Human Resources
Stress, Home Office, Gehalt: Jede fünfte Frau ist unzufrieden im Job

Stress, Home Office, Gehalt: Jede fünfte Frau ist unzufrieden im Job

Marié Detlefsen | 06.03.25

Frauen stehen auf dem Arbeitsmarkt vor besonderen Herausforderungen: Hoher Stress, mangelnde Flexibilität und unfaire Gehaltsstrukturen beeinflussen ihre Jobzufriedenheit. Eine aktuelle XING-Studie zeigt, welche Faktoren für Frauen entscheidend sind – und was Arbeitgeber:innen tun können.

Frauen verdienen weniger als Männer, bekommen weniger Benefits und schaffen es nicht so schnell die Karriereleiter hinauf – alles stereotype Aussagen, welche seit Jahren auf dem Arbeitsmarkt umherwandern. Doch wie sieht die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt wirklich aus, insbesondere aus Sicht der Frauen? Zum Weltfrauentag am 8. März befragte XING für eine Studie 3.413 volljährige Arbeitnehmer:innen in Deutschland. Was macht Arbeitgeber:innen für Frauen attraktiv? Wie hoch ist ihre Wechselbereitschaft und was wünschen sich Arbeitnehmerinnen in ihrem Job? Wir stellen dir die Ergebnisse vor.

Wechselwilligkeit und Stress als Hauptfaktoren

Die forsa-Studie zur Wechselbereitschaft im Auftrag von XING wird seit 2012 erhoben und zeigt seitdem kontinuierlich die Entwicklung zwischen den Geschlechtern auf dem Arbeitsmarkt. In diesem Jahr wurde dabei deutlich: Frauen sind unzufriedener als ihre männlichen Kollegen. Während zwölf Prozent der Männer ihre berufliche Situation als unbefriedigend empfinden, liegt dieser Anteil bei den Frauen mit zwanzig Prozent erheblich höher.

20 Prozent der Frauen in Deutschland sind unzufrieden mit ihrem Job.
20 Prozent der Frauen in Deutschland sind unzufrieden mit ihrem Job, © XING

Doch führt diese Unzufriedenheit zu einer höheren Wechselbereitschaft? Trotz nahezu gleicher Wechselbereitschaft (Frauen: 36 Prozent, Männer: 37 Prozent) denken mehr Frauen täglich über einen Jobwechsel nach. Die Hauptgründe dafür sind nicht nur eine unzureichende Bezahlung (38 Prozent), sondern insbesondere Stress (44 Prozent) und unzufriedenstellende Führung (43 Prozent). Auch die Arbeitsinhalte sind oft nicht zufriedenstellend: Ein Drittel der Frauen sieht hierin einen Grund, nach neuen beruflichen Perspektiven Ausschau zu halten. Ein zu niedriges Gehalt (38 Prozent) spielt ebenfalls weiterhin eine wichtige Rolle, steht allerdings nicht auf Platz eins. Petra von Strombeck, CEO der XING-Muttergesellschaft New Work SE, erklärt die Ergebnisse folgendermaßen:

Frauen sind weiterhin überdurchschnittlich oft in Teilzeit beschäftigt, und sie tragen die Hauptlast der Care-Arbeit in der Familie. Es ist kein Wunder, dass enge Zeitfenster für Arbeit und Kinderbetreuung zu einem hohen Stresslevel führen – zumal dann, wenn man das Gefühl hat, nicht genügend Unterstützung von der Führungskraft zu bekommen oder beruflich auf einem Abstellgleis gelandet zu sein.

Diese Entwicklung spiegelt auch die Studie wider: Inzwischen arbeitet jede zweite Beschäftigte in Deutschland in Teilzeit, bei Männern sind es gerade einmal 13 Prozent. Gleichzeitig haben 27 Prozent der Frauen ihre Arbeit aufgrund von Kinderbetreuung reduziert, während dies nur sechs Prozent der Männer ebenfalls in Betracht gezogen haben.

Flexibilität und Sicherheit stehen für Frauen an erster Stelle

Angesichts der Doppelbelastung aus Beruf und Familie steht Flexibilität auf der Prioritätenliste von Frauen besonders weit oben. Zwei Drittel der befragten Arbeitnehmerinnen wünschen sich eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung, während es bei den Männern nur 55 Prozent sind. Auch Home Office spielt eine bedeutende Rolle: 48 Prozent der Frauen legen Wert auf die Möglichkeit zur Remote-Arbeit. Hinzu kommt, dass Frauen seltener bereit sind, eine attraktive Home-Office-Regelung gegen ein höheres Gehalt einzutauschen.

Der Trend zur verstärkten Präsenzpflicht in Büros trifft Frauen somit härter: Ein Drittel von ihnen fürchtet, dass ihr:e Arbeitgeber:in die Home-Office-Möglichkeiten weiter einschränkt oder bemängelt, dass diese bereits reduziert wurden. Besonders bemerkenswert: Frauen bewerben sich weniger häufig bei Unternehmen, die keine Remote-Option anbieten.

Zwei Drittel der Arbeitnehmerinnen wünschen sich eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung.
Zwei Drittel der Arbeitnehmerinnen wünschen sich eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung, © XING

Auch alternative Arbeitsmodelle gewinnen an Bedeutung. Besonders das Job-Sharing wird von Frauen als interessante Option betrachtet: Zehn Prozent sehen darin eine attraktive Möglichkeit, während es bei den Männern lediglich drei Prozent sind. Zudem legen Frauen verstärkten Wert auf das Engagement eines Unternehmens für das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Mehr als ein Drittel der Frauen (37 Prozent) erwarten in diesem Bereich gezielte Maßnahmen, während es bei den Männern nur 23 Prozent sind. Dies verdeutlicht, dass ein modernes und gesundheitsbewusstes Arbeitsumfeld für Frauen eine zentrale Rolle spielt.

Ungerechtigkeit bei Gehalt und Aufstiegschancen bleibt bestehen

Auch wenn Flexibilität für viele Frauen wichtiger ist als das Gehalt, nimmt die Bedeutung finanzieller Aspekte zu. Während 2024 noch 58 Prozent der Frauen angaben, dass neue Arbeitgeber:innen ihnen ein besseres Gehalt bieten müssen, sind es 2025 bereits 64 Prozent. Damit gleicht sich der Wert an die Erwartungen der Männer an. Dennoch bleiben Frauen zurückhaltender: Nur 49 Prozent sehen ihr aktuelles Gehalt als ausreichenden Grund, ihren Arbeitgeber:innen langfristig treu zu bleiben. Bei den Männern sind es 56 Prozent.

Auch Aufstiegschancen spielen eine Rolle, wenn auch nicht in gleichem Maße wie bei Männern. Während ein Drittel der männlichen Arbeitnehmer mangelnde Karrieremöglichkeiten als Wechselgrund angibt, sind es bei Frauen nur 25 Prozent. Dies verdeutlicht, dass Frauen in der Arbeitswelt oft andere Schwerpunkte setzen.

Ein Fünftel der Frauen in Deutschland ist von Altersarmut bedroht

Trotz der bestehenden Herausforderungen blicken Frauen optimistisch auf ihre beruflichen Chancen. Sechsundsechzig Prozent glauben, dass sie innerhalb der nächsten sechs Monate eine neue Anstellung finden könnten. Gleichzeitig fühlen sie sich etwas sicherer in ihrem aktuellen Job als Männer: Fünf Prozent der Frauen machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz, bei den Männern sind es zehn Prozent.

Interessanterweise planen mehr Frauen als Männer, bis zum regulären Renteneintrittsalter zu arbeiten (51 Prozent versus 45 Prozent). Nach dem Renteneintritt berufstätig bleiben wollen allerdings nur neun Prozent der Frauen, während es bei den Männern 16 Prozent sind.

Frauen müssen häufig aus finanzieller Notwendigkeit länger arbeiten.
Frauen müssen häufig aus finanzieller Notwendigkeit länger arbeiten, © XING

Die Gründe für eine längere Berufstätigkeit sind jedoch unterschiedlich: Während Männer häufig aus sozialen und kognitiven Gründen weiterarbeiten möchten, spielt für viele Frauen finanzielle Notwendigkeit eine entscheidende Rolle. Die Gefahr der Altersarmut ist bei Frauen deutlich größer als bei Männern. So ist etwa ein Fünftel der Frauen ab 65 Jahren in Deutschland von Altersarmut bedroht, unter anderem aufgrund der weiterhin bestehenden Einkommensunterschiede.

Frauen unterstützen – Arbeitgeber:innen in der Pflicht

Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass Unternehmen handeln müssen, um für Frauen attraktiv zu bleiben. Flexible Arbeitsmodelle, eine klare Führungskultur und eine gerechte Bezahlung sind zentrale Faktoren, um Mitarbeiterinnen langfristig zu binden. Wer als Arbeitgeber:in diese Bedürfnisse ernst nimmt, kann nicht nur die Zufriedenheit der weiblichen Beschäftigten steigern, sondern auch die eigene Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt stärken. Dieser Ansicht ist auch Cara Hönkhaus, Global Communications Manager bei InfoSum:

Diversität darf keine Nebensache sein. Es geht nicht darum, Diversität als Checkbox abzuhaken. Unternehmen müssen klare Maßnahmen definieren, um Frauen gezielt zu fördern – von transparenten Karrieremodellen bis zu echten Aufstiegschancen. Gleichberechtigung ist kein Frauenthema. Gerade Männer in Führungspositionen können hier einen immensen Wandel vorantreiben, indem sie sich bewusst für Veränderung einsetzen, alte Strukturen aufbrechen und Frauen bewusst fördern. Gleichzeitig müssen wir uns von der Idee verabschieden, dass der Weg nach oben ein Einzelkampf ist. Das bedeutet auch, dass wir uns gegenseitig unterstützen statt miteinander zu konkurrieren. Es gibt genug Platz für uns alle. Mentoring, Förderung, Netzwerke – all das muss mehr sein als ein Buzzword. Denn jede Frau, die weiterkommt, macht es für die nächste ein bisschen leichter.


Von der Theorie zur Praxis:

Effektive Maßnahmen zur Förderung von Frauen im Vertrieb

Kommentare aus der Community

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*

Melde dich jetzt zu unserem HR-Update an und erhalte regelmäßig spannende Artikel, Interviews und Hintergrundberichte aus dem Bereich Human Resources.