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E-Commerce
Fragwürdige Platzierung: Amazon entfernt Eigenmarken aus Top Promotion Spots

Fragwürdige Platzierung: Amazon entfernt Eigenmarken aus Top Promotion Spots

Niklas Lewanczik | 04.04.19

Viele Eigenmarken von Amazon tauchen in extrem sichtbaren Bereichen auf. Im Zuge genauerer Prüfungen sind viele dieser Angebote inzwischen verschwunden.

Die Marktmacht der eigenen Plattformen steht besonders bei Facebook, Google oder Amazon unter Beobachtung. Google hat in Europa bereits Strafen im Kontext des Missbrauchs der eigenen Marktmacht zahlen müssen, während US-Senatorin Elizabeth Warren weiter das Aufbrechen der großen Player fordert. Daher hat Amazon nun eine Reihe von Promotions für Eigenmarken, die bei der Plattform extrem prominent platziert waren, ohne viel Aufhebens wieder entfernt.

Amazon steuert potentiellem Marktmachtsmissbrauch entgegen

Amazon braucht sich um seine Stellung als der Online-Marktplatz schlechthin keine Sorgen zu machen. Zudem wird das Unternehmen in den USA inzwischen bei 66 Prozent der Produktsuchen als Startpunkt gewählt. Das ist auch für Marketer interessant, weshalb für Amazons Werbeeinnahmen dieses Jahr allein in den USA ein Wert von 11,33 Milliarden US-Dollar prognostiziert wurde.

US-Werbeausgaben bei Amazon bis 2021, © eMarketer

Solch eine Marktmacht steht schon länger unter Beobachtung. Kritisiert wurde bei Amazon auch, dass Eigenmarken, Brands, deren Produkte durch Amazon selbst oder direkte Partner hergestellt werden, bei der Plattform, die ebenfalls als Produktsuchmaschine fungiert, besonders prominent beworben wurden. Wie Eugene Kim nun bei CNBC berichtet, hat das Unternehmen derlei Promotions in großem Maße reduziert.

Die Eigenmarken sind für Amazon dank besserer Margen, einem erweiterten Angebot und damit auch zunehmendem am Preis orientierten Wettbewerb durchaus wertvoll. Kim erklärt, dass diese eigenen Marken in eigens dafür vorbehaltenen Bereichen promotet wurden. Beispielsweise im oberen Umfeld der Suchergebnisse oder sogar neben der „Buy Box“ von Artikeln anderer Anbieter. Während Advertiser also immer mehr Geld in Amazon investieren, um ihre Ads bestmöglich für die Nutzer auszuspielen, hat das Unternehmen die Produkte der Eigenmarken trotzdem gewissermaßen bevorzugt behandelt. Allerdings wurden diese Promotions in den vergangenen Wochen deutlich reduziert, viele Anzeigen wurden entfernt oder anders platziert. Damit dürfte sich Amazon aktiv gegen den Vorwurf der unlauteren Wettbewerbsverzerrung zu Wehr setzen.

Hat Amazon den Wettbewerb verzerrt?

Inwieweit das Unternehmen den Wettbewerb im Kontext von Produktergebnissen und Ads für Produkte verzerrt hat, ist ohne eine tiefergehende Analyse nur ausschnitthaft darstellbar. Dennoch zeugt das Handeln Amazons davon, dass bei der Platzierung der Promotions für die Eigenmarken eine unfaire Komponente vorhanden war. Andrea Leigh, VP bei Ideoclick, einer Agentur, die Sellern und Marken beim Verkauf über Amazon hilft, sagt gegenüber CNBC:

If I were Amazon, I would be worried about being viewed as giving unfair advantage to my private label products, given the amount of power they hold in general — and how unpopular the amount of power is quickly becoming.

Der Bericht von Kim gibt ein Beispiel. Bei der Suche nach „baby food pouches“, also Lebensmittelbeuteln für Babies, ist eine Promotion mit dem Titel „Top Rated from Our Brands“ verschwunden.

Amazons aggressive Promotion der Eigenmarken nimmt ab (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © CNBC

Außerdem wurden Banner für „Top Rated“-Produkte zum Teil ans untere Ende der Suchergebnisseite geschoben. Auch in der Rubrik „Ähnliche Produkte“, in der Amazon eigene Markenprodukte beworben hatte, sind diese Promotions mitunter verschwunden. Amazon selbst beteuert in einem Statement, dass diese Promotions keine Werbeanzeigen seien. Vage wird erklärt:

We are always testing different experiences in order to provide more convenience, more efficiency and more options for customers while shopping our stores.

Amazon hat nun den Vorteil, auf zahlreiche aussagekräftige Daten von Nutzern zugreifen zu können, um Platzierungen von Produkten mit eigener Beteiligung optimal einzuschätzen. Das Hervorheben solcher Produkte und von Eigenmarken sei jedoch allgemeine Praxis. Nichtsdestotrotz machen die Produkte der eigenen Marken nach Angaben des Unternehmens nur gut ein Prozent aller Sales aus. Letzten Monat hatte Amazon laut Gartner’s L2 ganze 119 Eigenmarken vorzuweisen, von denen in den letzten drei Jahren mehr als die Hälfte kreiert worden waren.

Test fürs Advertising oder Grund für größere Besorgnis?

Die Promotion dieser Marken in gut sichtbaren Bereichen auf der Plattform könnte möglicherweise auch eine Art Testlauf für das Inventar sein, das für tatsächliche Ads von Dritten vorgesehen sein könnte. Trotzdem wirkte die Praktik bisher wie eine immer stärker werdende Bevorteilung der Eigenmarken, die eine strengere Wettbewerbsprüfung auf den Plan hätte rufen können. Mit dem Entfernen oder Umplatzieren vieler Promotions entzieht sich Amazon zumindest im Hinblick auf diesen Aspekt einer weiteren kritischen Auseinandersetzung, während gleichzeitig Seller und Advertiser aufatmen können. Denn ihre Sichtbarkeit und Positionierung bei Amazon ist für sie das Grundlegende.

Amazon hat als Unternehmen zwar das Recht, eigene Marken im Kontext des großen Angebots auf der Seite zu promoten. Bei einem solch großen Einfluss auf die Gesellschaft, und der im E-Commerce sicherlich als marktbeherrschend geltenden Stellung, muss das Unternehmen aber auch einen fairen Wettbewerb gewährleisten können. Die Beobachtung Amazons durch Kritiker und die Konkurrenz wird anhalten. Amazon hat gut daran getan, sich selbst wieder aus der Schusslinie zu nehmen. Die Advertiser werden, was eMarketers Zahlen zeigen, jedoch von Amazons Praktiken bei den Promotions kaum abgeschreckt. Ihre Ausgaben für Ads bei der Plattform werden wachsen – insbesondere dann, wenn neue vielversprechende Bereiche für diese Werbeanzeigen erschlossen werden. Und einige stark sichtbare Bereiche dürften künftig wieder zur Verfügung stehen.

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