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Social Media Marketing
„Influencer ist ein schwieriges Wort“ – Insights von der INREACH 2018

„Influencer ist ein schwieriges Wort“ – Insights von der INREACH 2018

Niklas Lewanczik | 24.10.18

Die INREACH 2018 in Berlin brachte Marken und Influencer zusammen und lieferte diverse und erstaunliche Einblicke in die Welt des Influencer Marketing.

Das Influencer Marketing birgt heutzutage so viele Potentiale: vom optimierten Recruiting über reichweitenstarke Kooperationen bis hin zur gesellschaftlichen Aufklärung. Was genau sich hinter den Influencern alles verbergen kann, wurde auf der INREACH 2018 in Berlin facettenreich diskutiert. Wir haben die wichtigsten Insights für euch, von Branded Channels bis Podcast, von WWE bis Germany’s Next Topmodel, von der Kennzeichnungspflicht bis zur Prozessoptimierung.

„Influencer ist ein schwieriges Wort“

Die Bolle Festsäle in Berlin Moabit waren dieses Jahr Schauplatz für die INREACH. Die von BRANDPUNKT initiierte Konferenz hatte – und das wurde mehrfach betont – im Besonderen den Auftrag Influencer und Marken zusammenzubringen. Die Location bot in ihrem Industrial Chic reichlich Raum für produktive Diskussionen und Kooperationen. So flexibel wie sich das Programm letztlich gestaltete, führte auch Nico Gutjahr (Webtalkshow) zusammen mit den Kollegen Andreas Bersch und Jan Firsching von BRANDPUNKT durch dasselbe. Bersch ist nicht nur der Begründer von BRANDPUNKT, sondern ebenso der INREACH, Firsching ist Autor bei Futurebiz und Social Media-Berater für BRANDPUNKT.

Zu Beginn tauschten sich YouTuber und whylder-Gründer Oğuz Yılmaz und YouTube-Star Rewinside (2,5 Millionen Follower) aus. Rewi gab passend zu bedenken:

Influencer ist ein schwieriges Wort;

denn eine reine Einflussnahme ist nicht alles, was die Persönlichkeiten im Netz und in Social Media definiert. Allerdings meint er auch:

Wenn man eine große Reichweite hat, soll man die auch bedacht nutzen, für Charity usw.

Rewi gab Influencern den Tipp auf Streaming zu setzen, um Interaktionen und damit auch einen tieferen Diskurs zu generieren. Auf Yılmaz’ Nachfrage zeigte sich im Saal, der gut mit Influencern gefüllt war, dass IGTV YouTube derzeit noch bei Weitem nicht das Wasser reichen kann.

Einigkeit herrschte bei den YouTubern insgesamt darüber, dass Followerzahlen allein nicht allzu aussagekräftig sind.

Reichweite haben Viele!,

meint der über Wer wird Millionär bekannt gewordene Aaron Troschke (Hey Aaron!!!, über 900.000 Follower). Demnach ließen sich, so Rewinside, „Follower nicht in einen TKP umwandeln.“ Auch hier gilt es zu differenzieren.

Influencer treffen sich auf der INREACH 2018, Bolle Festsäle in Berlin, © Maja Hansen

Podcasts: Die unentdeckten Möglichkeiten in Deutschland

Am Vormittag brach Philipp Westermeyer, Gründer und CEO von OMR, wieder einmal eine Lanze für die Podcasts. Mit erstaunlichen Daten und Informationen zeigte er auf, warum das Podcast Game so ein starkes Produkt ist und er schon 2020 mit den ersten Podcast-Millionären hierzulande rechnet.

Philipp Westermeyer auf der INREACH 2018, © Maja Hansen

Früher hatten alle ne Band, heute haben alle nen Podcast,

meint Westermeyer und erklärt die Entwicklung mit drei Kernpunkten:

  1. der Trend zum Medienkonsum on Demand (Netflix, Spotify)
  2. Smartphone und Kopfhörer fördern Ease of Use (jeder kann immer und überall hören)
  3. Content von bester Qualität

Um den bestmöglichen Content zu finden, fehlt es jedoch noch an der richtigen Plattform. Aber warum ist der Podcast so stark?

Podcasts haben mehr Potential als Instagram,

weil das Zielpublikum – technikaffin, gut ausgebildet, kaufkräftig und qualitätsbewusst – auf Werbung reagiert. Auch von Influencern. Dabei reicht der gute Content allein noch nicht aus; aber die Reichweite, die die Influencer ja per se mitbringen, lässt sich auf Podcasts übertragen. Bei knapp zehn Millionen Hörern in Deutschland (zwölf Prozent davon zahlungsbereit) sind derzeit noch unglaublich gute Conversion Rates zu generieren. Daher muss man nicht einmal einzigartig sein, noch ist der Markt in der Akquise begriffen. Hier haben Influencer also eine besonders starke Option, um lukrative Partnerschaften einzugehen; und Marken können dank ihnen ihre Inhalte deutlich weiter verbreiten.

Germany’s Next Topmodel und WWE bringen die großen Influencer hervor

Carsta Maria Müller ist Director Social Media bei ProSiebenSat.1 TV Deutschland und zeigt auf der INREACH, wie die Mädchen bei Germany’s Next Topmodel in vier Monaten insgesamt von null auf 2,5 Millionen Follower kommen. Sie gibt zu, dass die TV-Formate teils zu spät auf Social-Präsenz gesetzt haben. ProSiebenSat.1 hat jedoch inzwischen die größten Social-Kanäle Deutschlands im Bereich TV-Sender. Das Motto „we love social media“ ist für das Dreieck aus TuneIn, Branding und der Generierung von Website Traffic aber unerlässlich geworden.

Bei GNTM werden die Mädchen zunächst als „potentielle Brands“ imaginiert. Damit sie auf Instagram als Marke funktionieren, braucht es Authentizität, eine „unique Macke“, aber auch Ausdauer. So erstellt ProSieben die Accounts für die Mädchen und führt die Authentizität ad absurdum, da diese zwar selbst das ein oder andere posten dürfen, jedoch unter strengen Auflagen des Senders und dessen stetiger Prüfung und Überarbeitung. Diese Accounts werden vermarktet, sodass hier Produktplatzierungen zu buchen sind, ein Ökosystem wird um die Mädchen/ Marken aufgebaut. Klaudia mit K konnte so über 350.000 Follower auf Instagram generieren.

Klaudia mit K auf Instagram, Sccreenshot Instagram

In der Finalwoche der letzten Staffel wurden außerdem 78 Millionen GIPHY Views hervorgerufen. Auf diese Weise hilft ProSieben den Mädchen dabei, Influencerinnen zu werden. Allerdings ist auch deutlich: die TV-Sendung funktioniert nur in Kombination mit Social Media so gut; und die Teilnehmerinnen müssen als Marke, als Werbeplattform im Kontext des Ökosystems des Formats funktionieren.

Stefan Kastenmüller, Senior Vice President & General Manager Europe für WWE, erklärte, wie wichtig Influencer für die Wrestling-Marke sind. Als Sportchannel Nummer eins weltweit bei YouTube, mit über 900 Millionen Social Followern global und allein in Deutschland mit 80 Millionen Abonnenten bei Instagram ist WWE ein echtes Schwergewicht in Social Media.

Auch hier werden die Stars, John Cena (42 Millionen Facebook-Fans) oder Ronda Rousey (11 Millionen Follower bei Instagram), als Marken und Influencer aufgebaut. Die Stars sind auf allen Kanälen, ebenso WeChat oder Weibo, vertreten und machen ihre Postings selbst. Sie müssen sich als familienfreundlich, Vorzeigeprofis und offen für viel Engagement präsentieren. Für die produktive Einflussnahme bei der Reichweite werden Stars wie Jimmy Fallon, Josh Duhamel oder Casts von Netflix-Serien in Events miteinbezogen. Für die regionale digitale Awareness-Steigerung sind je Markt einzelne Social Manager eingesetzt und man baut auf Partnerschaften mit lokal erfolgreichen Sportteams, etwa Manchester United oder Juventus Turin, um die Awareness für WWE in Social Media über die Kanäle der Stars zu pushen.

Optimierungen von Kampagnen: Von Rucksäcken und Partnerschaften

Tolle Praxisbeispiele für gutes Influencer Marketing durften bei der Konferenz nicht fehlen. Linda Klimkeit von Fond Of gab Einblicke in die Prozessoptimierung, die ihr Unternehmen mit der Skalierung von Influencer-Kampagnen inhouse bewerkstelligen konnte. Die nachhaltig hergestellten Rucksäcke und Shirts werden meist von langfristigen Partnern auf deren Kanälen präsentiert.

Die längere Zusammenarbeit erleichtert in so einem Fall auch die Saisonalitätsplanung der Kampagnen. Klimkeit rät den

Big Bang zur Hauptsaison zu kreieren.

Der Konzepter Michael Schulz (Berlinstagram, knapp 500.000 Follower auf Instagram) ist ein Instagrammer der allerersten Stunde und hat dort in acht Jahren 6.810 Fotos veröffentlicht. Er meint, dass viele tote Accounts die eigentliche Followerzahl aber stets schmälern. Als Fotograf sieht er sich zwischen den den Stühlen, halb Unternehmer, halb Influencer. Während er Aufträge etwa von Timberland abgelehnt hat, hat er mit Michelin zusammen eine Berlin-spezifische Reihe von Inhalten erstellt, die über eine Kollaboration der beiden betreffenden Accounts funktionierte.

https://www.instagram.com/p/9brR_JgUTh/?utm_source=ig_web_copy_link

Hiermit ist ihm ein Coup gelungen und Michelin hat viel Reichweite erlangt. Dennoch gibt er zu:

Am Anfang musst du gucken, wo das Geld reinkommt.

Schulz ist übrigens der Erfinder von längst etablierten Hashtags wie #whileinbetween oder #makebikeportraits.

Selbst beim Recruiting können Influencer helfen

Diese Erkenntnis präsentierte ReachHero mit Bezug zu Gründer Aaron Troschke auf der Bühne. Troschke hatte bei Curry36 und der Berliner Polizei für seinen YouTube-Channel mitgearbeitet. Dank Troschkes Popularität hat etwa Curry36 einen großen Anstieg bei den Bewerbungen erfahren. So kann ein Unternehmen sich beim Mangel an Bewerbungen auch an Influencer wenden. Aaron Troschke würde wohl ebenfalls für Konkurrenzunternehmen seine Reichweite bereitstellen. Immerhin meint er, dass ein Influencer sich nicht zwangsläufig mit einer Marke identifizieren muss; Kampagnen für McDonald’s und Burger King sind bei ihm also möglich.

Die Kennzeichnungspflicht bleibt ein zentrales Thema 

Für die anwesenden Influencer war wieder einmal die Kennzeichnungspflicht für Werbung in Social Media, allen voran Instagram, ein heiß diskutiertes Thema. Cornelia Holsten von der Landesmedienanstalt Bremen erläutert die Aufsichtsfunktion der Anstalten, die die nützlichen FAQs „Antworten auf Werbefragen in sozialen Medien“ bereitstellen. Hierfür sollen bald Updates bereitgestellt werden. Weiterhin weist Holsten auf den Unterschied von Bewegtbild und Standbild hin: im Bewegtbild ist die Kennzeichnung mit „Produktplatzierung“ geboten; aber nur im Bewegtbild.

Bei kostenlos zugeschickten Produkten sollte ein Disclaimer vorhanden sein und ganz wichtig ist für die Aufsicht, ob für den User erkenntlich wird, dass es sich bei einem Kanal um einen Unternehmenskanal handelt. Bei BMW ist das einfach; bei BibisBeautyPalace ist das inzwischen ebenfalls nachvollziehbar, bei vielen anderen ist es jedoch unklar. Holsten gibt zudem an, dass Affiliate Links gekennzeichnet sein müssen und dass die Kennzeichnung, etwa #Ad, deutlich und weit oben in der Caption stehen muss. Sie rät bei den Verfahren, die etwa gegen Vreni Frost laufen, oberinstanzliche Entscheidungen abzuwarten und kann daher die vorsorgliche Kennzeichnung von nicht-werblichen Markennennungen nachvollziehen – selbst wenn dadurch der Werbebegriff verwässert.

Medienrechtsexperte Prof. Dr. Stefan Engels meint wiederum:

In der Grauzone bringt es Spaß.

Er stuft den Verband Sozialer Wettbewerb (VSW), der auch für den Großteil der Abmahnwelle verantwortlich ist, als „ominös“ ein. Nicht zuletzt, weil dort trotz der Forderung nach Transparenz nicht nachzuvollziehen ist, wer Mitglied des Verbands ist. Weiterhin gibt er einige juristische Tipps mit auf den Weg. Zunächst sollten die Influencer prüfen, von wem sie abgemahnt werden. Bei einer Abmahnung muss untersucht werden, ob eine Änderung im Post usw. angebracht ist. Es sollte sich jedoch unbedingt schon auf eine mögliche Änderung vorbereitet werden. Wird eine Verfügung zugestellt, ist diese wirksam.

Engels schlägt noch die Streitwertreduzierung und das Wahrnehmen von Anhörungen vor, vor allem aber die Expertise von Experten auf dem Gebiet. Im Bestfall werden die werblichen Kooperationen vertraglich so geregelt, dass keine Streitpunkte entstehen. Dann ist die Regel für die Werbung gar nicht mehr so komplex. Das wird sie allerdings bei der Betrachtung der inhaltlichen Gestaltung. Bei mehrsprachigen Followern sind auch Kennzeichnungen wie #Ad/Werbung sinnvoll, um sich abzusichern.

Völlige Klarheit konnten die Experten den Influencern also letztlich nicht verschaffen. Aber wichtige Ansätze haben sie ihnen vermittelt.

Mit Branded Channels können Marken wichtigen Einfluss nehmen

Auch Nadine Scholl von HRA Pharma und Sarah Kübler von HitchOn waren als Rednerinnen bei der INREACH zu Gast. Sie verantworten den Branded Channel „Bedside Stories“ von HRA Pharma, der vor allem Aufklärung zur Pille danach betreibt. Dazu werden in einem seriellen Format Themen wie Sex, Liebe, Verhütung usw. mit Moderatorinnen und Influencern aufgearbeitet. Vorurteile und Mythen sollen abgebaut werden. Das ist wichtig, weil besonders 18- bis 24-jährige – und weibliche – User angesprochen werden. Im Gespräch mit der Influencerin Ness wurde das Thema Pille danach extra früh platziert; damit auch die Viewer informiert sind, die vor Ende des Videos ausschalten. Aber immerhin hat das Video fast 120.000 Aufrufe generiert.

https://www.youtube.com/watch?v=Zumjwv3_RpI

Die Influencer werden gebraucht, um ihre Reichweite für eine schwierige Thematik einzusetzen. So konnte der Kanal bisher über sechs Millionen Views und dabei eine starke Engagement Rate von 7,4 Prozent generieren.

Wir sehen uns in einer Informationspflicht,

meint Nadine Scholl. Um ein relevantes Thema langfristig in Social Media zu platzieren, lohnt die Verbreitung über einen Branded Channel bei YouTube. Denn YouTube ist inzwischen eine Suchmaschine – die zweitgrößte überhaupt –, die auch bei vielen Problemen zurate gezogen wird. Daher finden die User bei spezifischen Anfragen bei der Videoplattform die Kanäle von Marken, die sich auf diese Keywords spezialisieren. Auf diese Weise kann man mit Videos, die schon etwas älter sind, ebenfalls viele Views hervorbringen. Im Falle von „Bedside Stories“ geht sogar ein Drittel der Views von solchen Videos aus.

Die INREACH lehrt uns so Einiges

Letztlich lassen sich viele Schlüsse zum Influencer Marketing aus der Konferenz ziehen. Einer davon ist sicherlich, dass Reichweite nicht alles ist; auch Qualität ist bei den Followern gefordert. Allerdings ist die Reichweite oft der erste Indikator bei Influencern – und für eine Kooperation mit Podcasts etwa ausschlaggebend. Wer eine große Reichweite hat, so der Tenor, sollte sie auch ein Stück weit nutzen, um gesellschaftlich relevante Themen zu vermitteln. Das zeigt „Bedside Stories“, das betont genauso Aaron Troschke:

Geht wählen, aber nicht rechts.

Das Influencer Marketing lässt sich auf vielfältige Weise nutzen, selbst für das Recruiting oder die Aufklärung. Dabei müssen rechtliche Rahmungen aber eingehalten werden. Das gestaltet sich mitunter komplex, doch die klare Botschaft ist hier: wer Influencer ist, trägt eine öffentliche Verantwortung, die mit den Privilegien einhergeht.

Wer diese Marketing-Form als irrelevant ausschreibt, hat womöglich die Dimension noch nicht erfasst. Denn das Influencer Marketing ist keineswegs neu. Es wird nur für verschiedene aktuelle Plattformen transformiert. Hierbei bietet es dank innovativer Ansätze und der Potentiale neuer Formate für Marken, Einzelpersonen, Publisher und Co. diverse Möglichkeiten. Influencer ist also ein schwieriges Wort, weil es nicht die Bandbreite der Potentiale abdeckt. Doch genau diese ist es, die die Werbung in Instagram-geprägten Zeiten mitgestaltet. Dieser Einfluss ist nicht von der Hand zu weisen und wird wohl mit jüngeren Generationen nur zunehmen.

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