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Digitalpolitik
6 Jahre DSGVO: Immer öfter im Einklang mit effektivem Marketing
Europaflagge, © Markus Spiske - Unsplash (Änderungen wurden vorgenommen via Canva)

6 Jahre DSGVO: Immer öfter im Einklang mit effektivem Marketing

Niklas Lewanczik | 24.05.24

Als die DSGVO 2018 eingeführt wurde, sorgte sie für Kopfschütteln und Fragezeichen. Inzwischen sehen manche Marketer sie sogar als Stütze. Ein Blick auf den Status quo.

Noch im Jahr 2017, als die DSGVO nicht einmal in Kraft war, sorgte sich die gesamte Digital- und Marketing-Branche um das Ausmaß der Wirkmacht dieser zentralen Veränderung für das Digitalrecht.

Im Mai 2018 kam das Gesetz – eine Zäsur. Seither ist aber viel passiert. Zwar gibt es Jahr für Jahr Verstöße gegen die DSGVO, die in die Milliarden gehen. Allein 2023 waren es in Deutschland über zwei Milliarden Euro, die an Bußgeldern vermerkt wurden. Zu der besonders hohen Summe im gesamten EU-Raum kommt es auch, weil gegen Meta 2023 gleich zwei große Bußgelder wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung verhängt wurden. Im Januar waren es 390 Millionen Euro, im Mai dann 1,2 Milliarden Euro, die dem Konzern als Strafmaß auferlegt wurden. Gleichzeitig lässt sich am bekannten Social-Media-Konzern aber auch ablesen, wie das Gesetz heutzutage als Grundlage für das Marketing und beispielsweise KI-Nutzungsgrundlagen genutzt wird. Immerhin macht Meta das berechtige Interesse aus Art. 6 DSGVO geltend, um die Meta AI bald in die EU zu bringen. Heute ist die DSGVO vielfach kein Hindernis mehr für Unternehmen, sondern eine Chance. Magdalena Pawlitko, Global Head of Sales bei Piwik PRO, erklärt in einer Einschätzung samt Ausblick:

Anstatt die DSGVO zu umgehen oder gar zu ignorieren, haben die Unternehmen das Thema in viele ihrer Kerntätigkeiten integriert. Das alles kommt der digitalen Wirtschaft zugute. Trotz der vielen Herausforderungen, die noch vor uns liegen, lassen die bisherigen Fortschritte optimistisch in die Zukunft blicken. Denn: Immer mehr Unternehmen gelingt es, die Einhaltung der DSGVO mit effektivem Marketing in Einklang zu bringen. Mit der zunehmenden Komplexität der Geschäftsprozesse steigen auch die Anforderungen an den Datenschutz. Unternehmen müssen daher ihre internen Datenprozesse und die Auswirkungen der Regulierung besser verstehen. Um diesen Spagat zwischen Compliance und Effektivität zu meistern, sollten Marketing- und Business-Teams eng mit ihren Rechtsabteilungen zusammenarbeiten. So können unternehmensspezifische Ansätze leichter umgesetzt werden. Die Unterstützung durch die Aufsichtsbehörden spielt dabei eine wichtige Rolle: Unternehmen brauchen mehr Hilfestellung, wie sie die Vorschriften konkret einhalten können.

Marketing-Effizienz leidet nicht unter dem Datenschutz, sagen Branchenteilnehmer:innen

Piwik PRO im Rahmen des Berichts zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) herausgefunden, dass fast 90 Prozent der befragten Expert:innen in Deutschland der Meinung sind, effektive Marketing-Aktivitäten unter Einhaltung der Datenschutzgesetze ermöglichen zu können. Gleichzeitig sehen jedoch 86 Prozent den Umgang mit der DSGVO weiterhin als große Herausforderung – das ist der höchste Wert im Ländervergleich. Somit bleibt eine deutliche Diskrepanz im Umgang mit der DSGVO. Die größten Herausforderungen im Bereich der Datenaktivierung bestehen bei den Themen Sicherheit und Compliance (57 Prozent) sowie ungenaue Daten (55,3 Prozent). Die größten Vorteile im selben Bereich indes sind die Datenintegration aus mehreren Quellen (56,3 Prozent) sowie die Erstellung vollständiger Kund:innenprofile und Segmentierung (50,7 Prozent)​.

Nach den Angaben aus der Umfrage halten sich die meisten auch an die Compliance-Regeln. Die meisten wollen damit das Vertrauen der Verbraucher gewinnen (82,3 Prozent). Für 52,3 Prozent sind die Unternehmenswerte ein Motivationsfaktor, für 55,3 Prozent die rechtliche Verpflichtung. Nur 17,3 Prozent halten sich aus Angst vor Bußgeldern an die DSGVO.

Wo die Daten gespeichert werden – und wo Marketing mit Datenschutz in großem Maße korreliert

Über 85 Prozent der deutschen Unternehmen wissen, wo alle Daten ihres Marketing Stacks gespeichert sind (der Studiendurchschnitt über alle Länder liegt bei nur 70,7 Prozent). Bei der Frage nach der Datenspeicherung im In- und Ausland ergeben sich indes unterschiedliche Zahlen. Elf Prozent der Befragten aus Deutschland erklären, dass ihr Marketing Stack Daten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums verarbeitet. Das ist aber der niedrigste Wert unter allen Befragten. Aber: Mehr als 80 Prozent der deutschen Unternehmen würden einen Wechsel zu europäischen Analyselösungen in Betracht ziehen. Die Relevanz von Analytics- und Marketing-Lösungen aus der EU könnte noch wachsen, da US-Unternehmen immer wieder mit Fragen zur regulären Nutzbarkeit ihrer Dienste konfrontiert sind. 2022 sah etwa die österreichische Datenschutzbehörde (DSB) bei der Einbindung von Google Analytics auf Websites einen Verstoß gegen die DSGVO.

Drei Viertel der Unternehmen erwägen, ihre wichtigsten Technologietools durch europäische Alternativen zu ersetzen. Dies ist ein deutlicher Anstieg gegenüber den 50 Prozent des letzten Jahres. Magdalena Pawlitko meint:

[…] Besonders bemerkenswert in diesem Jahr jedoch ist die Verlagerung hin zu europäischen Analytics-Anbietern. Im Gegensatz zu Big-Tech-Unternehmen, die sich auf Werbeeinnahmen konzentrieren, haben alternative Anbieter möglicherweise andere Geschäftsmodelle, bei denen die Privatsphäre der Nutzer und die Datensicherheit im Vordergrund stehen. Außerdem bieten sie praktikable Lösungen für Unternehmen, die ihre Daten nur ungern Tech-Giganten anvertrauen. Diese Verlagerung hin zu datenschutzorientierten Analyselösungen spiegelt einen breiteren Trend wider, bei dem Unternehmen Vertrauen und Reputation als Geschäftswert in den Vordergrund stellen. Sie erkennen dabei die Bedeutung ethischer Datenpraktiken für die Aufrechterhaltung von Kundentreue und Vertrauen.

Die Bedeutung des Datenschutzes für Werbelösungen liegt bei Apple, Google und Co. schon lange im Zentrum von großen Veränderungen, von der App Tracking Transparency (ATT) bis hin zum Support-Ende für Third Party Cookies (jetzt ab 2025 umfassend). Laut Googles Dr. Reemda Tieben kommt es 2024 zum Wendepunkt im Online Marketing:

‚The future is consented. It’s first-party. It’s modeled.‘ In diesem Satz spiegelt sich alles wider, was wir Werbetreibenden raten, wenn sie sich um die Performance ihrer Werbung sorgen. Best Practice ist, sich um seine First-Party-Daten zu kümmern und einen Plan aufzusetzen, wofür man sie nutzen, wie man sie sammeln und mit welcher Technologie man sie einsetzen möchte. Diese Daten sollten ‚consented‘ sein, sprich Werbetreibende sollten nach der Zustimmung ihrer Nutzer:innen fragen. Datenlücken können mittels Modeling, also mittels KI, geschlossen werden.

Unterdessen gibt es gute Neuigkeiten für die Consent-Gewinnung. Auch bei Apples ATT stimmten im ersten Quartal 2024 im Durchschnitt 50 Prozent der Nutzer:innen dem App Tracking zu, wie AppsFlyer ermittelte. In Deutschland lag die Zustimmungsrate mit 47 Prozent leicht darunter. Ville Mikkola, Country Manager bei AppsFlyer, sagt über die Ergebnisse:

Der Wandel hin zu größerer Nutzerprivatsphäre hat Werbetreibende dazu veranlasst, ihre Strategien zu überdenken, was zu einem differenzierteren Ansatz bei Targeting und Messung geführt hat. Trotz anfänglicher Rückschläge deutet eine stetige Erholung des Marktes, auch dank verbesserter Messmethoden und wirtschaftlicher Faktoren, auf eine vielversprechende Zukunft für App-Vermarkter hin. Wie durch den Anstieg der Zustimmungsraten und der Werbeausgaben auf iOS belegt wird, gibt es klare Anzeichen dafür, dass die Branche die Veränderungen annimmt und die Nutzerprivatsphäre priorisiert.


Privacy Sandbox Update:

Roadmap für Marketing im Privatsphärezeitalter

© hk - Unsplash, Google via Canva, Google Gebäude und Privacy Sandbox Logo
© hk – Unsplash, Google via Canva


Der Datenschutz und das Marketing gehen zusehends Hand in Hand. Herausforderungen gibt es noch viele, Chancen aber ebenso. Mit der Integration von immer mehr Gen AI-Lösungen wird dem Datenschutz künftig aber eine noch größere Bedeutung zukommen. Zur Regelung solcher Lösungen gibt es in der EU wieder ein großes Gesetz, den AI Act.


Strenge Regeln für AI-Einsatz:

EU-Parlament verabschiedet großes KI-Gesetz

Europaflagge, © Markus Spiske - Unsplash, Europaflagge vor Gebäude
Europaflagge, © Markus Spiske – Unsplash


Zur Methodik der Befragung

Der Report von Piwik PRO beruht auf den Antworten von 1.800 Befragten aus 27 europäischen Ländern. Die Gruppe bestand aus Geschäftsführer:innen und Marketing-Leiter:innen mittelgroßer und großer Unternehmen. Die meisten Befragten kamen aus Dänemark, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Schweden, wobei jedes Land 16,7 Prozent der Befragten stellte. Die Umfrage wurde im April 2024 mit der computergestützten Web-Interview-Methode (CAWI) durchgeführt.

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