Human Resources
Allein an der Spitze: Warum Führungskräfte im Job so oft einsam sind

Allein an der Spitze: Warum Führungskräfte im Job so oft einsam sind

Marié Detlefsen | 14.01.25

Die kalte Jahreszeit ist da, es ist dunkel und nass, aber auch ohne äußere Umstände fühlen sich Mitarbeitende immer einsamer bei der Arbeit. Insbesondere Führungskräfte verspüren laut einer neuen Studie häufig Einsamkeit im Home Office. Erfahre, warum das so ist und welche Lösungen Unternehmen finden können.

Führungskräfte tragen Verantwortung, leiten Teams und Projekte – und fühlen sich dabei oft einsam. Eine aktuelle Umfrage von Indeed deckt auf, dass sich 36 Prozent der Angestellten in Deutschland während der Arbeit allein fühlen. Besonders betroffen davon sind Führungskräfte: Rund jede:r Zweite (50 Prozent) mit Führungsverantwortung gibt an, sich im Berufsalltag einsam zu fühlen. Im Top-Management steigt dieser Anteil sogar auf alarmierende 75 Prozent. Einsamkeit ist damit kein Randphänomen – insbesondere nicht für Führungskräfte.

Lange Zeit konzentrierte sich die öffentliche Debatte vor allem auf Einsamkeit im privaten Leben. Doch die Umfrageergebnisse legen nahe, dass auch der Arbeitsplatz ein Ort der Isolation sein kann. Dr. Stefanie Bickert, Job- und Karriereexpertin bei Indeed, sagt über die Erkenntnisse:

Auch im beruflichen Umfeld hat Einsamkeit Folgen. Wer sich allein fühlt, ist weniger produktiv, weniger resilient gegenüber Veränderungen und häufiger krank. Einsamkeit ist kein individuelles Problem, sie ist schlecht fürs Geschäft.

Macht das Home Office einsam?

Die Gründe für die Vereinsamung am Arbeitsplatz sind vielfältig. Es geht dabei weniger um die bloße Anzahl der Kontakte, sondern vielmehr um die Qualität der Beziehungen. Fehlende Wertschätzung und Vertrauen führen zu Isolation – unabhängig davon, ob jemand im Büro oder im Home Office arbeitet.

Die Arbeit von zu Hause aus verstärkt die Einsamkeit vieler Führungskräfte: Laut der Umfrage fühlen sich 73 Prozent der Führungskräfte, die im Home Office arbeiten, allein. Doch das Büro ist kein Garant für soziale Verbundenheit. Fast die Hälfte (45 Prozent) der Befragten mit Präsenzarbeitsplatz gibt an, sich trotz Kolleg:innen allein zu fühlen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass Einsamkeit nicht unbedingt mit der Arbeitsumgebung zusammenhängt, sondern vielmehr mit der fehlenden Tiefe der zwischenmenschlichen Beziehungen.

Führungskräfte sind von diesem Phänomen besonders betroffen. Sie stehen oft zwischen den Interessen der Unternehmensleitung und ihrer Teams und haben selten Kolleg:innen, mit denen sie ihre Herausforderungen teilen können. Besonders in Führungspositionen wird Einsamkeit zu einer unsichtbaren Bürde, die nicht nur die persönliche Gesundheit belastet, sondern auch die Arbeitsleistung und die Unternehmenskultur beeinflusst. Dies ist auch einer der Gründe, warum generell immer weniger junge Menschen eine Führungsposition anstreben.

Maßnahmen gegen Einsamkeit am Arbeitsplatz

Unternehmen sind gefragt, der Einsamkeit ihrer Mitarbeitenden – insbesondere ihrer Führungskräfte – mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Führungskräfte prägen maßgeblich die Unternehmenskultur. Wer sie im Umgang mit Einsamkeit stärkt, verbessert auch das Wohlbefinden aller Mitarbeitenden. Folgende Maßnahmen könnten hilfreich sein, um gegen das Gefühl der Einsamkeit im Team vorzugehen:

  • Offene Kommunikationskultur: Schaffung eines sicheren Rahmens, in dem berufliche und persönliche Themen besprochen werden können.
  • Individuell angepasste Arbeitsmodelle: Flexibilität in der Gestaltung von Präsenz- und Home-Office-Tagen, die den individuellen Bedürfnissen gerecht wird.
  • Gezielte Beziehungsmomente: Räume und Gelegenheiten für wertschätzende Interaktionen jenseits klassischer Meetings, wie Team Events oder gemeinsame Projekte.

Trotz Einsamkeit: Vertrauen als Ressource

Es gibt laut der Studie jedoch auch positive Aspekte: Die Studie zeigt, dass Führungskräfte ein hohes Maß an Vertrauen in ihre Vorgesetzten und die Unternehmensleitung haben. 85 Prozent vertrauen den direkten Vorgesetzten, und 83 Prozent fühlen sich mit der Firma verbunden. Interessanterweise zeigt sich, dass Führungskräfte im Home Office ihre Kolleg:innen bei der Erledigung von Aufgaben sogar häufiger als zuverlässig wahrnehmen (91 Prozent) als ihre Kolleg:innen im Büro (88 Prozent).

Diese Werte zeigen, dass trotz der Einsamkeit im Berufsalltag wichtige Ressourcen vorhanden sind, auf denen Unternehmen aufbauen können. Eine starke Bindung und ein hohes Vertrauen innerhalb der Organisation bieten Ansatzpunkte, um Einsamkeit gezielt zu bekämpfen. Insbesondere Führungskräfte sind eine Schlüsselgruppe, die vom Unternehmen gestärkt werden muss, um nicht nur ihre eigene Isolation zu reduzieren, sondern auch positive Impulse für die gesamte Belegschaft zu setzen. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen: Es gibt Handlungsbedarf – und gleichzeitig eine solide Basis, auf der aufgebaut werden kann.

Eine Möglichkeit, um der Einsamkeit und dem Stress im Alltag entgegenzuwirken, können auch Reset Days oder sogenannte Null-Bock-Tage sein. Mehr dazu erfährst du im folgenden Artikel:


Null-Bock-Tage:

Spontaner Freiraum für gestresste Arbeitnehmer:innen?

Statt Einsamkeit lieber Null-Bock-Tage: Spontaner Freiraum für gestresste Arbeitnehmer:innen?
© Mateusz Dach – Pexels

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