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Human Resources
War for Talents: So passt du dein Recruiting an die Generation Lockdown an

War for Talents: So passt du dein Recruiting an die Generation Lockdown an

Michelle Winner | 29.03.21

Wer junge Talente während und nach der Coronakrise für sich gewinnen will, muss sich ihrer Sorgen und Bedürfnisse bewusst werden – und entsprechende Rekrutierungsstrategien etablieren.

Nachdem wir dir im ersten Teil unseres zweiteiligen Themenschwerpunkts „Generation Lockdown“ einen Einblick in die Situation der jungen Talente gegeben haben, wollen wir dir heute zeigen, wie du dein Recruiting entsprechend anpassen kannst. Denn um im War for Talents zu bestehen und die neue Generation von Arbeitskräften zu überzeugen, musst du zunächst deren Probleme und Bedürfnisse verstehen und entsprechend reagieren.

Sicherheit als Grundbedürfnis der Generation Lockdown

Ebenso wie in Teil 1, stützten sich unsere Tipps auf die Expertise von Svenja Rausch, Expertin für Karriereorientierung, Kommunikation und Marketing bei JobTeaser, und Markus Küppers, Emotionsforscher und Geschäftsführer von September – Strategie & Forschung, und entsprechende Studien beider Unternehmen. Über die Situation an den Universitäten berichtet Rausch, dass die Studierenden unter den Kontaktbeschränkungen leiden – nicht nur im Privatleben, sondern auch was die Angebote der Unis angeht. So ist der virtuelle Service der Career Center und Co. oft nicht umfassend genug. Die dadurch resultierende Hilflosigkeit der Studierenden führt dazu, dass 13 Prozent von ihnen keinerlei Vorstellung von ihrer zukünftigen Karriere haben.

Ein weiteres Resultat dieser Entwicklung ist, dass das Bedürfnis nach Sicherheit gestiegen ist. So berichtet Küppers, dass die sonst bei jungen Menschen so beliebte Arbeit für Startups in der Generation Lockdown an Attraktivität verliert. Stattdessen suchen immer mehr junge Talente nach einem Job in einer Behörde. Denn dieser vermittelt Sicherheit und Beständigkeit. Als Recruiter kannst du dir das zunutze machen, indem du beim Employer Branding Arbeitsplatzsicherheit und langfristige Zusammenarbeit bewirbst. Selbst wenn dein Unternehmen keine Behörde ist, kannst du die jungen Talente so überzeugen.

Generation Lockdown über Social Media ansprechen

Gen Z ist mit den sozialen Medien aufgewachsen und beweist in diesem Sektor große Affinität. Der Lockdown hat dies noch einmal verstärkt und dazu geführt, dass immer mehr 16- bis 24-Jährige Social Media als Verbindung zur Außenwelt nutzen. Memes werden als Ausdruck der komplexen Gefühlslage genutzt, die derzeit vorherrscht, und Challenges schaffen eine Art Gemeinschaftsgefühl. Und während die Generation Lockdown nicht gern über TikTok redet, nutzt doch ein Großteil von ihr die Plattform. Facebook hingegen ist für diese Altersgruppe inzwischen irrelevant. Gemeinschaftsgefühl wird übrigens auch durch soziales Online-Engagement geschaffen: Die Generation der Weltverbesserer hat im Coronajahr besonders während der #BlackLivesMatter-Bewegung gezeigt, wie viel Kraft eine Online Community haben kann.

Abgesehen davon steht auch Self-Education hoch im Kurs: Generation Lockdown möchte sich weiterbilden und weil das in Schulen und Universitäten derzeit erschwert wird, zieht sie sich in die digitale Sphäre zurück. Egal ob Rezepte, DIYs zur Umgestaltung des eigenen Zimmers oder sich neue Fähigkeiten aneignen, wie Tanzen oder das Sprechen einer Fremdsprache – Social Media bietet für fast alles Tutorials. Gleichzeitig sind sich die jungen Talente ihrer erhöhten Bildschirmzeit bewusst und versuchen dieser entgegenzuwirken. So wagen sich immer mehr Personen an Digital Detox und löschen ihre Social Media Apps vom Handy. Das geschieht aber meist nur für einen kurzen Zeitraum. Doch was kannst du aus dem Verhalten in den sozialen Medien nun für dein Recruiting ziehen? Natürlich die Tatsache, dass du die jungen Talente dort ansprechen solltest, wo sie ihre Freizeit verbringen. Das kann dir so gelingen:

  • Zeige dich solidarisch, indem du über die Kanäle deines Unternehmens beispielsweise Lockdown Memes teilst
  • Setze neben Instagram und Snapchat ebenfalls auf TikTok, um die Generation Lockdown anzusprechen
  • Nimm an Challenges teil oder erstelle eigene Herausforderungen für eure Follower
  • Mache unternehmensinterne Werte und soziales Engagement deutlich, indem du zum Beispiel Ressourcen zu #BLM teilst oder Nachhaltigkeit im Sinne von Fridays for Future promotest
  • Teile DIYs, kleine Fitnessübungen für die Pausen zwischen dem Online-Unterricht und andere kleine Tricks, die den Lockdown-Alltag angenehmer gestalten
  • Setze auf eine gute Mischung aus spaßigen Posts und Beiträgen, die auf Karrierechancen in deinem Unternehmen aufmerksam machen – beides in einem wäre die Ideallösung
  • Veranstalte Live Streams als aktive Fragerunden

Weitere Tipps zum Thema Social Media Recruiting kannst du in unserem Digital Recruiting 101 nachlesen. Ziel deiner Aktivität in den sozialen Median ist in jedem Fall ein gutes Employer Branding. Das heißt, dein Unternehmen soll sich als attraktiver Arbeitsplatz für junge Menschen darstellen und sich so von der Konkurrenz abheben. Deshalb sollte der Content auch originell sein und vor allem zum Mitmachen aufrufen.

Hat Social Media Abnutzungseffekte?

Auf diese Frage, die während des Pressegesprächs gestellt wurde, weiß Küppers Antwort. Er erklärt, dass die Generation Lockdown der sozialen Medien zwar ab und an überdrüssig wird, er aber nicht von einem Abnutzungseffekt sprechen würde. Nach Ende der Pandemie werden sich die jungen Talente erst einmal auf alles stürzen, was physischen Kontakt erlaubt, prognostiziert er. Aber dieser Effekt wird sich mit der Zeit wieder einpendeln. Die sozialen Medien bleiben weiterhin ein relevantes Instrument im Recruiting. Außerdem werden bestimmte Praktiken aus dem Lockdown beibehalten werden, wie etwa Meetings über Zoom und Co. oder auch die virtuelle Kontaktaufnahme zwischen Unternehmen und Bewerber:innen, so Küppers.

Wie haben sich die Werte der Generation Lockdown verändert?

Die neue Generation von Arbeitskräften gilt als fordernd und werteorientiert. Nachhaltigkeit, Work-Life-Balance und einen Sinn in der Arbeit finden steht für sie meist an erster Stelle. Hinzu kommt, dass die jungen Talente oft am längeren Hebel sitzen und sich aussuchen können, zu welchem Unternehmen sie gehen. Heißt, Arbeitgeber:innen müssen sich im War for Talents mehr anstrengen. Hat der Lockdown etwas an dieser Situation verändert? Ja, meint Experte Küppers. Er erklärt, dass die Coronakrise die Bedürfnispyramide verändert habe. Die Grundbedürfnisse wie Nahrung und Schlafplatz sind abgedeckt. Das Sozialbedürfnis und der Drang nach Bestätigung durch die eigene Peer-Gruppe hingegen nicht. Durch diese Lücke werden die oberen Bedürfnisstufen von den jungen Talenten vernachlässigt und verlieren an Bedeutung. Zu diesen zählen eben Werte wie Nachhaltigkeit oder der Wunsch nach Selbstverwirklichung. Es entsteht eine gewisse „Demut“.

Heißt für den Arbeitsmarkt, dass die Generation Lockdown dazu geneigt sein könnte, Jobs anzunehmen, die nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Dadurch kann schnell Unzufriedenheit entstehen und außerdem geht wertvolles Potential verloren, wenn dieses in einem Unternehmen keine Entfaltungschance hat. Das wirkt sich am Ende negativ auf Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen aus. Doch was tun, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern? Svenja Rausch weiß Rat und empfiehlt folgende Schritte:

  • Mehr Beratungsgespräche seitens Universitäten, aber auch Unternehmen
  • Orientierungsangebote, die beim Lösen der Probleme von Generation Lockdown helfen
  • Jungen Talenten weiterhin die Chance zur Weiterentwicklung ermöglichen
  • Werte, für die das Unternehmen steht, auch weiterhin nach außen kommunizieren

Wie können Unternehmen helfen, dass Selbstvertrauen von Generation Lockdown aufzubauen?

Im ersten Teil haben wir vom Schildkröteneffekt berichtet, dass junge Talente sich also in ihren Panzer zurückziehen und weniger wagen. Auch dadurch geht wertvolles Potential verloren. Unternehmen können dem jedoch entgegenwirken und der Generation Lockdown in Sachen Recruiting eine Art Starthilfe geben. Küppers erklärt, dass Menschen Selbstvertrauen nur selbst aufbauen können. Arbeitgeber:innen können jedoch Hilfestellung leisten, beispielsweise indem sie über die Website oder Social Media zeigen, was Talenten entgeht, wenn sie sich zurückziehen. Gleichzeitig betont Küppers die Wichtigkeit von Ermutigung: Positioniere dein Unternehmen als attraktiven Arbeitsplatz und rufe potentielle Bewerber:innen direkt dazu auf, mit euch in Kontakt zu treten – und zwar nicht nur schriftlich, sondern auch telefonisch. Letzteres stellt oft eine Überwindung für Generation Lockdown dar, doch ein erfolgreiches Telefonat ist deshalb auch ein Booster fürs Selbstvertrauen.

Viele junge Talente sind zudem verunsichert, weil sie die Einstellungsstopps in vielen Unternehmen bemerkt haben und deshalb nicht wissen, wo sich eine Bewerbung überhaupt lohnt. Auch hier spielt das Employer Branding eine große Rolle: Rausch empfiehlt, dass Arbeitgeber:innen stetig präsent sein sollten, beispielsweise über Social Media, und vor allem Active Sourcing betreiben sollten. Auf geeignete Talente zuzugehen und sie auf offene Stellen anzusprechen, kann das Selbstvertrauen aufbauen und gleichzeitig wertvolle Mitarbeiter:innen für dein Unternehmen gewinnen.

Lücken im Lebenslauf von Generation Lockdown ignorieren

Die Coronakrise hat außerdem dazu geführt, dass sich in den Lebensläufen vieler junger Talente Lücken bilden, weil die Pläne für die Zeit nach dem Abschluss verworfen werden mussten. Hinzu kommt, dass viele ihren Abschluss als Coronaabitur oder Coronastudium verunglimpfen und denken, dieser sei nichts wert. Küppers erklärt, dass Banalitäten wie die Abschlussnote nach ein paar Jahren Berufserfahrung nichts mehr zählen, aber gerade beim Berufseinstieg immer eine wichtige Rolle gespielt haben. Hier muss laut des Experten ein Umdenken in den Köpfen der Arbeitgeber:innen stattfinden: Unternehmen sollten klar kommunizieren, dass sie nicht nur auf der Jagd nach den besten Abschlussnoten sind, sondern den Menschen als Ganzes sehen. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil viele junge Talente durch psychische Belastung und teilweise unzureichenden Unterricht einen Leistungsabfall erleben mussten.

An dieser Situation können Schüler:innen und Studierende nichts verändern, deshalb ist das Verständnis der Arbeitgeber:innen hier gefragt. Rausch verweist in diesem Kontext auf ein Zitat, dass oft in Personalabteilungen gehört wird und vermutlich auf Herb Kelleher, Mitgründer von Southwest Airlines, zurückgeht:

Hire for attitude, train for skills.

Grob erklärt, heißt das, Unternehmen sollten Mitarbeiter:innen aufgrund von Werten und Motivation einstellen. Fehlende Hard Skills können diese immer noch erlernen, im besten Fall im Berufsalltag. Rausch plädiert dafür, dass sich Arbeitgeber:innen auf dieses Motto berufen. Gleichzeitig gibt sie auch zu bedenken, dass viele junge Talente sich ihrer Soft Skills nicht bewusst sind und diese dementsprechend nicht überzeugend in einer Bewerbung darstellen können. Hier müsse es seitens der Schulen und Universitäten Orientierungsangebote geben.

Wie sieht der War for Talents nach Ende der Krise aus?

Was Zukunftsprognosen angeht, hält sich Küppers bedeckt, denn: Keiner kann sagen, was nach Ende der Coronapandemie geschieht. Das Ende der Krise wird ein langsamer Prozess sein und wir werden Schritt für Schritt eine Rückkehr zur Normalität erleben – und auch Veränderungen. Küppers sieht zwei Szenarien als möglich an: Nummer 1, die Generation Lockdown wird sich nach all der Isolation in Beziehungen stürzen, die Sicherheit versprechen. Er kann sich eine Hochzeitswelle vorstellen. Auf dem Arbeitsmarkt wird in diesem Szenario die Nachfrage nach unbefristeten Arbeitsverträgen steigen. Nummer 2 stellt das genaue Gegenteil dar. Generation Lockdown könnte – auf gut Deutsch gesagt – beziehungsgestört aus der Krise kommen und sich nicht mehr an feste Bindungen heranwagen, nach all den Unsicherheiten der vergangenen Monate oder Jahre. Das Resultat könnte die Zunahme von Job Hopping sein sowie eine wachsende Experimentierfreudigkeit. Mit Sicherheit lässt sich jedoch keines der beiden Szenarien bestätigen.

Mit Blick in die Zukunft plädiert Rausch dafür, dass Unternehmen sich die Probleme der Generation Lockdown bewusst machen und entsprechend reagieren. Sie wünscht sich mehr Active Resourcing, um die jungen Talente abzuholen und zu integrieren. Es sollten effektive digitale Onboarding-Strategien entwickelt werden und Unternehmen sollten ihr Recruiting nicht komplett einfrieren, wenn nicht unbedingt nötig. Lieber sollten digitale Chancen genutzt werden, um das Potential der jungen Talente zu erhalten und so einen Zugewinn fürs Unternehmen zu haben. Es zeigt sich also, dass Arbeitgeber:innen durch ihre Rekrutierungsstrategien aktiv dazu beitragen können, dass die Generation Lockdown nicht zur verlorenen Generation wird – du musst nur wissen, wie du die Talente auffängst und ansprichst.

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