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Performance Marketing
Cookieless: Alternativen zum Tracking über Third Party Cookies

Cookieless: Alternativen zum Tracking über Third Party Cookies

Ein Gastbeitrag von Boris Otterbach | 19.01.22

Während der Support für Third Party Cookies bei den größten Browsern wegfällt, sucht die Marketing-Welt nach Alternativen. Hier werden einige vorgestellt.

Apple und Mozilla haben es bei ihren Browsern längst getan, Google wird 2023 folgen und Third Party Cookies in Chrome blockieren, dem weltweit meistbenutzten Browser. Die Folgen? Ohne Third Party Cookies werden klassische Instrumente des Online Marketings wie Tracking und Targeting nicht mehr wie bisher funktionieren. Um die viel beschworene Cookiecalypse abzuwenden, müssen Alternativen für Werbetreibende her.

Echte Stalker: Third Party Cookies

Wer im Internet beispielsweise nach einer neuen Winterjacke gesucht hat, sieht plötzlich auf allen möglichen Websites Winterjacken-Angebote. Richtig nervig wird es, wenn die neue Winterjacke online schon längst bestellt ist und trotzdem noch überall Anzeigen mit entsprechenden Angeboten aufploppen.

Hinter den Werbeversuchungen sowie dem Fluch unnützen Retargetings (Werbung für eine Jacke, die längst im Besitz der Angesprochenen ist, lohnt sich für niemanden) stecken heute fast immer Third Party Cookies. Dabei handelt es sich um browserseitig gespeicherte Code-Schnipsel von Drittanbieter:innen, die das Surfverhalten einzelner Personen über verschiedene Websites hinweg tracken, individuelle Interessenprofile erstellen und an die Drittanbieter:innen übermitteln. Diese nutzen die Profile dann, um Zielkund:innen zu erkennen und diese mit passgenauer Werbung anzusprechen.

Cookieloses Tracking statt Consent Management

Wichtig aus datenschutzrechtlicher Sicht: Cookiebasiertes Targeting erfordert immer die Einwilligung (Consent) der Website-Besucher:innen. Die Website-Betreiber:innen sind gesetzlich verpflichtet, ein datenschutzkonformes Consent Management zu etablieren. Das ist aufwendig und stört die User in der Praxis häufig. Stichwort Privacy-Paradox: Die Menschen fordern einerseits den bestmöglichen Schutz ihrer persönlichen Daten, möchten dafür aber andererseits nicht regelmäßig diverse Opt-in-Häkchen bei den Einwilligungsabfragen setzen müssen. Website-Betreiber:innen erleichtert es allerdings das Verwalten von Datenschutzeinwilligungen.

Das Verbannen aller Third-Party-Cookies erscheint daher nur konsequent und folgerichtig. Doch was bedeutet diese Entscheidung am Ende für werbetreibende Unternehmen und Content-Anbieter:innen, die ihre Services mit dem Verkauf von Werbeplätzen finanzieren?

Online-Werbung stirbt nicht aus

Steuern wir auf eine cookielose Zeit ohne Online-Werbung zu? Nein, ganz sicher nicht! Bei optimistischer Betrachtung könnte ohne die Third Party Cookies manches sogar besser laufen. Zielgruppen fühlten sich in einem freien Web ohne Cookies nicht so ausgespäht und verfolgt. Ihnen wie den Werbenden blieben beim Tracking ohne Cookies zudem überflüssige Retargetings und dadurch fehlgeleitete Marketing-Investitionen erspart. Ohnehin gilt: Marketing mithilfe von Third Party Cookies ist zwar weitverbreitet, aber keineswegs die Ideallösung. So ermitteln die Cookies auf Grundlage des Surfverhaltens zwar ein Profil, allerdings nur ein gerätespezifisches. Profile von Desktop, Tablet und Smartphone lassen sich derzeit nämlich nicht so ohne Weiteres zusammenführen – Berücksichtigung finden immer nur individuelle Verhaltensausschnitte.

Womöglich eröffnet der Abschied von den Third Party Cookies die Chance, in Zukunft alternative Targeting-Methoden so intelligent miteinander zu verknüpfen, dass völlig neue Möglichkeiten entstehen. In diesem Sinne kann es niemandem schaden, sich frühzeitig mit alternativen Targeting- und cookielosen Tracking-Methoden auseinanderzusetzen und deren Einsatzmöglichkeiten für das eigene Marketing auszuloten.

Alternative Targeting-Methoden für eine cookielose Ära

Kohorten-Targeting

Die Idee ist simpel: Statt personenbezogene Informationen zu sammeln, um Individuen gezielt mit Werbung anzusprechen, werden bei dieser Targeting-Methode Gruppen von Personen mit ähnlichem Interesse gebildet. Eine solche Gruppe wird Kohorte genannt, sie sollte aus Tausenden Personen bestehen, sodass einzelne Nutzer:innen in der Menschenmenge anonym bleiben.

In technischer Hinsicht sehen Werbetreibende im Browser nur noch eine Kohorten-ID und Informationen zum Browser-Verlauf, andere personen- beziehungsweise gerätebezogene Daten werden nicht übermittelt. Nicht der einzige, aber sicher der bekannteste Lösungsansatz dieser Art wird aktuell von Google selbst entwickelt. Das Projekt läuft unter dem Namen „Federated Learning of Cohorts“ (kurz: FLoC).

Datenschützer:innen sehen den Ansatz kritisch. Kriterien für die Kohortenbildung könnten so spezifisch gewählt werden, dass aufgrund der geringen Trefferzahl durchaus Rückschlüsse auf Einzelpersonen möglich wären. Etwa bei kombinierten Kohortenkriterien wie zum Beispiel „Alle aktiven Profifußballer, die sich für Pferde interessieren“.

Noch ein Kritikpunkt: Nur wer wie Google Zugang zu einer riesigen Menge von Browser-Daten hat, kann werberelevante Kohorten bilden. Dies könnte die ohnehin führende Position von Google im Werbemarkt zu einem Monopol ausweiten. Ob sich FLoC durchsetzt, bleibt schon deshalb fraglich.

Contextual Targeting

Contextual Targeting (kontextbasiertes Targeting) gilt als alter Hut im digitalen Marketing. Das Prinzip: Werbetreibende definieren Keywords und verbinden diese mit ihren Ads. Ausgespielt wird die Werbung dann auf Publisher-Seiten, die zu den definierten Keywords passen. Beispiel: User bekommen eine DataGuard-Werbung dann zu sehen, wenn sie online einen Text lesen, in dem die Keywords „Datenschutz“ und „Informationssicherheit“ vorkommen.

Ungünstig beim klassischen Contextual Targeting: Das Umfeld, in dem die Keywords auftauchen, wird nicht weiter analysiert. Es kann also passieren, um ein weiteres Beispiel zu bringen, dass die mit dem Keyword „Kalifornien“ verknüpfte Anzeige eines Reiseunternehmens ausgerechnet neben einem Bericht über die jüngsten Waldbrände im Sequoia-Nationalpark erscheint. Eine Fehlplatzierung, die sicherlich nicht die gewünschten Reaktionen hervorruft.

Semantisches Targeting

Semantisches Targeting ist eine Weiterentwicklung des Contextual Targetings. Ein Algorithmus analysiert den Sinnzusammenhang, in dem ein Keyword auftaucht. Der Algorithmus des Ad Servers erkennt, ob ein Begriff in einem positiv oder negativ konnotierten semantischen Umfeld auftaucht und entscheidet auf dieser Basis, ob eine Werbung erfolgt oder nicht.

Die so erreichte thematische Relevanz stellt sicher, dass Zielkund:innen eine Werbung zu dem Zeitpunkt erhalten, in dem sie sich mit einem Thema beschäftigten. Durch diese gezielte Ansprache können Streuverluste vermieden und die Performance einer Kampagne kann erhöht werden.

Auf den Punkt: Das klassische Behavioral Targeting mithilfe von Third Party Cookies blickt stets zurück und orientiert sich am Surfverhalten eines Users in der Vergangenheit. Semantisches Targeting verfolgt hingegen eine „Gegenwartsstrategie“: Die Zielkund:innen werden in dem Moment angesprochen, in dem sie sich für die Welt interessieren, in der das beworbene Angebot zu Hause ist.

KI- und Predictive-Lösungen

Künstliche Intelligenz (KI) und Big-Data-Vorhersagemodelle (Predictive-Modelle) liegen im Marketing seit Langem im Trend. Auch nach dem Aus für Third Party Cookies werden große Werbenetzwerke und Ad Server noch über genug Daten verfügen, mit denen immer intelligentere KI-Lösungen immer präzisere Wahrscheinlichkeitsberechnungen durchführen können.

Geodaten sowie Informationen über Jahres- und Uhrzeiten, Verweildauer, die Art des Endgeräts und das Betriebssystem lassen sich weiterhin vollautomatisch auslesen und intelligent mit Drittinformationen kombinieren. Die Möglichkeiten kennen kaum Grenzen. Dennoch werden auch hier Einwilligungen von den Betroffenen notwendig sein.

Beispiel: Ein Wellness-Unternehmen an der Nordsee könnte bei anhaltendem Regen gezielt Werbung an mobile Endgeräte ausspielen, deren Besitzer:innen sich angesichts der Standort- und Nutzungsdaten aller Wahrscheinlichkeit gerade im Sommerurlaub an der norddeutschen Küste befinden.

ID-gestütztes Targeting

Interessant für größere Publisher und Werbenetzwerke werden künftig auch ID-gestützte Targeting-Lösungen sein. Die Idee: Um an besonders relevanten Content zu kommen, loggen sich die User freiwillig ein oder identifizieren sich anonymisiert beispielsweise über eine Mobile- oder Device-ID.

Unverzichtbar ist für ID-gestütztes Targeting eine Einwilligung des Users in rechtssicherer Consent-Form. Wichtig: Dies gilt auch für die neuesten Machine-Learning-Lösungen, die eine ID ohne vorherigen Log-in oder andere eindeutige Identifikationshilfen vergeben können. Bei der Verwaltung von Datenschutzeinwilligungen kann ein Consent Management Tool helfen.

Aktuell bringen sich ID-Anbieter:innen in Stellung, die mit vielen verschiedenen Publishing-Partner:innen zusammenarbeiten und so eine sehr hohe Relevanz bekommen. Diese Identity-Anbieter:innen nutzen das Single-Sign-on-Prinzip, um es den Endverbraucher:innen leicht zu machen: Diese registrieren sich einmal, verwalten ihre Authentifizierungen und Einwilligungen zentral über ein Privacy Center und erhalten Zugang zu allen Partner:innen-Websites.

Hilfreich für Werbetreibende: Die neuen ID-Ansätze erlauben erstmals ein Cross-Device Tracking und damit die gezielte User-Ansprache über verschiedene Geräte hinweg.

Fazit: Cookieless macht kreativ

Es gibt noch deutlich mehr Targeting-Alternativen. Die hier vorgestellten vermitteln allenfalls einen ersten Eindruck davon, wie kreativ Online Marketer und Publisher jetzt werden, um bestmöglich vorbereitet in die Nach-Cookie-Ära zu starten. Die Suche nach alternativen, datenschutzkonformen und nachhaltig transparenten Tracking- und Targeting-Konzepten ist nur der Anfang.

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