gegangenen Kolleg:innen – häufig ohne zusätzliche Ressourcen.

3. Sinkendes Vertrauen in Führungskräfte

Wenn unklar bleibt, nach welchen Prinzipien gekürzt wird, entsteht Misstrauen. Führungskultur rückt damit stärker ins Zentrum als zuvor.

4. Höhere emotionale Belastung

Die Achterbahnfahrt der letzten Jahre (Pandemie, Turbulenzen im Technologiesektor, Umstrukturierungen) setzt sich fort und erschöpft viele Arbeitnehmer:innen nachhaltig. Es kommt zu einer höheren emotionalen Belastung der Belegschaft.

5. Arbeitsmarkt mit geringeren Wechselchancen

Wer seinen Job verliert, trifft auf ein schwierigeres Umfeld. Gleichzeitig bleibt vielen Ungekündigten der Gedanke im Kopf, dass ein Wechsel genauso riskant sein kann wie ein Verbleib.

Kommunikation und Unternehmenswerte rücken in den Vordergrund

Der Trend der Forever Layoffs zeigt sich in Zahlen, aber noch stärker in Stimmungen: Angst, Misstrauen und Überforderung prägen immer häufiger die Erfahrungsberichte von Arbeitnehmer:innen. 2026 dürfte dieser Dauertrend eine zentrale Herausforderung für Unternehmen sein. Wer das Vertrauen seiner Belegschaft nicht langfristig verlieren will, wird neue Wege finden müssen, offen zu kommunizieren, Stabilität zu vermitteln und echte Unterstützung anzubieten – selbst dann, wenn Sparmaßnahmen unvermeidbar sind. Denn gerade in unruhigen Zeiten entscheidet nicht die Größe eines Stellenabbaus über die Kultur eines Unternehmens, sondern die Art, wie er kommuniziert und begleitet wird.


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