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9 Führungskräfte der Branche bewerten die Marketing-Szene in Coronazeiten

9 Führungskräfte der Branche bewerten die Marketing-Szene in Coronazeiten

Niklas Lewanczik | 25.06.20

Die Coronakrise hat die digitale Marketing-Welt auf den Kopf gestellt. Verluste und Frust stehen dabei krassen Umsatzsteigerungen und neuen Potentialen gegenüber. Fachkräfte schätzen die Auswirkungen für verschiedene Bereiche für uns ein.

Es ist viel geschrieben, viel diskutiert worden über die Entwicklungen, die der Online-Werbemarkt angesichts der Coronapandemie erfahren hat – oder die ihm noch bevorstehen. Cases und Studien wurden herangezogen, je nach Branche waren die Effekte deutlich spürbar. In Kooperation mit der Agentur schoesslers haben wir neun Fachkräften aus der Branche auf den Zahn gefühlt und nachgefragt, wie die Krise ihre spezifischen Kerngebiete beeinflusst hat oder beeinflussen könnte. Dabei haben wir ganz praxisnahe Antworten für Entwicklungen erhalten, die sich auf Kontexte vom Affiliate Marketing oder Social Advertising bis hin zur Videowerbung beziehen. In der Folge präsentieren wir dir die neun eindrücklichen Aussagen im Rahmen der verschiedenen Marketing-Bereiche.

„Von Hilflosigkeit bis zu Optimismus“ – Das sagt die Branche im Detail

Die Coronakrise würde deutliche negative Auswirkungen auf die gesamte Digitalbranche haben, diese Befürchtung gaben zahlreiche Marketing-Verantwortliche bereits Anfang April 202 in einer Umfrage des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) an. Demnach rechneten 98 Prozent der Befragten mit Umsatzeinbußen aufgrund der Krise, die im Jahr 2020 bei durchschnittlich 32 Prozent liegen sollten. Allerdings zeigte sich in der Umfrage ebenfalls, dass gut zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) davon ausgingen, dass die Digitalbranche weniger stark von der Krise betroffen sei als andere Branchen.

BVDW Umfrage: Digitalwirtschaft weniger stark von Coronakrise betroffen, (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © BVDW
BVDW Umfrage: Digitalwirtschaft weniger stark von Coronakrise betroffen, (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © BVDW

Neben einigen Hiobsbotschaften konnten sich im Digitalbereich immerhin auch Bereiche herausstellen, die trotz der Krise Erfolgserlebnisse verzeichneten. So haben es diverse Unternehmen dank Affiliate-Programmen geschafft ihren Umsatzzuwachs im Frühjahr 2020 gegenüber dem Frühjahr 2019 um bis zu 400 Prozent zu steigern. Denn insbesondere der E-Commerce hat profitiert, während vor allem lokale Geschäfte noch zu kämpfen haben. Laut einem aktuellen Adjust-Bericht ist etwa das Engagement in Shopping Apps im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent gestiegen. Gleichzeitig sanken hier die Akquisekosten.

Graph: Rückgang der Akquisekosten für Shopping App User
Rückgang der Akquisekosten für Shopping App User, © Liftoff, Adjust

Paul H. Müller, Co-Founder und CTO von Adjust, fasste die unterschiedlichen Auswirkungen bezogen auf den E-Commerce und die dort operierenden Werbetreibenden bereits zusammen:

Die gesamte E-Commerce-Branche hat in den ersten Märzwochen einen kleinen Schock erlitten, als aufgrund der Covid-19-Pandemie die Werbeausgaben deutlich zurückgefahren worden. Im April hat sich die Branche wieder erholt und es wurde verstärkt in Re-Targeting und Re-Engagement investiert, um neue Kunden wieder in den Funnel zu bringen und Bestandskunden zu halten.

Um die vielfältigen Effekte, die die Coronakrise auf verschiedenste Bereich des Online Marketing haben mag, noch detaillierter zu beleuchten, liefern wir euch in der Folge neun Aussagen von Führungskräften aus ganz unterschiedlichen Ecken der digitalen Werbewelt.

1. Affiliate Marketing: Marc Hundacker, Managing Director, Awin DACH

Marc Hundacker

Trotz der Coronapandemie und der damit gekürzten Marketingbudgets können wir in unserem globalen Affiliate-Netzwerk eine erhöhte Neuregistrierungsrate verzeichnen: So stieg die Anzahl der Publisher-Bewerbungen ab Mitte März 2020 um 150 Prozent – im Vergleich zu den durchschnittlichen Neuregistrierungen im Januar und Februar dieses Jahres. Natürlich ist die Entwicklung auch im Affiliate Marketing industriespezifisch verschieden: So pausieren insbesondere Partner aus dem Travel-Bereich ihre Werbekampagnen auf breiter Ebene. Im Finanzbereich zeigt sich, dass es abhängig davon ist, welche Produkte beworben werden. Klarer Wachstumstreiber ist vor allem Retail, wo 95 Prozent der Kampagnen weitergeführt werden. Zudem sehen wir, dass die globalen Provisionen im April 2020 um 25 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum lagen. Ein Grund hierfür ist vor allem das erhöhte Aufkommen von Online-Bestellungen wegen der Pandemie und des Lockdowns. Generell und anhand dieser Zahlen können wir sagen, dass Affiliate Marketing durchaus krisensicher ist. Die Gründe: Im Marketing Mix schlagen gerade in Krisen allgemein die Abverkaufs- und die Image Investments. Und im Speziellen werden im Affiliate Marketing Sales mit einem hohen ROI erzielt. Außerdem müssen Advertiser nur dann Provision an Publisher ausschütten, wenn eine Bestellung von einem Verbraucher aufgegeben und nicht retourniert wurde. Das macht das Affiliate Marketing einzigartig.

2. Location Marketing: Dirk Henke, Chief Revenue Officer, Factor Eleven

Dirk Henke

Wir beobachten bei unseren Kunden eine sehr gemischte Stimmung, von teilweiser Hilflosigkeit bis hin zu Optimismus. Vor allem die Tourismus-Branche hat es hart getroffen, während zum Beispiel der Handel durch seine Nähe punktet. Die allererste Reaktion auf die Pandemie war bei vielen Kunden, erstmal alle Kampagnen über sämtliche Gattungen hinweg zu stornieren, weil viele Kampagnen inhaltlich einfach nicht mehr passen, insbesondere Ankündigungen für Aktionen und Veranstaltungen vor Ort. Flexibilität und Schnelligkeit waren die Gebote der Stunde. Das bedeutete, in den proaktiven Dialog zu gehen und regionale Aktionskampagnen in Windeseile auf die unterschiedlichen Regelungen der jeweiligen Bundesländer anzupassen. Umso wichtiger wurden hierbei performanceorientierte, regional ausspielbare Kampagnen mit hohem Werbedruck in kürzester Zeit.

3. Location Marketing: Norman Rohr, Senior Vice President Marketing, Uberall

Norman Rohr

Die Krise hat uns gelehrt, dass Unternehmen ganz nah beim Menschen sein müssen, um als Marke in guter Erinnerung zu bleiben. Mehr denn je brauchen Konsumenten heutzutage Klarheit und Sicherheit. Marken müssen Empathie zeigen und leben. Das beginnt schon dabei, wenn Kunden beispielsweise online nach aktuellen Hinweisen zu einem Geschäft in der Nähe suchen. Bekommen sie diese Informationen auch? Reagiert das Unternehmen bei Kundenfragen und unterstützt es seine Community in schwierigen Zeiten? Solche und auch viele weitere Aspekte der Kundenkommunikation und -interaktion sind deutlich wertvoller, als kurzfristig Profite aus der Krise zu schlagen. Denn nur wenn eine Marke ihr menschliches Gesicht zeigt, schafft sie eine nachhaltige Grundlage für Kundenkommunikation und Brand Experience – und das auch über die Krise hinaus.

4. Marketing Intelligence: Michael Diestelberg, VP Product & Marketing, Mapp

Michael Diestelberg

Als Reaktion auf die Corona-Krise registrieren wir ein gesteigertes Interesse an unseren Customer-Intelligence-Lösungen. Insight-basierte Analysen ermöglichen eine gezielte und langfristige Kundenaktivierung durch Personalisierung. Besonders digitale Publisher, aber auch Online-Händler konnten in den letzten Monaten von einem deutlichen Traffic-Anstieg profitieren und stehen nun vor der Herausforderung, Interessenten dauerhaft zu binden und regelmäßige Konversionen anzustoßen. Branchenübergreifend zeigt sich, dass in Folge gekürzter Budgets im digitalen Marketing die Kriterien der Effektivität und Kosteneffizienz von Kampagnen stärker in den Vordergrund rücken. Marketer sind deshalb gut beraten, ihre Strategien neu auszurichten und stärker auf datenbasierte Ansätze zu fokussieren. Das größte Potenzial sehe ich bei Unternehmen, die Streuverluste durch Marketing Analytics vermeiden und eine ganzheitliche Cross-Channel-Strategie realisieren.

5. Marketing Intelligence: Maximilian Weigel, Managing Director Germany, Verizon Media

Maximilian Weigel

Covid-19 stellt uns vor eine neue Realität und verändert auch den deutschen Werbemarkt maßgeblich. Dies führt bei vielen Werbetreibenden zu Verunsicherung: Werbebudgets werden zurückgehalten, das Verhalten von Marktbegleitern wird genauestens analysiert, die Kommunikation ist vorsichtig und zögerlich. Beim Umgang mit Kunden wird deutlich, dass es für Marketer jetzt darauf ankommt, einen stringenten Ansatz zu haben, denn Verbraucher erwarten von Marken gerade jetzt eine konsistente Kommunikation von wertvollen Inhalten, die informieren und unterhalten. Werte und Einstellungen der Verbraucher haben sich gewandelt. Besonders Vertrauen erfährt in der aktuellen Debatte einen noch höheren Stellenwert – sowohl gegenüber den Mitmenschen als auch gegenüber Medien. So ist das Bedürfnis nach vertrauenswürdigen Informationen und seriösen Nachrichten während des Lockdowns signifikant gestiegen. Bei Verizon Media konnten wir bei unseren Medienangeboten international einen deutlichen Zuwachs beobachten: Yahoo News verzeichnete 87 Prozent mehr Nutzer, Yahoo Lifestyle sogar 118 Prozent mehr und Yahoo Finance 82 Prozent mehr. Vertrauen als ein neuer alter Parameter des Medienkonsums wird das Nutzungsverhalten der Verbraucher nachhaltig prägen und sich positiv auf ihre Loyalität auswirken – und so das Geschäft in der Post-Corona-Welt sichern.

6. Videowerbung: Philipp Dommers, Geschäftsführer Welect

Philipp Dommers

Viele Unternehmen stehen seit Beginn der Pandemie unter großem Druck. Das hat Kürzungen in den Werbespendings zur Folge, die den gesamten Werbemarkt stark treffen. Einige Mediaplatzierungen sind durch Social Distancing und die Einschränkungen im öffentlichen Raum enorm heruntergefahren, während andere, meist digitale Medien, profitieren. Gerade digitale Videospots haben auch in der Krise gezeigt, wie gut sie die Menschen zu Hause erreichen. Und um beim Thema Video zu bleiben, Streaming Plattformen waren zuvor schon auf dem Vormarsch und haben krisenbedingt einen neuen Peak erreicht. Aus diesen Entwicklungen sehen wir zwei Trends, die kombiniert die Werbewelt dauerhaft prägen können:

1. Das weiterhin wachsende Potenzial von Videowerbung, denn auch aus dem Home Office produzierte Spots sind machbar und gehören zum neuen Normal.

2. On Demand, also selbstbestimmter Konsum im Werbekontext wird sich langfristig etablieren, um den neuen Sehgewohnheiten der Nutzer gerecht zu werden.

7. Online Marketing: Kolja Brosche, Head of Strategic Growth bei LiveRamp

Kolja Brosche

Während der Coronapandemie wurden viele Werbebudgets zur Disposition gestellt oder direkt gestrichen. Dies hat bis heute Nachwirkungen. Nur in absolut notwendigen und hochperformanten Advertising-Kanälen wird weiterhin geworben. Wer seine Zielgruppe sehr gut kennt und diese Daten in der werblichen Ansprache sinnvoll zu nutzen weiß, kann einen höheren Return on Ad Spend erzielen. Doch nur wer seine Botschaft auch an die richtige Zielgruppe adressieren kann, wird wirklich profitieren. Mit dem absehbaren Ende von Cookies wird deutlich: Die Branche braucht ein neues Ökosystem, welches diese Adressierbarkeit ermöglicht, basierend auf dem Vertrauen der Nutzer, in einem datenschutzkonformen Umfeld. Der Dialog mit und das Einverständnis von den Nutzern sind notwendig, um ihnen eine bessere Brand Experience bieten zu können. Denn das eröffnet Werbetreibenden die Chance, bessere Ergebnisse zu erzielen – und das in einem vom Nutzern akzeptierten Umfeld.

8. Online Marketing: Kornelija Daugalaité, Group Head Client Development, Semasio

Kornelija Daugalaité

Die Coronakrise hat der Branche auf recht radikale Weise gezeigt, wo datengetriebene Werbung noch Verbesserungspotential hat. Dort, wo Strategien vor allem auf Keyword Targeting basieren und Brand Safety über Blacklisting erreicht wird, ist Programmatic Advertising oft noch nicht flexibel genug, um schnell strategische Anpassungen vorzunehmen. Das ist eine Herausforderung, der wir uns als Branche mit der Erfahrung jetzt stellen müssen, um Werbestopps in großem Ausmaß zu verhindern. Technisch sind wir in der Lage, die vorhandenen Daten besser zu nutzen und nicht nur reaktiv, sondern dynamisch und proaktiv agieren zu können, um Maßnahmen kurzfristig zu gestalten. Wir haben bei unseren Kunden schnell deutliche Anpassungsstrategien im semantischen, kontextbasierten Targeting bemerkt – ein Gegensteuern gegen das Blacklisting quasi. Sie haben ihre Zielgruppen und kontextuellen Targets überprüft, um auf neue Verhaltensmuster und Themen reagieren zu können. Das war nötig, um im thematisch überschwemmten Internet dennoch passende Werbeplätze zu identifizieren, die sich durch die Analyse und Interpretation von Inhalt und Kontext auch in der Krise als taugliche Umfelder präsentierten. Ich denke, langfristig wird uns die Krise dahin führen, dass wir den Werbetreibenden auf Basis der vorhandenen Technologien deutlich flexiblere Möglichkeiten bieten müssen, mit denen sie ihre Kampagnen selbst tagesaktueller gestalten können. Damit können wir die Grenzen, die wir in der akuten Coronaphase gesehen haben, überwinden.

9. Social Advertising: Falk Bielesch, Managing Director esome

Falk Bielesch

Die digitalen Marketingaktivitäten von Unternehmen werden durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona Krise beeinflusst. Zu Beginn der Pandemie zeigte sich die große Unsicherheit über das Virus und die damit einhergehenden Folgen für die Wirtschaft durch pausierte Kampagnen und stagnierende Werbebudgets in der digitalen Werbung. Die saisonal zu erwartende Steigerung der Werbeausgaben im Frühjahr blieb aus. Stattdessen bewegen sich die Inventarpreise und Werbebudgets auf einem stabilen und vergleichsweise niedrigen Niveau. Mit den Lockerungen im Alltag ist auch ein Aufatmen in der digitale Werbebranche in den nächsten Monaten zu erwarten. Zuverlässige Prognosen über die weitere Entwicklung sind jedoch angesichts der Volatilität der Märkte und der allgemeinen Unsicherheit kaum möglich. Um auch in einer ungewissen Zukunft ihre Marketingziele realisieren zu können, sollten Marketer daher auf verschiedene Szenarien vorbereitet sein und die Marketingaktivitäten diesen flexibel anpassen können.


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