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Human Resources
Ausbildung mit Perspektive: So können Unternehmen Azubis nachhaltig binden

Ausbildung mit Perspektive: So können Unternehmen Azubis nachhaltig binden

Marié Detlefsen | 27.09.24

Immer mehr Azubis brechen ihre Ausbildung vorzeitig ab – ein Problem, das Unternehmen teuer zu stehen kommt. Im Interview erklärt Unternehmensberater Randolph Moreno Sommer, wie Arbeitgeber:innen mit gezielten Maßnahmen die Mitarbeiter:innenbindung ihrer Auszubildenden stärken und Abgänge verhindern können.

In diesem Jahr bleiben erneut viele Lehrstellen unbesetzt – und das trotz eines stetig wachsenden Fachkräftemangels. Gleichzeitig steigt die Zahl der Auszubildenden, die ihre Ausbildung vorzeitig abbrechen. Die Gründe dafür sind vielfältig: mangelnde Betreuung, fehlende Integration ins Team und unklare berufliche Perspektiven zählen zu den häufigsten Ursachen. Für Unternehmen stellt dies eine enorme Herausforderung dar, denn der Verlust eines Azubis ist nicht nur teuer, sondern schwächt auch langfristig die Wettbewerbsfähigkeit.

Doch trotz der teilweisen hohen Gehälter herrscht in vielen Branchen ein Mangel an Nachwuchskräften. Laut der Bundesagentur für Arbeit blieb im vergangenen Jahr ein Drittel der Ausbildungsplätze unbesetzt. Auch in diesem Jahr waren noch über 200.000 Lehrstellen frei (Stand Juli 2024). Gleichzeitig konnten nur rund 44 Prozent der Unternehmen ihre offenen Stellen nicht oder nur teilweise vergeben.

Doch wie können Arbeitgeber:innen die Abbruchquote senken und ihre Azubis langfristig ans Unternehmen binden? Wir haben uns schlau gemacht und mit Randolph Moreno Sommer gesprochen. Er ist Unternehmensberater sowie Gründer und Geschäftsführer von FAIRFAMILY. In unserem Interview erklärt er, wie Unternehmen die Loyalität ihrer Auszubildenden durch gezielte Maßnahmen wie regelmäßige Feedbackgespräche, klare Karriereperspektiven und ein unterstützendes Arbeitsumfeld nachhaltig steigern können. Wie das genau funktioniert, erfährst du im folgenden Interview.

Das Interview

OnlineMarketing.de: Immer mehr Azubis brechen ihre Ausbildung ab, weil ihre Bedürfnisse nicht erkannt werden. Welche Bedürfnisse können das konkret sein und was sind die Hauptgründe für einen Abbruch?

Bild von Randolph Moreno Sommer

Azubis haben, genau wie alle anderen Mitarbeiter:innen, grundlegende Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Anerkennung, Wertschätzung und Respekt – diese bezeichne ich als Systemgesetze. Diese Bedürfnisse werden häufig verletzt, beginnend beim Onboarding über die Teamintegration bis hin zu den weiteren Entwicklungsmöglichkeiten,

die oft nicht strukturiert oder systematisiert genug sind. Besonders bei Azubis kommt hinzu, dass sie oft nicht als vollwertige Mitglieder angesehen werden. Dies führt zu einer Negativspirale, bei der das Gefühl der Zugehörigkeit, Anerkennung und Wertschätzung weiter abnimmt, was letztlich zu einem Abbruch führen kann.

Mangelnde Betreuung und fehlende Integration ins Team sind oft genannte Gründe für einen Abbruch. Welche konkreten Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um Auszubildende besser zu betreuen und ins Team zu integrieren?

Um Azubis besser zu betreuen und ins Team zu integrieren, ist ein solider Onboarding-Prozess essenziell. Dieser sollte ähnlich strukturiert sein wie bei regulären Mitarbeiter:innen, wobei die Führungskraft eine zentrale Rolle spielt. Es ist ihre Aufgabe, sicherzustellen, dass der Azubi als vollwertiges Teammitglied gesehen wird. Dies beinhaltet, dass der Azubi vorgestellt wird, regelmäßiges Feedback erhält und seine Arbeit wertgeschätzt wird. Die Integration ins Team und die kontinuierliche Betreuung durch die Führungskraft sind entscheidend, um Abbrüche zu vermeiden.

Bei größeren Unternehmen fällt es Arbeitgeber:innen nicht immer leicht, alles im Blick zu haben. Wie können sie frühzeitig erkennen, wenn Auszubildende über einen Abbruch oder Wechsel nachdenken?

Eine wirksame Methode ist das regelmäßige Führen von Feedback-Gesprächen. Ich empfehle monatliche 1:1-Coachings zwischen Führungskraft und Azubi. Diese sollten strukturiert und systematisch durchgeführt werden, wobei Themen wie persönliche und berufliche Höhen und Tiefen, das Wohlbefinden im Team sowie die eigene Leistung im Mittelpunkt stehen. Durch diese Gespräche kann die Führungskraft frühzeitig erkennen, ob es Probleme gibt, die zu einem Abbruch führen könnten, und entsprechend gegensteuern.


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© Andrea Piacquadio – Pexels


Karriereperspektiven sind für viele junge Menschen ein entscheidender Faktor. Was sind deine besten Tipps, wie Unternehmen klare und realistische Aufstiegsmöglichkeiten für ihre Azubis schaffen können?

Unternehmen sollten einen klaren Entwicklungsplan für Azubis erstellen, der ihnen zeigt, wie sie sich in ihrer Rolle weiterentwickeln können. Ein solcher Plan könnte vorsehen, dass der Azubi sich auf eine Juniorstelle hinarbeitet und nach der Übernahme die Möglichkeit hat, sich auf eine seniorigere Position zu entwickeln. Dazu müssen klare Positionen im Unternehmen definiert und ein Gehaltslevel-Struktursystem etabliert werden. Ein transparenter Karrierepfad mit klaren Zwischenzielen und Anforderungen ist entscheidend, um den Azubis eine langfristige Perspektive zu bieten.

Was denkst du, warum viele Unternehmen immer noch Schwierigkeiten haben, eine langfristige Bindung ihrer Azubis zu erreichen? Gibt es aus deiner Sicht typische Fehler, die Arbeitgeber:innen machen?

Ein häufiger Fehler ist, dass Unternehmen keinen gut durchdachten Onboarding- und Entwicklungsprozess haben, was auch bei regulären Mitarbeiter:innen zu Fluktuation führt. Bei Azubis ist das besonders kritisch, da sie entweder während der Ausbildung abbrechen oder nach der Ausbildung keine Motivation haben, im Betrieb zu bleiben. Entscheidend ist, dass das Onboarding, die Karrieremöglichkeiten und die Unterstützung durch die Kolleg:innen gut sind. Die Führungskraft trägt hierbei die Verantwortung, die Bindung systematisch aufzubauen und zu organisieren.

Welche Rolle spielen deiner Meinung nach moderne Mitarbeiter:innen-Benefits bei der Motivation und Bindung von Azubis? Welche Benefits sind besonders attraktiv für diese Zielgruppe?

Moderne Mitarbeiter:innen-Benefits spielen eine wichtige Rolle bei der Motivation und Bindung von Azubis. Es ist entscheidend, dass Azubis in das Benefit-Paket der Arbeitgeber:innen eingebunden werden. Beispielsweise könnten Azubis von einem Gesundheitsbudget oder einer Betriebsrente profitieren, auch wenn die Beiträge möglicherweise etwas geringer ausfallen als bei regulären Mitarbeiter:innen. Wichtig ist, dass Azubis spüren, dass sie geschätzt werden und langfristig im Unternehmen eine Perspektive haben.


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© surface – Unsplash


Aus deiner Beratungserfahrung heraus: Gibt es Branchen, in denen die Abbruchquote besonders hoch ist? Wenn ja, warum glaubst du, dass das so ist und was können Unternehmen in diesen Branchen besser machen?

Besonders hohe Abbruchquoten gibt es in Branchen wie der Gastronomie, Hotellerie und im Gesundheitswesen, wo oft harte Arbeit am Wochenende und in der Nacht gefragt ist. Hier ist es besonders wichtig, auf eine gute Work-Life-Balance und ein unterstützendes Teamumfeld zu achten. Azubis, die in einem positiven Teamumfeld arbeiten und das Gefühl haben, dass ihre Arbeit geschätzt wird, sind eher bereit, auch unter schwierigen Bedingungen zu bleiben. Ein klarer Entwicklungspfad und das Gefühl, Teil eines starken Teams zu sein, können hier entscheidend sein.

Abschließend: Welche langfristigen Strategien empfiehlst du Unternehmen, um nicht nur Azubis erfolgreich auszubilden, sondern sie auch nach der Ausbildung langfristig ans Unternehmen zu binden?

Die langfristige Strategie beginnt bei der Positionierung als attraktive:r Arbeitgeber:in. Das bedeutet, ein gutes Benefit-Paket anzubieten, das Recruiting zu optimieren und sicherzustellen, dass die richtigen Azubis eingestellt werden, die zum Unternehmen passen. Zudem ist es wichtig, klare Rollen und Entwicklungspfade zu definieren und die Produktivität durch gut strukturierte Ausbildungsprogramme zu steigern. Führungskräfte sollten zudem in Coaching und Mediation geschult werden, um eine Unternehmenskultur zu fördern, in der Anerkennung, Wertschätzung und Respekt vorherrschen. So fühlen sich Azubis langfristig wohl und bleiben dem Unternehmen treu.


Wir bedanken uns recht herzlich für das schriftliche Interview mit Randolph Moreno Sommer sowie für die spannenden Insights aus seiner Perspektive.


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