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Social Media Marketing
Wie sich Hashtags ändern könnten: Einschätzung des Erfinders

Wie sich Hashtags ändern könnten: Einschätzung des Erfinders

Niklas Lewanczik | 29.06.23

Chris Messina hat 2007 den Hashtag für Social Media erfunden, sieht aber Probleme bei der Nutzung. Deshalb geht er auf Veränderungsvorschläge von Bluesky ein, etwa Opt-in-Versionen und Leerzeilen zwischen Hashtags.

Sind Hashtags auf sozialen Medien eigentlich noch sinnvoll, um Reichweiten zu fördern und Content zu finden? Diese Frage stellen sich nicht nur Creator und Marken, sondern auch die Plattformentwickler:innen. Während die Hashtags auf Instagram, Twitter, LinkedIn und Co. weiterhin fleißig benutzt werden, ruft ihr Einsatz auch Kritik hervor – und Vorschläge zur Verbesserung. Ein Ersatz ist derzeit kaum in Sicht, weshalb die Weiterentwicklung der Hashtags für zielführendes Social Media Marketing in den Fokus gerückt wird. So schreibt der Protokollentwickler Paul Frazee von der dezentralisierten Plattform Bluesky auf Github im Rahmen seiner Vorschläge:

There’s been a lot of discussion about whether hashtags could be replaced by something better, but nothing has really arrived that feels like a better fit. Hashtags are well-understood and simple. It seems like the challenge is just getting real value out of them.

Auf die Probleme und Verbesserungsvorschläge für den Hashtag-Einsatz geht niemand anders als Hashtag-Gründer Chris Messina in einem ausführlichen Post auf Medium ein. Messina hat Twitter kürzlich verlassen und ist jetzt vor allem auf Bluesky, Mastodon und T2 aktiv. Wir werfen einen Blick auf die mögliche Zukunft der Hashtags.

Warum die Hashtags ändern? Das sind die Probleme

Die nach der Erfindung im Jahr 2007 als Orientierungs- und auch Branding-Element eingesetzten Hashtags haben auch 2023 noch eine große Relevanz für diverse Plattformen, nicht nur Twitter.

Der Instagram-Chef Adam Mosseri erklärte im Herbst 2022: Hashtags still matter. Zu den populärsten Instagram Hashtags gehören unter anderem:

  • #love
  • #instagood
  • #photooftheday
  • #fashion
  • #beautiful
  • #happy


Hashtags still matter:

Instagram-Chef Mosseri verrät, wie viele du nutzen solltest

© Savira, Meta via Canva, Adam Mosseri neben Hashtag, Farbverlauf im Hintergrund
© Savira, Meta via Canva


Auch auf der Business-Plattform LinkedIn werden Hashtags täglich von Millionen Menschen eingesetzt. Wie du damit am erfolgreichsten bist, haben wir dir in einem How-to-Beitrag und anhand von LinkedIns eigenen Tipps dargelegt. Auf TikTok und vielen weiteren Plattformen haben die Tags ebenfalls Relevanz für die Content-Verortung. Eine Agorapulse-Studie zeigt jedoch, dass Hashtags auf manchen Plattformen nicht so nützlich zu sein scheinen, wie oft angenommen – zumindest nicht auf Twitter, LinkedIn, Facebook und YouTube. Hier führt die Verwendung von Hashtags im Videobegleittext zu einer niedrigeren Engagement Rate. Nur auf Instagram und TikTok sind Hashtags für die Engagement Rate förderlich.

Die vielfache Verwendung führt per se bereits zu einem Problem, das Frazee und Messina benennen. Denn oftmals werden – gerade populäre oder trendende – Hashtags für Spam genutzt. So nutzen arglistige Accounts Hashtags, um auf möglichst schnellem Wege Reichweite für unseriöse Inhalte zu generieren. User finden oftmals nur bedingt relevante Inhalte, wenn sie nach spezifischen Hashtags suchen. Allerdings haben sie durch diese Einordnung die Möglichkeit, sich direkt zu orientieren.

Das gelingt aber zum Beispiel Menschen, die auf Screenreader angewiesen sind, schlechter. Da es keine Leerzeichen zwischen Einzelwörtern in den Hashtags gibt, sind diese auch für alle Leser:innen schwierig einzuordnen; vor allem, wenn sie zweideutig sind. Chris Messina liefert dafür heikle Beispiele wie #therapist” und “#nowthatcherisdead”. Ein drittes Problem, das Paul Frazee benennt, bezieht sich auf das ungenutzte Potential der Hashtags:

The third problem is that hashtags have never been used to solve the ‘plurality of interests‘ issue. If we want to give better tools for speaking to different audiences, then we need to invest in some tool to solve it, and we suspect hashtags could be it.

Wie könnte eine bessere Hashtag-Nutzung aussehen?

Chris Messina thematisiert die Optimierungsvorschläge von Frazee. Einer der Vorschläge sieht die Abspaltung der Hashtags vom Post vor. Das wird bei Tumblr schon umgesetzt und Frazee stellt ein separates Feld in den Raum, das quasi über ein Dropdown-Menü versteckt oder verkleinert werden könnte.

Screenshot eines Tumblr-Beitrags mit Hashtag
Screenshot eines Tumblr-Beitrags mit Hashtag: https://www.tumblr.com/

Tumblr bietet auch ein Beispiel für den nächsten Verbesserungsvorschlag: Leerzeichen zwischen den Wörtern in einem Hashtag. Das ist auf der Plattform möglich, auf anderen jedoch noch nicht. Frazee schreibt:

We can’t keep breaking screen readers. Hashtags need to support spaces.

Messina hat bei seiner Arbeit für Google+ ebenfalls diesen Schritt vorgeschlagen und sogar Rückendeckung erhalten. Google könne die Regeln selbst aufstellen, habe es damals geheißen. Doch Messina sah bereits die Problematik, dass die Kompatibilität und Interoperabilität der Hashtags gefährdet werden könnte, wenn sie uneinheitlich wären. Hätten Tags wie #BlackLivesMatter ähnlich viel Durchschlagskraft entwickelt, wenn die einzelnen Wörter auf manchen Plattformen getrennt worden wären? Das fragt sich Chris Messina in seinem Text. Er selbst würde die Leerzeichen nicht einführen, sondern plädiert dafür, dass Plattformen mehr Unterstützung für die Screenreader stellen. Er schreibt:

[…] Let’s avoid solutions that require retraining the entire media apparatus on how to say a hashtag out loud. And for the love of the goddess, don’t fall into the Google hubris of trying to add spaces to hashtags when doing so will only minimize their effectiveness as a tool for cross-platform coordination, protest, and providing a vehicle for unheard voices to rise up in unison.

Messina geht auch darauf ein, dass viele User, sofern es Hashtags mit und ohne Leerzeichen gäbe, oftmals beide einsetzen würden, um die Reichweite zu erhöhen. Für Plattformen ergäbe das mehr Arbeit bei der Content-Moderation.

Mute und Opt-in Hashtags als Option

Paul Frazee schlägt des Weiteren vor, Hashtags einfach stummschalten zu können. Das soll als eine Art Opt-out funktionieren und von Usern könnten die einzelnen Hashtags verwaltet werden. Die Idee sei nicht neu, merkt Frazee an. Und Messina geht darauf ein, dass auch er diese Idee schon früh hatte. Genau wie bei Google Discover und Co. könnten Beiträge aus bestimmten Kontexten ausgeblendet werden, nur dass auf Beiträge mit konkreten Hashtags und nicht von konkreten Publishern verzichtet wird.

Andersrum könnte eine Art Targeting mit Opt-in Hashtags funktionieren. Frazees Idee ist die folgende:

The idea here is that you could create a post and say ‘Only people who are interested in ___ hashtag should see it. For everybody else, it should filter out by default.‘

Er erkennt jedoch Probleme bei diesem Vorgehen an. Denn die Opt-in-Option müsste so einfach wie möglich gestaltet werden, damit User überhaupt darauf eingehen. Frazee geht bei seiner Ideenfindung vor allem auf Bluesky als Plattform ein. Messina wiederum schaut globaler auf den Vorschlag, sieht jedoch nur in Foren und auf Plattformen ohne temporären Feed eine Möglichkeit, ein User Targeting, etwa auch über Hashtags, durchzusetzen. Er sieht die Hashtags eher als Content-Einordnungsfunktion, für das Targeting sollten andere Möglichkeiten herangezogen werden, wie das Teilen von Instagram Stories an konkrete Gruppen.

Der Opt-out für Hashtags ist für Frazee und Messina die realistischere Option, um eine Veränderung der Nutzung anzustoßen. Wird sich der Einsatz der Hashtags, werden sich die Hashtags selbst bald verändern? Der Erfinder Chris Messina sieht noch keine völlig belastbare Idee und betont, dass eine Weiterentwicklung im Kontext der universellen Operabilität geschehen muss.

I’m all for finding ways to make hashtags universally more accessible in every context in which they appear, but I will also fight to preserve their utility in galvanizing mycelial movements that need coherence to gain purchase in the public consciousness. I appreciate the fervor and debate around hashtags and continue to welcome it. As I’ve always said, hashtags are the stupidest idea that could possibly work — and after 16 years, they still do.

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