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Netflix gewinnt wieder User – und plant ab 2023 umfassende Zahlungen für Passwort-Sharing

Netflix gewinnt wieder User – und plant ab 2023 umfassende Zahlungen für Passwort-Sharing

Niklas Lewanczik | 19.10.22

Im dritten Quartal 2022 konnte Netflix 2,4 Millionen neue Kund:innen gewinnen. Doch dank des neuen werbegestützten Abonnementmodells und mithilfe von für das Passwort-Sharing fälligen Zahlungen möchte Netflix mehr Umsatz und mehr User generieren. Diese sollen schon 2023 weltweit ausgerollt werden.

Auf viele Menschen, die zwar regelmäßig Netflix nutzen, jedoch nicht selbst Abonnent:innen sind, kommen womöglich Kosten zu. Der Streaming-Dienst stellte kürzlich das neue, werbegestützte Abonnementmodell vor, das im November in zwölf Ländern launcht. Dieses soll dank des im Vergleich zu den anderen Modellen niedrigeren Preises zugleich mehr User locken und für nachhaltige Werbeeinkünfte sorgen. Damit Netflix aber noch mehr neue Nutzer:innen gewinnt oder zumindest die Nutzung monetarisiert, die von Personen ausgeht, die ihren Zugang zum Streaming-Dienst via Account Sharing erhalten, plant das Unternehmen für 2023 ein härteres Vorgehen bei der Durchsetzung von Paid Features im Rahmen der Passwortweitergabe.

Netflix mit leichtem User-Zuwachs: Jetzt kommen Werbung und Kosten für Unter-Accounts

In Deutschland können Menschen ab dem 3. November auf das Modell Basic with Ads von Netflix zugreifen. Für 4,99 Euro pro Monat erhalten sie dann ein abgespecktes Abonnement, ohne Download-Option, ohne Zugriff auf einige wenige Serien und Filme und mit der Anzeige von vier bis fünf Minuten Werbung pro Streaming-Stunde. Trotz der Nachteile gegenüber anderen Abonnementmodellen von Netflix hofft das Unternehmen, dass das Preismodell viele Menschen von einer Subscription überzeugt.

Im Quartalsbericht für das dritte Quartal 2022 konnte das Unternehmen – welches Anfang des Jahres erstmals einen User-Rückgang hinnehmen musste – 2,4 Millionen neue zahlende Kund:innen verbuchen. Auch der Umsatz lag mit 7,93 Milliarden US-Dollar leicht über den Prognosen des vorangegangenen Geschäftsberichts. Doch das Unternehmen möchte angesichts der starken Konkurrenz durch Disney+, Amazon Prime Video, Sky (WOW), Paramount+ (dieser Streaming-Dienst kommt im Dezember auch nach Deutschland), Apple TV+ und Co. noch mehr in das Umsatz- und User-Wachstum investieren. Deshalb wurde das werbegestützte Modell geplant und mithilfe von Microsoft und Marketing-Expert:innen für einen raschen Roll-out vorbereitet.

Darüber hinaus möchte Netflix aber auch die Monetarisierung von Mitnutzenden vorantreiben. Damit sind Personen gemeint, die der Streaming-Dienst mit den eigenen Angeboten direkt erreicht, die für die Nutzung aber nicht zahlen, weil sie den Account von anderen Personen mitbenutzen. Knapp 100 Millionen Haushalte erreicht Netflix nach eigenen Angaben über die mehr als 220 Millionen zahlenden Account-Besitzer:innen hinaus. Dieser Umstand dürfte das Unternehmen zwar freuen, drückt aber das finanzielle Wachstum. Daher möchte Netflix das sogenannte Paid Sharing zu einem wichtigen Wachstumsmodell ausbauen.

Das ist Paid Sharing und diese Kosten könnten auf Mitnutzende zukommen

Im März 2022 hat Netflix erste Paid Sharing Features veröffentlicht. Bei diesen bittet der Streaming-Dienst allerdings nicht die Haushalte um Zahlung, die gar keinen Account haben, zumindest nicht direkt. Stattdessen müssen Account-Inhaber:innen, die ihr Passwort an Freund:innden und Familie außerhalb ihrer Wohnung weitergeben, eine zusätzliche Gebühr entrichten. Greg Peters, COO von Netflix, erklärte dazu im Earnings Call im Frühjahr:

So if you’ve got a sister, let’s say, that’s living in a different city — you want to share Netflix with her, that’s great. We’re not trying to shut down that sharing, but we’re going to ask you to pay a bit more to be able to share with her.

In Chile, Costa Rica und Peru experimentierte das Unternehmen bereits mit der Bereitstellung von sogenannten Sub Accounts, die die Hauptinhaber:innen des Accounts zum Beispiel in Costa Rica 2,99 US-Dollar mehr pro Monat kosten. Allerdings zeigten sich bei den Tests auch Probleme. Denn Netflix‘ Definition eines Haushalts ließ Interpretationsspielraum und das Unternehmen hatte zunächst Schwierigkeiten mit der Nachverfolgung der Zahlungen und der Durchsetzung der neuen Regelungen.

Netflix hat womöglich aber Lehren aus den Tests gezogen. Denn kürzlich hat der Streaming-Dienst die Profilübertragung ermöglicht. Nutzer:innen, die das Profil eines anderen Users mitbenutzen, können ihre Einstellungen ab jetzt übertragen – auch wenn sie ein eigenes Abonnement abschließen. Sie können also einen Sub Account ohne Datenverlust in einen eigenen Account umwandeln. Ab Anfang 2023 rollt Netflix eine Gebühr für geteilte Accounts außerhalb eines Haushalts weltweit aus. Das Unternehmen erklärt:

Finally, we’ve landed on a thoughtful approach to monetize account sharing and we’ll begin rolling this out more broadly starting in early 2023. After listening to consumer feedback, we are going to offer the ability for borrowers to transfer their Netflix profile into their own account, and for sharers to manage their devices more easily and to create sub-accounts (‚extra member‘), if they want to pay for family or friends. In countries with our lower-priced ad-supported plan, we expect the profile transfer option for borrowers to be especially popular.

Wie hoch die Zusatzkosten in den verschiedenen Regionen ausfallen und ob das Paid Sharing schon Anfang 2023 auch nach Deutschland kommt, ist noch nicht völlig klar. Nutzer:innen müssen womöglich aber mit Zusatzkosten von 1,70 Euro bis zu mehr als drei Euro monatlich rechnen, wenn sie ihr Passwort für das Account Sharing außerhalb des eigenen Haushalts weitergeben. Wie stark und auf welche Weise das Unternehmen gegen Nutzer:innen, die die Gebühr nicht entrichten und weiter ihr Passwort teilen, vorgeht, wird sich dann nach dem umfassenden Roll-out in der Praxis zeigen.

Bingeable Releases sollen weiterhin Bestandteil der Plattform sein

Eine gute Nachricht für alle Netflix-Nutzer:innen und Fans von Binge Watching hat das Unternehmen auch noch in petto. Denn das Modell der bingeable Releases soll beibehalten werden. Das heißt, dass Netflix auch künftig ganze Staffeln oder zumindest größere Teile der Staffeln einer Serie auf einen Schlag zur Verfügung stellt, sodass User die Folgen direkt nacheinander schauen können. Andere Plattformen wie Disney+ und Co. liefern bei neuen Serien in der Regel nur eine Folge pro Woche. Auf diese Weise sollen Nutzer:innen länger an ihr kostenpflichtiges Abonnement gebunden werden – was letztlich dem Umsatz zugute kommt.

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