Human Resources
Mütter zahlen einen hohen Preis: 30.000 Euro Einkommen weniger nach der Geburt

Mütter zahlen einen hohen Preis: 30.000 Euro Einkommen weniger nach der Geburt

Marié Detlefsen | 07.11.25

Nach der Geburt ihres ersten Kindes verlieren Mütter in Deutschland im Schnitt rund 30.000 Euro Einkommen – deutlich mehr, als bisher angenommen. Besonders junge Frauen zahlen dabei den höchsten Preis für ihre Familiengründung.

Kinder bereichern das Leben, aber sie kosten Mütter in Deutschland auch bares Geld. Eine aktuelle Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und der Universität Tilburg zeigt: Nach der Geburt ihres ersten Kindes verdienen Mütter im Schnitt rund 30.000 Euro weniger als gleichaltrige Frauen ohne Kinder und das allein in den ersten vier Jahren.

Damit ist der sogenannte Child Penalty, also der finanzielle Nachteil durch Mutterschaft, deutlich größer als bislang angenommen. Frühere Schätzungen gingen von etwa 20.000 Euro Einbußen aus. Die neuen Zahlen deuten darauf hin, dass die ökonomischen Folgen für Frauen gravierender sind, als viele Studien zuvor vermuten ließen.

Junge Mütter besonders stark betroffen

Laut der Untersuchung sind vor allem Frauen, die unter 30 Jahren ihr erstes Kind bekommen, besonders stark betroffen. In dieser Lebensphase befinden sich viele Arbeitnehmer:innen in einer entscheidenden Phase des beruflichen Aufbaus, es geht um Beförderungen, Netzwerke und Gehaltssteigerungen. Wer hier aussetzt, fällt oft dauerhaft zurück. Lukas Riedel, einer der Autor:innen der Studie, sagt hierzu:

Werden Frauen unter 30 Jahren erstmals Mutter, erleiden sie einerseits Verluste im gegenwärtigen Einkommen. Andererseits verpassen sie auch wichtige Karriereschritte in der besonders prägenden frühen Berufsphase mit entsprechenden Folgen für ihren weiteren Werdegang.

Junge Mütter verpassen damit zentrale Karriereschritte in einer Zeit, in der die Weichen für den weiteren Berufsweg gestellt werden. Das bedeutet: Sie verlieren nicht nur kurzfristig Einkommen, sondern auch langfristige Chancen auf höhere Positionen und Gehälter.

Ältere Mütter holen später besser auf

Anders sieht es bei Frauen aus, die sich erst später für ein Kind entscheiden. Sie haben sich häufig bereits im Beruf etabliert, verfügen über Erfahrung und ein gefestigtes Einkommen. Zwar verringern sich ihre Gehälter nach der Geburt ebenfalls – meist, weil sie ihre Arbeitszeit reduzieren oder temporär aussetzen –, doch gelingt ihnen die Rückkehr in den Beruf in vielen Fällen besser. Langfristig sind die finanziellen Verluste für diese Gruppe daher geringer. Das liegt auch daran, dass sie sich bereits ein berufliches Fundament aufgebaut haben, auf das sie nach der Elternzeit zurückgreifen können.


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© Alexander Dummer – Unsplash


Die Autor:innen der Untersuchung sprechen von einer Child Penalty, die sich aus mehreren Faktoren zusammensetzt. Neben der reduzierten Arbeitszeit und fehlenden Karriereschritten spielen auch strukturelle Rahmenbedingungen eine Rolle: unzureichende Betreuungsangebote, stereotype Rollenbilder und ein Arbeitsmarkt, der häufig noch immer nicht auf die Vereinbarkeit von Familie und Karriere ausgerichtet ist. Zudem werden Mütter in vielen Branchen nach der Rückkehr aus der Elternzeit nicht auf demselben Niveau eingesetzt wie zuvor. Auch das bremst das Gehaltswachstum.

Gleiche Chancen? Noch lange nicht

Für die Untersuchung wurden Daten von über 186.000 Müttern ausgewertet, die zwischen 1975 und 2021 in Deutschland erhoben wurden. Diese umfangreiche Datengrundlage erlaubt es, Einkommensverläufe über Jahrzehnte hinweg zu analysieren. Das Besondere an der Studie: Statt Mütter mit anderen Müttern zu vergleichen – wie es in früheren Analysen oft der Fall war – setzten die Forscher:innen sie in Relation zu gleichaltrigen Frauen ohne Kinder. So konnte erstmals realistisch abgeschätzt werden, wie sich das Einkommen entwickelt hätte, wenn keine Geburt stattgefunden hätte.

Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: Mutterschaft bleibt in Deutschland ein erheblicher Karrierefaktor – allerdings im negativen Sinne. Trotz aller Fortschritte bei Elternzeitregelungen, Kitas und Teilzeitmodellen verlieren Mütter im Durchschnitt mehrere Zehntausend Euro Einkommen, sobald sie ein Kind bekommen.

Hinzu kommt, dass nur knapp die Hälfte der Mütter in ihren früheren Job zurückkehrt. Des Weiteren belegt eine Studie des Statistischen Bundesamts, dass Mütter kaum in Vollzeit arbeiten, im Gegensatz zu den Vätern. Auch diese Entwicklung wird insbesondere durch den höheren Anteil an Care-Arbeit begünstigt. Konkret haben Frauen in Deutschland im Jahr 2022 wöchentlich rund neun Stunden mehr unbezahlte Care-Arbeit geleistet als Männer. Daraus ergibt sich eine Gender Care Gap von 43,8 Prozent. Frauen verbrachten insgesamt ganze 30 Stunden pro Woche mit unbezahlter Arbeit.

Für mehr Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt, braucht es daher mehr als individuelle Lösungen. Nötig sind strukturelle Veränderungen, etwa flexible Arbeitsmodelle, faire Aufstiegschancen für Teilzeitkräfte und eine Gesellschaft, in der Kindererziehung nicht automatisch zur finanziellen Bremse für Mütter wird.


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