Mittelschicht in Deutschland schrumpft: Abgabenlast zu hoch

Die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland führt zu einer besorgniserregenden Verengung der Mittelschicht. Laut einer Studie des ifo Instituts im Auftrag der Hanns-Seidel-Stiftung, ist die Mittelschicht in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren zwar nur leicht geschrumpft. Während 2007 noch 65 Prozent der Bevölkerung der Mittelschicht angehörten, waren es 2019 nur noch 63 Prozent. Doch der Abfall sieht lediglich auf dem Papier unscheinbar aus: Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist der Rückgang tatsächlich eher beachtlich. Man kann einen Grund in der hohen Steuer- und Abgabenlast in Deutschland ausmachen.

Deutschland hat zweithöchste Abgabenlast

Immer mehr Menschen erleben einen sozialen Auf- oder Abstieg, wodurch die Grenzen zur Mittelschicht schrumpfen. Dies belegen die Zahlen der neuen Studie: Lag Deutschlands Mittelschicht aufgrund ihrer Größe im Jahr 2007 noch auf Platz neun im europäischen Ranking, so fiel sie im Jahr 2019 auf Platz 14 und befindet sich aktuell lediglich noch im Mittelfeld. Dies lässt sich vor allem auf die hohe Steuer- und Abgabenlast zurückführen, welche das Einkommen so stark belastet wie in fast keinem anderen Industrieland.

Deutschland liegt gar auf Platz zwei, wenn es um die Belastung von Arbeitseinkünften geht. Nur Belgien hat als Spitzenreiter:in eine noch höhere Belastung der Arbeitseinkommen durch Steuer- und Sozialabgaben. Deshalb rentiert sich Mehrarbeit für Menschen mit niedrigem Einkommen im deutschen Steuer- und Transfersystem kaum und Menschen mit mittleren Einkommen befinden sich an den Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit. Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen, sagt hierzu:

Mit einer Grenzbelastung von rund 50 Prozent des Bruttoeinkommens im deutschen Steuer- und Transfersystem bleibt Menschen mit mittlerem Einkommen vom nächsten hinzuverdienten Euro effektiv nur die Hälfte übrig. Mehrarbeit und mehr Leistung zahlen sich daher in der Mittelschicht netto nur sehr begrenzt aus.

Wo liegen die Grenzen der Mittelschicht?

Über 80 Prozent der deutschen Bevölkerung bezeichnen sich selbst als Teil der Mittelschicht. Doch laut den statistischen Daten von 2019 gehörten nur etwa 26,1 Millionen Haushalte in Deutschland, was rund 63 Prozent aller Haushalte ausmacht, tatsächlich zur Mittelschicht. Auch hier werden die Diskrepanzen zwischen den verschiedenen Ansichten deutlich, dass sich nicht alle über die Grenzen der unterschiedlichen Schichten im Klaren sind. Laut OECD-Definition zählen die Personen zur Mittelschicht, deren verfügbares Einkommen zwischen 75 und 200 Prozent des mittleren Einkommens liegt. Für Alleinstehende bedeutet dies ein verfügbares Nettoeinkommen (einschließlich Transferleistungen) von 17.475 bis 46.600 Euro im Jahr 2019. Paare ohne Kinder werden zur Mittelschicht gezählt, wenn ihr Einkommen zwischen 26.212 und 69.900 Euro liegt. Statistisch gesehen zählen Paare mit zwei Kindern zur Mittelschicht, wenn sie über ein Einkommen zwischen 36.698 und 97.860 Euro verfügen.

Abgabenlast in Deutschland besonders hoch:
Benefits können helfen

Die Studie verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen die deutsche Mittelschicht konfrontiert ist. Die Diskussion über die Steuer- und Abgabenpolitik sowie die genaue Definition der Mittelschicht sind entscheidende Punkte, die die Debatte über Deutschlands schrumpfende Mittelschicht prägen.

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