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Human Resources
Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten steigt: Wunsch nach weniger Stunden wird größer

Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten steigt: Wunsch nach weniger Stunden wird größer

Marié Detlefsen | 30.08.23

Von der 4-Tage-Woche bis zur flexiblen Gestaltung – wie verändert sich die Arbeitslandschaft? Eine neue Studie des Statistischen Bundesamtes zeigt die Veränderungen in den Wochenarbeitszeiten. Während Vollzeitarbeiter:innen weniger Stunden arbeiten, zeigt sich bei Teilzeitbeschäftigten ein entgegengesetzter Trend.

Immer mehr Menschen wünschen sich eine 4-Tage-Woche und flexiblere oder gar insgesamt kürzere Arbeitszeiten. Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz hat in den vergangenen Jahren abgenommen und hohe Stressbelastungen führen zu immer mehr Quiet Quittern. Doch wie viel, beziehungsweise wie lange, arbeiten Menschen durchschnittlich in Deutschland überhaupt? Eine neue Studie des Statistischen Bundesamt (Destatis) hat nun Zahlen veröffentlicht, die zeigen, wie viele Stunden Teil- und Vollzeitbeschäftigte durchschnittlich pro Woche arbeiten: Während die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten sinkt, ist der Stundenaufwand bei Teilzeitbeschäftigten gestiegen.

Anzahl an Beschäftigten und Arbeitsstunden steigt

Die durchschnittliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten sank insgesamt von 40,6 Stunden im Jahr 2010 auf genau 40 Stunden im Jahr 2022. Die Daten beziehen sich allerdings auf Arbeitnehmer:innen, die in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen tätig sind. Hierzu zählen Personen, die sozialversicherungspflichtig angestellt sind, sowie solche, die ausschließlich eine geringfügige Entlohnung erhalten. Im Gegensatz dazu verzeichnete die Arbeitszeit der abhängig beschäftigten Teilzeitkräfte eine Steigerung. Im vorangegangenen Jahr lag ihre durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit bei 21,2 Stunden, was einer Zunahme im Vergleich zu 2010 entspricht. Damals belief sich die durchschnittliche Arbeitszeit pro Woche auf 18,4 Stunden.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Anzahl der Vollzeitbeschäftigten von 2010 bis 2022 zugenommen hat. Laut Angaben von Destatis stieg diese Zahl um sieben Prozent auf 27,2 Millionen Menschen. Allerdings trug die Teilzeitarbeit mit einem Anstieg um 28 Prozent mehr zum gesamten Wachstum der Beschäftigten bei. Die Studie verdeutlicht zudem eine steigende Tendenz von Frauen und Männern, die in Deutschland in Teilzeit arbeiten. Die Anzahl hat sich von knapp 9,2 Millionen Menschen im Jahr 2010 auf knapp 11,8 Millionen im Jahr 2022 erhöht. Bei Frauen betrug dieser Anstieg 22 Prozent. Bei Männern hingegen verzeichnete man sogar einen Anstieg von 53 Prozent. So arbeiteten 2022 knapp 2,6 Millionen Männer und etwa 9,2 Millionen Frauen in Deutschland in Teilzeit. Dabei lässt sich bereits eine Tendenz erkennen, die zum Teil mit der Gender Pay Gap und einer hohen Belastung von Frauen im Kontext der ungleichen Verteilung von Care-Arbeit zusammenhängt.

Unfaire Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit

Die Zahlen deuten auch auf einen Wandel auf dem Arbeitsmarkt hin. Zwar wächst die Anzahl abhängiger Beschäftigter, dennoch machen Teilzeitangestellte einen großen Anteil davon aus. Dies könnte ein Zeichen dafür sein, dass einige Vollzeitstellen in Zukunft durch Teilzeitjobs ersetzt werden. Insbesondere Frauen greifen dabei immer mehr auf Teilzeitangebote zurück, um sich neben dem Job noch um die Kinder kümmern zu können. Diese ungleiche Verteilung der Erwerbsarbeit zwischen Männern und Frauen lässt kaum Spielraum für eine faire Aufteilung der Sorgearbeit unter Eltern. Dieser Ansicht ist auch Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI). Zu den neuen Erkenntnissen sagt sie gegenüber der Tagesschau:

Wer möchte, dass Frauen weniger in Teilzeit arbeiten, auch um dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen, muss die Vollzeit so ausgestalten, dass sie mit Sorgearbeit vereinbar ist. Denn das ist eine Voraussetzung dafür, Erwerbs- und Sorgearbeit fairer zu verteilen und damit die Erwerbstätigkeit von Frauen zu erhöhen

Arbeitnehmer:innen wünschen sich kürzere Arbeitszeiten und 4-Tage-Woche

Auch viele andere Arbeitswissenschaftler:innen sind sich darin einig, dass es bei durchschnittlich 40,0 Stunden Vollerwerbstätigkeit durchaus Spielräume für eine Verkürzung der Arbeitszeit gebe. Dies spiegelt sich auch in den Wünschen und Forderungen von Angestellten wider: Schon seit Langem wird deutlich, dass sich immer mehr Arbeitnehmer:innen kürzere Arbeitszeiten wünschen. Im März zeigte bereits eine repräsentative HDI-Befragung, dass fast jede:r zweite Vollzeitbeschäftigte (48 Prozent) einen Teilzeitjob anstrebt. Auch der Wunsch nach der 4-Tage-Woche ist bei vielen präsent: Drei Viertel der Beschäftigten in Deutschland würden die Umstellung von einer Fünf- auf eine Vier-Tage-Woche ohne Gehaltseinbußen befürworten. Dabei hegen insbesondere jüngere Menschen den Wunsch nach neuen und flexibleren Arbeitsmodellen. Viele aus der Gen Y und Gen Z wollen keine 40-Stunden-Woche mehr, da sie sich mehr Zeit für die Familie, die Pflege von Angehörigen und ehrenamtliches Engagement wünschen. Die Einführung einer 4-Tage-Woche würde dabei nicht nur Vorteile für Mitarbeiter:innen bringen, sondern auch für Unternehmen, denn das neue Arbeitsmodell lockt viele Bewerber:innen an: Rund ein Drittel aller Beschäftigten in Deutschland würde bei der Jobsuche ein Unternehmen bevorzugen, dass diese Arbeitsform anbietet. Dies verdeutlicht, dass sich das neue Konzept nicht nur für Mitarbeitende, sondern auch für die Unternehmensseite und das Recruitment lohnen kann.

Allerdings wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis sich das Modell fest in Deutschland etabliert hat, denn hierzulande wird in vielen Bereichen weiterhin mehr gearbeitet als vereinbart. Die Zahl der Überstunden ist weiterhin hoch. So wurden im vergangenen Jahr 583 Millionen bezahlte und 702 Millionen unbezahlte Überstunden gemacht. Diese entsprechen etwa 809.000 Vollzeitstellen. Umgerechnet leistete somit jede:r Arbeitnehmer:in etwa 31 Überstunden in 2022. Langfristig gesehen ist die Zahl der Überstunden zwar gesunken, aber die hohe Summe verdeutlicht weiterhin einen Trend, der auch unbezahlte Mehrarbeit im Arbeitsleben fordert. Unternehmen sollten daher anfangen, sich neue Konzepte und Zeitmodelle zu überlegen, um Mitarbeitende langfristig halten zu können.


Trotz leichtem Rückgang:

Über 700 Millionen unbezahlte Überstunden in Deutschland

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