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Human Resources
Über das Rentenalter hinaus arbeiten: Mehr als die Hälfte bereit dazu

Über das Rentenalter hinaus arbeiten: Mehr als die Hälfte bereit dazu

Niklas Lewanczik | 13.08.24

Fachkräftemangel und demografischer Wandel belasten den Personalmarkt, HR-Verantwortliche und die Wirtschaft. Doch viele Menschen über 50 können sich auch die Arbeit nach dem Eintritt ins Rentenalter vorstellen – mit Abstrichen.

In Deutschland sind sehr viele Menschen der Generation 50+ der Meinung, nach dem Eintritt ins gesetzliche Rentenalter noch arbeiten zu können – und viele wollen es auch. Gleichzeitig haben sie konkrete Vorstellung in Bezug auf eine solche Tätigkeit. Trotzdem bietet diese Erkenntnis den Hinweis auf ein Potential, das die Wirtschaft und HR Teams nutzen können. Aber: Zu der Einordnung dieser Umfrage gehört auch die Realität, dass die Altersarmut steigt.

Weiterbeschäftigung im Rentenalter für viele vorstellbar – vor allem in Teilzeit

Im Auftrag des Jobs-Netzwerks XING hat Appinio in Deutschland 1.000 Teilnehmer:innen im Alter ab 50 Jahren (Durchschnittsalter 65,2 Jahre) zur Arbeit im Rentenalter befragt. Dabei kam heraus, dass 62 Prozent sicher sind, auch nach dem Eintritt in dieses Alter (67 Jahre oder je nach Geburtsjahr ein etwas geringeres Alter, vgl. die Deutsche Rentenversicherung) noch arbeiten zu können. Für 53 Prozent wiederum ist die Arbeit im Rentenalter eine Option. Allerdings würden nur zwölf Prozent der Befragten in Vollzeit arbeiten wollen. Für die meisten Befragten (34 Prozent) wäre eine Arbeitszeit von elf bis 20 Stunden pro Woche ideal.

So viel Arbeitszeit hätten Personen gern, die im Rentenalter noch arbeiten, © NEW WORK SE, Grafik mit Prozentzahlen, grünen Unterstreichungen, Uhr als Icon
So viel Arbeitszeit hätten Personen gern, die im Rentenalter noch arbeiten, © New Work SE

Dass aber überhaupt viele für die Arbeit in diesem Alter bereit sind, kann für die HR-Welt von Vorteil sein. Immerhin schreibt New Work SE:

Bis 2035 wird der deutsche Arbeitsmarkt um mindestens 1.000 Beschäftigte pro Werktag schrumpfen, da deutlich mehr Menschen in Rente gehen als neu dazukommen […].

Deshalb ist für Unternehmen und die Wirtschaft die Bereitschaft der Befragten ein gutes Zeichen. XING-Arbeitsmarktexperte Dr. Julian Stahl erklärt:

In Zeiten von Fachkräftemangel können wir es uns nicht leisten, dieses Potenzial nicht zu nutzen. Gerade in Engpassbranchen ist die Erfahrung, die ältere Beschäftigte mitbringen, unverzichtbar. Mit attraktiven Angeboten, wie z. B. flexiblen Arbeitszeitmodellen insbesondere für Ältere, können Unternehmen Engpässe abfedern und dadurch langfristig wettbewerbsfähig bleiben.

Finanzdruck? Deshalb möchten die Menschen weiterarbeiten

Über die Hälfte der Befragten (56 Prozent) möchte im Rentenalter weiterhin den Kontakt mit Menschen pflegen und deshalb weiterarbeiten. Für 42 Prozent ist es schlichtweg nicht vorstellbar, nicht mehr zu arbeiten. Und für 33 Prozent stellt die Arbeit auch im Rentenalter ein Mittel zur Selbsterfüllung dar. Doch der wichtigste Grund, von 63 Prozent genannt, ist die Einkommensquelle beizubehalten. Denn: Die Altersarmut in Deutschland ist laut Bertelsmann-Stiftung noch nicht allzu hoch, wird sich aber zu einem größeren Problem auswachsen. Besonders Frauen sind oft betroffen, es gibt nach Informationen des Statistischen Bundesamts eine Gender Pension Gap. Demnach sind auch 20,8 Prozent der Frauen ab 65 armutsgefährdet im Alter, bei den Männern derselben Altersgruppe sind es 15,9 Prozent. Die Gründe für die Altersarmut sind vielfältig; doch die Angst vor dieser könnte die vergleichsweise große Bereitschaft, im Rentenalter weiterzuarbeiten, teilweise erklären.

Im Alter noch zu arbeiten, ist eine Entwicklung, die an Relevanz gewinnt. Dass die Altersgrenze für Beschäftigung zunehmend steigt, zeigen laut New Work SE nicht zuletzt Zahlen des Instituts für Wirtschaftsforschung. Diese zeigen, dass der Anteil der Berufstätigen zwischen 60 und 64 Jahren 2003 noch bei 17 Prozent lag, 2023 aber bereits auf 55 Prozent angestiegen war. Dr. Julian Stahl kommentiert:

Es liegt nicht nur am Gesetzgeber, flexible Regelungen für den Renteneintritt zu ermöglichen, sondern auch an Unternehmen, älteren Arbeitnehmern die richtigen Angebote zu machen. Dazu gehört ein frühzeitiger Dialog zur Möglichkeit der Weiterbeschäftigung über das Renteneintrittsalter hinaus, inklusive einer Aufklärung über Zuverdienstmöglichkeiten neben der Rente. Wenn der demografische Wandel erst einmal im vollen Gang ist, kann das Angebot flexibler Arbeitszeitmodelle und Remote Work für Arbeitgeber zu einem wirklichen Wettbewerbsvorteil werden.

Wer als Arbeitgeber:in auf die Erfahrung und Expertise älterer Personen auch nach deren Erreichen des Rentenalters setzen möchte, hat womöglich gute Chancen. Dazu sind aber flexible Arbeitszeitmodelle besonders gefragt. Um die Arbeitnehmer:innen schon frühzeitig vom eigenen Unternehmen zu überzeugen, sind indes verschiedene Leistungen attraktiv. Dazu zählen ein gutes Gehalt, vermögenswirksame Leistungen, Benefits als Finanzausgleich und Flexibilität bei Arbeitszeit und -ort, welche den Menschen mehr Fokus auf die Planung des eigenen Lebens erlaubt. Außerdem sollten Unternehmen und HR Teams darauf achten, die Generation 50+ als relevante Gruppe von Arbeitnehmer:innen nicht zu vernachlässigen. Denn ein Wechsel ist für viele schon heute eine Option; und dann profitieren andere.


Jede:r Fünfte ist wechselwillig

– Generation 50+ wird oft vernachlässigt

© ageing_better - Unsplash, Ältere Menschen sitzen vor Laptop
© ageing_better – Unsplash

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