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Branding
Brand Safety: Marken fürchten schlechte Nachbarn

Brand Safety: Marken fürchten schlechte Nachbarn

Stefan Rosentraeger | 08.10.14

Marken scheuen den Einsatz von Technologien zur Auslieferung von Content und Ads. Sie machen sich Sorgen um die eigene Brand Safety.

Um ihre Marken im Netz bekannter zu machen, scheuen sich viele Brands noch immer davor, das volle Potenzial an Online-Tools auszuschöpfen. Das liegt einerseits an den technischen Tücken vieler Tools, andererseits an mangelndem Wissen, welche Möglichkeiten es gibt, seine Brand über digitale Kanäle bekanntzumachen. Höchste Zeit also, die Angst vor Online-Branding abzulegen und einen Blick auf die Chancen zu werfen.

Angst um Markensicherheit treibt Brands in traditionelle Targeting-Mechanismen

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Das trifft für die allseits beliebten Bad Ads zu. Es hat sich zu einem Dauerbrenner vieler Online-Magazine entwickelt, Top-Listen von Werbemitteln zu veröffentlichen, die in zweifelhaften Kontexten erscheinen. Bratwurst-Werbung neben einem Bericht über einen Hausbrand oder ein Messerset, das dem Leser auf einer Seite mit einer Meldung über eine Messerstecherei ins Auge springt – gutes Targeting geht anders. Für Werbungtreibende geht es nicht nur darum, zum Gespött der User zu werden. Eine schlechte Platzierung von Ads kostet Unternehmen einiges an Reputation und prägt sich bei zahlenden Kunden nachhaltig negativ ins Gedächtnis ein. Darüber hinaus profitieren sogenannte Content-Diebe, die sich buchstäblich mit fremden Federn schmücken. Nicht nur Unternehmen, auch User sind verunsichert: Fälle wie bei Yahoo!, bei denen User über Redirects mit Malware infiziert wurden, zeigen, dass Display-Werbung durch Malvertising ernste Sicherheits- und Vertrauensprobleme hat.

Unter dem Namen „Good Money Gone Bad“ hat die Digital Citizens Alliance einen Bericht veröffentlicht, der die Folgen schlechter Ad Placements deutlich macht. Die sogenannten „Content Theft Websites“ machen jährliche Umsätze von bis zu 227 Millionen US-Dollar und speisen bis zu 94 Prozent ihrer Umsätze aus der Werbung anderer Unternehmen, darunter sehr viele Premiummarken. Umsätze, die den Urhebern, die in digitale Werbeplätze investieren, verloren gehen. Gerade die automatisierte Auslieferung von Werbung über Programmatic Buying gerät damit in ein negatives Licht, wie Media Thirst in seiner Analyse der Studie näher erläutert:

Ads normally pass through five or six intermediaries before they wind up on publisher sites—with little to no human intervention during the placement process. This movement away from human involvement in ad placement has created a significant lack of accountability within the digital advertising industry, divesting brands of control over the content associated with their ads and making ensuring high-quality ad content on their sites increasingly difficult for publishers.

Die Sorge um die eigene Brandsicherheit lässt viele Unternehmen in traditionellen Targetingmechanismen mit einem sehr begrenzten Fokus verharren. Werbung wird nur auf den Seiten eingebucht, die man kennt und nach den Faktoren, die über die eigene Zielgruppe bekannt sind. Adrian Lacey vom Londoner Technologiedienstleister Crimtan schreibt zum Verhalten der Unternehmen beim Thema Branding: „Understandably, brands are nervous about ads appearing next to inappropriate content and have restricted campaigns to a small number of known sites with good quality content as a result. […] Marketers often seek to use the same targeting criteria they use offline — usually demographics — and this reinforces their decision to buy individual sites that match their target audience“.

Gerade im Programmatic Branding gilt es also, die Sorgen der Brands ernst zu nehmen und Lösungen aus dem Dilemma schlechter Ad-Platzierungen aufzuzeigen.

Programmatic Branding: Transparenz, Sicherheit und Vertrauen im Fokus

Um auf Sicherheitslücken im Ad Placement zu reagieren, setzt beispielsweise Facebook auf zusätzliche Monitoring- und Review-Prozesse. Neben schärferen Werberichtlinien wurden manuelle und teilautomatisierte Qualitätsprüfungen eingebaut, um Werbungtreibende zu unterstützen:

All of this will improve detection of what qualifies as questionable content, which means we’ll do a better job making sure advertising messages appear next to brand-appropriate Pages and Groups. While these changes won’t have a meaningful impact on Facebook’s business, they will result in benefits to people and marketers.

Unternehmen wie Quantcast setzen auf Targeting-Lösungen, die auf die Bedürfnisse von Brands ausgerichtet sind. Die Lösung „Quantcast Advertise for Branding“ wurde bereits 2012 ins Leben gerufen. Neben Komponenten zur Segmentierung von Zielgruppen nach demografischen Faktoren bietet Quantcast Nutzern die Analyse von „Spendographics“ an. Dabei handelt es sich um Zielgruppen-Segmente, die aus „premium purchase“ Daten modelliert werden und gewährleisten, dass Brand-Kampagnen auf Grundlage fundierter und qualitativ hochwertiger Daten ausgeliefert werden. „This independent verification confirms that Quantcast’s systems and policies prevent ads from appearing within unsuitable or damaging contexts and is an important milestone that confirms safeguards for advertisers“ ließ das Unternehmen in einer offiziellen Mitteilung verlauten.

Um Programmatic Branding erfolgreich zu gestalten, zählt das Schaffen von Transparenz, Sicherheit und Vertrauen im Umgang mit Technologien zu den großen Herausforderungen. Um den richtigen Kontext beziehungsweise geeignete Werbeflächen für den eigenen Content zu finden, gibt es außerhalb der Programmatic-Technologien noch weitere Targeting-Optionen, die einen Blick wert sind.

Semantisches Targeting: Content in den richtigen Kontext bringen

Bereits seit einigen Jahren wird semantisches Targeting als Heilsbringer zur Vermeidung deplatzierter Online-Werbung diskutiert. Dabei bewegt sich diese Form des Targetings, die den Kontext von Werbeplätzen analysiert, immer noch im Schatten der aufstrebenden Realtime-Technologien. Im ZEIT-Artikel „Werbung an der richtigen Stelle“(aus dem Jahr 2010) wird das methodische Vorgehen beschrieben. Mithilfe von Kategoriensystemen werden Keywords und Webseiten systematisiert, um anschließend Werbemittel gezielt auszuliefern. Gerade die Berücksichtigung positiver und negativer sprachlicher Konnotationen, also Begriffsinhalte, sollen gewährleisten, dass Kontexte auf speziellen Metaebenen identifiziert und schlechte Werbung vermieden wird. Beispiel: Feuer ist nicht automatisch Grillfeuer, Messer ist nicht automatisch Massaker oder ein feines Fischmesser. Experten wie Malte Landwehr äußerten sich damals kritisch zum Erfolg semantischen Targetings:

Schade nur, dass Semantic Targeting nicht mal ansatzweise gut funktioniert. Entweder es kommt nach wie vor vor, dass man unpassende Werbeanzeigen schaltet oder man lässt viele passende Werbeplätze links liegen. Einen dieser beiden Fehler muss man bei dieser noch in den Kinderschuhen steckenden Technologie hinnehmen. Und dann muss der Kram auch noch für jede Sprache neu entwickelt/justiert werden.

In der Zwischenzeit hat sich einiges getan und es kommt sehr genau darauf an, wie das semantische Targeting in bestehende Systeme integriert ist. AdAnt Media aus Hannover qualifizieren Werbeflächen im Realtime Bidding mit einer eigens entwickelten „Semantic Targeting Engine (STAN)“. Auf Bidrequests erfolgen nach Aussage von AdAnt „übergreifende Kontextanalysen“, um geeignete Werbeplätze aufzuspüren. Im Content-Marketing unterstützt beispielsweise moresophy Unternehmen technologisch mit semantischen Konzeptmodellen, die im Backend von Content-Management Systemen integriert sind. Damit kann beispielsweise das Matching von Suchanfragen und passendem Content in internen Suchmasken in Echtzeit gesteuert werden.

Semantisches-Targeting-Contentanalysen
Einsatz semantischen Targetings zur Analyse von Themen und Inhalten im Content-Marketing (Foto: moresophy GmbH)

Die Modelle funktionieren wie ein kleiner Google Knowledge Graph, also ein Themennetz, das kundenindividuell angelegt wird. Dieses wird anschließend mithilfe der Verhaltensdaten von Usern gefüttert und kann dann das Targeting sowie die Auslieferung von Content steuern. Durch die Konfiguration der Konzeptmodelle lässt sich bereits im Vorfeld lenken, mit welchen Themen das Unternehmen in Berührung steht und welche Konzepte ausgeschlossen werden sollen. Beispiel: Das Unternehmen bietet hochwertige Messersets an. Ausschluss ist, dass diese Messer im Zusammenhang mit Themen wie Mord, Waffen oder ähnlichem stehen.

Brand-Safety: ein kanalübergreifendes Thema

Die vorgestellten technischen Möglichkeiten sind grundverschieden. Aber wie ich in meinem Artikel „Content-Marketing & Programmatic Buying: ein neues Traumpaar?“ bereits angedeutet habe, lohnt sich der Blick über den Tellerrand und auf integrierte Ansätze. Es ist durchaus eine Option, im Vorfeld der Werbemittelaussteuerung mithilfe semantischer Technologien das kontextuelle Umfeld zu analysieren und seine unterschiedlichen Zielgruppendaten miteinander in Bezug zu setzen und dann seinen Content über RTB-Plattformen auszuliefern.

Das Thema Brand-Safety ist ein kanalübergreifendes Thema, das alle Entscheider im Unternehmen berühren muss. Die Stärkung der Marken-Sicherheit im Online-Marketing sollte nicht allein von einem Tool abhängen, sondern an mehreren Stufen des Werbeprozesses systematisch Schritt für Schritt angegangen werden.

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