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Human Resources
Altersdiskriminierung im Bewerbungsprozess: Zwischen Stereotypen und Chancen

Altersdiskriminierung im Bewerbungsprozess: Zwischen Stereotypen und Chancen

Marié Detlefsen | 09.10.24

Immer mehr Menschen verzichten in Bewerbungen auf Altersangaben, um möglichst vorurteilsfrei bewertet zu werden. Eine aktuelle Studie zeigt, wie altersbedingte Stereotype sowohl junge als auch ältere Bewerber:innen beeinflussen – und welche Chancen und Risiken sich dadurch für Unternehmen ergeben.

Junge Einsteiger:innen sind häufig sprunghaft oder öfter krank, aber haben ein großes Technikverständnis, während ältere Arbeitnehmer:innen zuverlässig und qualifiziert sind, dafür beim Thema Technik aber häufig hinterherhängen – das ist zumindest eine weit verbreitete Ansicht. Aus diesem Grund entscheiden sich immer mehr Menschen in Deutschland dazu, ihr Alter bei Bewerbungen nicht anzugeben oder gar zu verändern.

Eine aktuelle Studie der digitalen Recruiting-Plattform Stepstone zeigt: Jede:r zehnte Bewerber:in lässt gezielt altersbezogene Informationen weg. Dies betrifft insbesondere jüngere Menschen im Alter von 18 bis 34 Jahren (zwölf Prozent) sowie Personen über 50 Jahre (neun Prozent). Diese Zurückhaltung bei der Altersangabe zielt oft darauf ab, altersbedingten Stereotypen und Vorurteilen zu entgehen, dennoch kann dieses Verhalten auch die Chancen auf ein Bewerbungsgespräch schmälern.

Das Alter spielt eine Rolle im Bewerbungsprozess

Der Hauptgrund für das Auslassen des Alters in Bewerbungen liegt auf der Hand: Viele Bewerbende möchten nicht in Schubladen gesteckt werden. Sie fürchten, aufgrund ihres Alters entweder als zu unerfahren oder als nicht mehr belastbar und lernbereit abgestempelt zu werden. Jüngere Bewerber:innen, insbesondere jene unter 35 Jahren, geben an, dass sie nicht als unterqualifiziert wahrgenommen werden wollen – eine Sorge, die 35 Prozent von ihnen teilen. Auf der anderen Seite stehen ältere Arbeitnehmer:innen, die zu 20 Prozent befürchten, aufgrund ihres Alters als „überqualifiziert“ oder schlicht „zu alt“ für bestimmte Positionen eingestuft zu werden.

Zwar ist es keine Pflicht, sein Alter in Bewerbungen anzugeben, doch kann das Alter im Bewerbungsprozess eine maßgebliche Rolle spielen. Auf der einen Seite erfordern einige Jobs ein bestimmtes Alter, zum Beispiel für den Job als Polizist:in, auf der anderen Seite schauen sich Recruiter vollständige Profile intensiver an, da sie die Kandidat:innen auf diese Weise besser einstufen können. Verzichtet man nun auf die Angabe des Alters, kann es sein, dass man gar nicht erst in die engere Auswahl im Bewerber:innenpool gelangt. Dennoch gibt es mittlerweile einige Unternehmen, die sich dazu entscheiden auf die Altersangabe zu verzichten und diese Informationen explizit nicht anfordern. Doch generell kann im Bewerbungsprozess das Alter eine ausschlaggebende Rolle spielen.


Vorurteile oder Realität?

Interview über Generationenkonflikte am Arbeitsplatz

Vorurteile oder Realität? Interview über Generationenkonflikte und Alter am Arbeitsplatz.
© Andrea Piacquadio – Pexels, via Canva


Hat das Alter wirklich Auswirkungen auf die Jobchancen?

Haben Recruiter wirklich Vorurteile gegenüber den verschiedenen Altersgruppen? Laut der Studie gelten jüngere Menschen aus Sicht von Personalverantwortlichen als besonders technikaffin. Über die Hälfte der Personalverantwortlichen (55 Prozent) schreibt ihnen umfassende Technikkenntnisse zu sowie eine hohe Lernbereitschaft (52 Prozent) und Innovationsfähigkeit (45 Prozent). Bei älteren Kandidat:innen werden hingegen eher Bedenken gehegt, ob diese mit den rasanten technologischen Entwicklungen mithalten können. Dennoch wird älteren Bewerber:innen auch eine Reihe von positiven Eigenschaften zugeschrieben: 65 Prozent der Recruiter bewerten sie als fachlich äußerst kompetent, 51 Prozent loben ihre Zuverlässigkeit und 43 Prozent ihre Sorgfalt.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Alter einen klaren Einfluss auf den Bewerbungsprozess ausübt: Rund 56 Prozent der Recruiter zweifeln an den technischen Fähigkeiten älterer Bewerber:innen und ziehen diese deshalb nicht immer in Betracht. Gleichzeitig werden Menschen ab 55 Jahren von der Hälfte der Befragten als „zu alt“ für bestimmte Positionen eingestuft. Generell gilt aber weiterhin, dass Alter und Eignung keineswegs pauschal in Verbindung gestellt werden können, zumal jede Branche ohnehin nach Alter unterschiedliche Anforderungen stellt.


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Arbeitgeber:innen müssen alle Generationen auf dem Arbeitsmarkt vereinen

Nichtsdestotrotz schrumpft der Arbeitsmarkt weiter und die Bevölkerung altert zunehmend, daher könnten Arbeitgeber:innen, die Altersdiversität fördern, langfristig davon profitieren. The Stepstone Group-Arbeitsmarktexperte Dr. Tobias Zimmermann sagt hierzu:

Bereits in sechs Jahren wird es auf dem Arbeitsmarkt mehr Personen im Rentenalter als unter 20-Jährige geben. Wir brauchen in Zukunft jeden einzelnen Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitgeber, die die Jüngsten und Ältesten begeistern, schaffen sich einen strategischen Vorteil für die Zeit der Arbeiterlosigkeit. Sie gewinnen sowohl wertvolle Fähigkeiten als auch ein Mehr an potenziellen Arbeitskräften auf einem schrumpfenden Arbeitsmarkt.

Aus diesem Grund ist es für Arbeitgeber:innen wichtig, gezielte Angebote zur Weiterbildung bereitzustellen. Dadurch können sowohl jüngere als auch ältere Angestellte motiviert und es kann an „Schwachstellen“ gearbeitet werden. Die Studie zeigt außerdem, dass mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der über 50-Jährigen auch angeben, sich fortlaufend weiterbilden zu wollen, damit sie im Arbeitsleben immer auf dem aktuellen Stand bleiben. Dies zeigt auch die Lernbereitschaft der älteren Bevölkerung. Deshalb sollten Recruiter Bewerber:innen nicht nach Alter kategorisieren und in vorbestimmte Schubladen stecken. Nur auf diese Weise kann ein diverser und langfristiger Arbeitsmarkt entstehen.


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