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Human Resources
40 Prozent der Berufstätigen erwägen Jobwechsel in den nächsten 12 Monaten

40 Prozent der Berufstätigen erwägen Jobwechsel in den nächsten 12 Monaten

Niklas Lewanczik | 10.08.23

Obwohl viele Arbeitnehmer:innen ein sehr starkes Zugehörigkeitsgefühl zu ihrem Unternehmen empfinden, können sich zwei Fünftel einen raschen Jobwechsel vorstellen. Besonders zwei Gruppen schauen sich aktiv nach neuen Jobs um.

Du arbeitest schon länger für ein Unternehmen, denkst hin und wieder über einen Jobwechsel nach – schaust vielleicht auch mal aktiv in Stellenbörsen – und bleibst doch, weil du zufrieden genug bist? Dann geht es dir wie sehr vielen anderen Arbeitnehmer:innen in Deutschland. Denn zusammen mit YouGov hat die Business-Plattform LinkedIn über Umfragen ermittelt, dass die Zugehörigkeit vieler Berufstätiger zu ihren Arbeitgeber:innen stark ausgeprägt ist. 67 Prozent empfinden ein großes Zugehörigkeitsgefühl; 21 Prozent sprechen gar von einem kulturellen Perfect Match. Trotzdem suchen viele teils aktiv nach neuen Jobs. Wie kommt es zu dieser Diskrepanz?

Should I Stay Or Should I Go Now? Für viele ist die Jobsuche Alltag

YouGov hat für LinkedIn zwischen dem 28. Juni und 02. Juli 2023 1.052 Arbeitnehmer:innen in Deutschland zu ihrem Zugehörigkeitsgefühl zu ihren Arbeitgeber:innen und der aktuellen Situation in ihrem Unternehmen befragt. 60 Prozent der Befragten erklärten, dass sie schon seit mindestens fünf Jahren für ein Unternehmen arbeiten. Wie LinkedIn erklärt, sind auch Personen aus der Generation der Millennials (55 Prozent) und der Gen Z (19 Prozent) oft schon lange bei einem Unternehmen aktiv. Damit ließe sich auch das starke Zugehörigkeitsgefühl erklären. Allerdings muss die Zugehörigkeit nicht völlig positiv konnotiert sein. Darauf deutet zumindest eine andere Entwicklung hin. Denn nach Erkenntnissen aus dem jüngsten GALLUP Engagement Index sind nur 25 Prozent der befragten Arbeitnehmer:innen in Deutschland rundum mit ihren Vorgesetzten zufrieden – und die emotionale Bindung ans Unternehmen verliert an Gewicht.

Grafik mit Diagramm: Die emotionale Bindung von Beschäftigten von 2001 bis 2022, ©GALLUP
Die emotionale Bindung von Beschäftigten von 2001 bis 2022, © GALLUP

Laut GALLUP steigt die Zahl der Beschäftigten, die bereits innerlich gekündigt haben (zuletzt auf 18 Prozent der Befragten). Weltweit wächst der Anteil der sogenannten Quiet Quitter in Unternehmen. Für Unternehmen und HR Teams ist demnach die Entwicklung hin zu mehr Wechselwilligkeit – oft trotz langer Betriebszugehörigkeit – beunruhigend. Diese spiegelt sich auch in LinkedIns Umfrage wider. Immerhin 40 Prozent gaben an, in den kommenden zwölf Monaten einen Jobwechsel anzustreben. In der Generation Z waren es sogar 57 Prozent, bei den Millennials zeigte sich jede:r Zweite wechselwillig. Viele dieser Befragten suchen schon jetzt aktiv nach neuen Jobs. Barbara Wittmann, Country Managerin und Senior Director Talent Solutions bei LinkedIn DACH, erklärt:

Die COVID-19-Pandemie hat zu einer neuen Flexibilität in der Arbeitswelt geführt, die viele Erwerbstätige heute nicht mehr missen möchten. Auch sehnen sich Menschen in Krisenzeiten nach Stabilität und Unterstützung durch ihren Arbeitgeber. Gerade in solchen Momenten stellt sich häufig heraus, ob der langjährige Arbeitgeber immer noch der Richtige ist.

Darum ist der Wunsch nach einem Jobwechsel so groß – und das können Unternehmen tun

Viele Menschen wollen vor allem aus einem Grund wechseln: Sie erhoffen sich ein höheres Gehalt. Aufgrund makroökonomischer Entwicklungen ist die Inflation hoch, in Deutschland ist die Abgabenlast ebenfalls hoch und die Mittelschicht schrumpft. Für 64 Prozent der von YouGov und LinkedIn Befragten ist die Bezahlung der wichtigste Faktor im Job. Gerade junge Menschen, die zum Teil womöglich noch kein so hohes Gehalt aufweisen können wie ältere Arbeitnehmer:innen, suchen deshalb vermehrt nach neuen Karrierechancen, die ihnen auch finanzielle Absicherung ermöglichen.

Für 63 Prozent der Befragten ist aber auch die Anerkennung ein äußerst wichtiger Faktor. Bleibt sie im Unternehmen aus, kann der Wechselwunsch auftauchen. Laut LinkedIn verspüren auch viele Arbeitnehmer:innen ein verschlechtertes Arbeitsklima und mehr Stress, vor allem jüngere Menschen nehmen diese Veränderungen wahr. Auch das trägt dazu bei, dass ein Jobwechsel wahrscheinlicher wird – oder zumindest die Idee, sich einen neuen Job zu suchen, keimt. Unternehmen und HR Teams sollten also darauf achten, dass sie durch Aspekte wie angepasste Arbeitsmodelle und einen modernen Führungsstil, die Förderung von Gleichberechtigung und der Gesundheit von Mitarbeiter:innen und grundlegend faire Bezahlung einen Rahmen schaffen, in dem Personen gern langfristig arbeiten möchten. Wer die Gehälter vorerst nicht anheben kann oder möchte, kann als Alternative hilfreiche Benefits für Arbeitnehmer:innen in den Raum stellen, die sich für Unternehmen und Angestellte lohnen können.

Trotzdem dürften sich auch weiterhin viele Menschen nach neuen Jobs umsehen. Immerhin hat der Fachkräftemangel für einen Arbeitnehmer:innenmarkt gesorgt. Barbara Wittmann meint:

Eigentlich fühlen sich die meisten Arbeitnehmer:innen bei ihren Arbeitgebern gut aufgehoben. Und dennoch suchen viele derzeit nach einem neuen Job. Das hat sicherlich damit zu tun, dass der Fachkräftemangel die Ausgangslage von Erwerbstätigen in vielen Branchen begünstigt. Führungskräfte dürfen diese Dynamik nicht unterschätzen, gerade unter den jüngeren Mitarbeitenden. Daher sollten sie herausfinden, an welchen Stellen Unzufriedenheit mit dem Arbeitsumfeld oder der Unternehmenskultur herrscht, und Lösungen finden, um dieser entgegenzuwirken und Mitarbeitende zu halten, die eigentlich gar nicht weg wollen. Oft kann die Möglichkeit zur Mitarbeit an einem besonderen Projekt oder auch ein interner Stellenwechsel eine leicht umsetzbare Lösung sein, um Mitarbeiter:innen zu motivieren und zu binden.

Jobwechsel muss nicht die erste Option sein

Wer sich aufgrund mangelnder oder gar trotz Bemühungen eines Unternehmens als Arbeitnehmer:in zum Handeln gezwungen sieht, muss nicht direkt den Job wechseln. Ein Gespräch mit dem HR Team oder der Führungskraft bietet sich an, auch um Gehaltserhöhungen, neue Teamstrukturen und Aufgabenbereiche, Benefits oder flexible Arbeitsmodelle zu diskutieren. Des Weiteren können Arbeitnehmer:innen sich mithilfe des Konzepts Job Crafting auf einen Versuch konzentrieren, ihren Arbeitsalltag wieder mit ihren eigenen Vorstellungen in Einklang zu bringen. Fruchtet nichts davon und bleibt der Wechselwunsch bestehen, ist eine Kündigung eine Option. Dabei gibt es allerdings einiges zu beachten, wie du in unserem Beitrag erfährst.

Eine Kündigung oder auch nur eine Jobsuche von Arbeitnehmer:innen ist zugleich eine Chance für die HR Teams anderer Unternehmen, Fachkräfte für sich zu gewinnen. Dafür müssen aber attraktive Rahmenbedingungen geboten werden.


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