Human Resources
Wenn Werte fehlen: Warum jede:r Dritte wegen Unternehmenskultur kündigt

Wenn Werte fehlen: Warum jede:r Dritte wegen Unternehmenskultur kündigt

Marié Detlefsen | 06.10.25

Immer mehr Arbeitnehmer:innen verlassen ihren Job nicht wegen der Aufgaben oder des Gehalts, sondern weil die Unternehmenskultur nicht passt. Erfahre, warum Werte, Zugehörigkeit und Entwicklung heute für viele wichtiger sind als finanzielle Anreize.

Früher galten Werte in Unternehmen oft als schmückendes Beiwerk: nette Worte im Leitbild, ein paar Poster an den Wänden. Doch inzwischen sind sie zum harten Faktor für die Jobentscheidung geworden und können sogar über Kündigung oder Verbleib im Unternehmen entscheiden. Das zeigt das aktuelle Randstad Arbeitsbarometer 2025.

Unternehmenskultur als Ausschlusskriterium

Fast jede:r zweite Beschäftigte lehnt heute ein Jobangebot ab, wenn die Unternehmenswerte nicht zu den eigenen Überzeugungen passen. Konkret sagen 48 Prozent, dass sie solche Stellen gar nicht erst antreten. Noch gravierender: 29 Prozent haben ihre Arbeitgeber:innen bereits verlassen, weil Werte und Unternehmenskultur nicht mehr stimmig waren. Das sind längst keine Idealismusfragen Einzelner mehr, sondern handfeste Gründe für einen Jobwechsel.

Auch die Prioritäten bei der Jobwahl verschieben sich deutlich. Erstmals liegt die Work-Life-Balance insbesondere bei jüngeren Generationen vor dem Gehalt: 65 Prozent wünschen sich flexible Arbeitszeiten, 60 Prozent einen frei wählbaren Arbeitsort. Natürlich bleibt das Einkommen relevant, doch es ist nicht mehr der alleinige Schlüssel zur Bindung. Die Passung zwischen Arbeit und Leben, Jobsicherheit sowie Sinn und Identifikation gewinnen spürbar an Gewicht.

Neben dem Gehalt spielen mittlerweile vor allem die Work-Life-Balance und die Jobsicherheit eine große Rolle bei der Jobwahl (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Randstadt
Neben dem Gehalt spielen mittlerweile vor allem die Work-Life-Balance und die Jobsicherheit eine große Rolle bei der Jobwahl (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Randstadt

Wer Leistung bringen soll, braucht das Gefühl, dazuzugehören. Laut der Studie leisten 83 Prozent der Befragten mehr, wenn sie sich mit der Unternehmenskultur verbunden fühlen. Gleichzeitig würden 55 Prozent kündigen, wenn dieses Zugehörigkeitsgefühl fehlt – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.

Wertschätzung und Entwicklung als neue Währung

Der Report zeigt auch, dass Beschäftigte ihren Wechsel nicht nur androhen, sondern auch wirklich durchziehen. So haben 44 Prozent bereits ihren Job gekündigt, weil sie eine toxische Unternehmenskultur erlebt haben. Und obwohl 80 Prozent angeben, sich grundsätzlich wertgeschätzt zu fühlen, verstecken 62 Prozent Teile ihrer Persönlichkeit im Job – nicht freiwillig, sondern aus dem Eindruck heraus, dass sie andernfalls anecken würden. Auch in Osteuropa und Südeuropa haben 55 beziehungsweise 60 Prozent das Gefühl, dass sie im Job nicht sie selbst sein können.

Global betrachtet haben 62 Prozent der Arbeitnehmer:innen das Gefühl, dass sie am Arbeitsplatz nicht sie selbst sein dürfen (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Randstad
Global betrachtet haben 62 Prozent der Arbeitnehmer:innen das Gefühl, dass sie am Arbeitsplatz nicht sie selbst sein dürfen (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Randstad

Gleichzeitig spielen Weiterbildung und Entfaltung eine immer größere Rolle. 44 Prozent nehmen ein Jobangebot gar nicht erst an, wenn es keine Weiterbildungsoptionen gibt. 41 Prozent kündigen, wenn sie keine Entwicklungschancen sehen. Zwar berichten 64 Prozent, dass sie bei der Weiterentwicklung unterstützt werden, doch mehr als ein Drittel fühlt sich allein gelassen und sieht sich selbst in der Pflicht. Laut der Studie ist die Mehrheit der Befragten der Ansicht, dass Chancen oft ungleich verteilt sind. Während Jüngere und Führungskräfte gefördert werden, bleiben andere Gruppen zurück.

Unternehmenskultur ist mehr als ein Aushängeschild

Die Ergebnisse zeigen: Unternehmenskultur ist heute weit mehr als nur ein hübsches Logo und ein netter Slogan. Sie ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor und beeinflusst direkt Bindung, Leistung und Motivation. Dies führt dazu, dass Mitarbeitende nicht primär wegen des Gehalts kündigen, sondern weil das Umfeld nicht stimmt. Insbesondere wenn Versprechen von Wertschätzung, Diversität oder Entwicklung nicht eingelöst werden.

Wer als Arbeitgeber:in Talente halten will, muss daher mehr bieten als einen soliden Vertrag. Werte müssen nicht nur formuliert, sondern gelebt werden – von der Führungsebene bis zum Alltag. Denn Arbeit ist persönlicher geworden. Und wer das ignoriert, riskiert, dass Mitarbeitende innerlich kündigen oder sogar ganz gehen.


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© Jakub Zerdzicki – Pexels

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