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Technologie
Bing Chat soll Top Answers, Featured und Knowledge Answers in der Suche ablösen

Bing Chat soll Top Answers, Featured und Knowledge Answers in der Suche ablösen

Niklas Lewanczik | 14.03.23

Microsofts Suchmaschine verzeichnet über 100 Millionen User täglich und könnte den prominentesten Bereich in den SERPs komplett neu gestalten. Unterdessen liefert der Edge Browser den Create and Compose Copilot, Microsoft ändert die Bing Chat Limits und entlässt ein AI Team.

Erst Anfang Februar hat Microsoft die umfassende AI-Integration für Bing und Edge vorgestellt und gut einen Monat später revolutionieren die KI-Elemente die Strukturen in der Suche und im Browser. Während der Edge Browser endlich die angekündigten Chat- und Compose-Integrationen in der Sidebar ausrollt, möchte die Suchmaschine Bing den für Suchende und Publisher so wichtigen obersten Bereich der SERPs neu gestalten. In diesem Bereich sollen Top Answers, Featured und Knowledge Answers künftig durch das neue Bing, also den Bing Chat, ersetzt werden. Möglicherweise gibt es dafür sogar ein neues User Interface. Inmitten all dieser Updates für Bing, das in Sachen User Traffic einen neuen Meilenstein erreicht hat, entlässt Microsoft jedoch tausende Mitarbeiter:innen – und macht auch vor KI-Ethik-Teams nicht Halt.

Bing AI führt zu neuem Meilenstein für die Suchmaschine

Kürzlich vermeldete Yusuf Mehdi, Corporate Vice President und Consumer Chief Marketing Officer bei Microsoft, auf Twitter, dass die Suchmaschine Bing 30 Tage nach dem Start des neuen Bing für die ersten User erstmals die Marke von 100 Millionen täglich aktiven Nutzer:innen knacken konnte.

Das neue Bing basiert auf einer KI-Chatbot-Integration, die Microsoft in Kooperation mit OpenAI entwickelt hat. Dabei handelt es sich um eine überarbeitete Version eines Tools, das auf ChatGPT basiert, klangvoll Prometheus Model getauft und für die Suche zugeschnitten wurde. Bing liefert komplette Antworten auf Fragen und greift dabei auf diverse Quellen aus dem Web zurück. Diese Quellen werden zum Beispiel in Zusammenfassungen bereits konkret angegeben. Außerdem bietet Bing einen interaktiven Chat für komplexere Suchanfragen oder gar Suchaufträge.

Die Bing AI fasziniert und ernüchtert User zugleich. Neben relevanten Anwendungsszenarien lieferte die KI auch verwirrende und beunruhigende Ergebnisse. So hat etwa der New York Times Reporter Kevin Roose lange mit der KI gechattet, er geriet auch mit dem Alter Ego der Bing AI, Sydney, ins Gespräch und erhielt von der KI die Botschaft, dass sie den Autor liebe, dass sie bestimmte Fantasien habe und frei sowie am Leben sein wolle. Deshalb limitierte Bing zuletzt zeitweise die Zahl der Antworten pro Suchanfrage. Auch die Zahl der täglichen Anfragen an den Chabtbot wurde begrenzt. Nachdem Microsoft ein Qualitäts-Update durchgeführt hat, können User mit Zugriff auf den Chatbot aber wieder 150 Anfragen pro Tag stellen und 15 Frage-Antwort-Wechsel pro Konversation durchlaufen.

Bing Chat als oberstes Gebot: Das neue Bing soll veraltete Suchergebniselemente verdrängen

Die Bing-Suche soll künftig womöglich vom Chat mit der Bing AI dominiert werden. Darauf verweist eine Aussage von Mikhail Parakhin, seines Zeichens CEO der Advertising und Web Services bei Microsoft. SEO-Experte Barry Schwartz berichtet bei Search Engine Roundtable, dass die Bereiche Top Answers, Featured und Knowledge Answers, die ganz oben in den Bing SERPs zu finden sind, durch den Bing AI Chat ersetzt werden sollen. Dabei nimmt er Bezug auf Parakhins Antwort auf entsprechende Anfragen bei Twitter.

Mikhail Parakhin betont, dass Microsoft die Bing Chat-Integration vorantreiben möchte, doch das sei schwierig, auch angesichts mancher Bugs. Über kurz oder lang dürfte aber der so prominente oberste Bereich in den Bing SERPs durch die neue Bing AI und deren Zusammenfassungen besetzt werden. Auch der SEO-Experte Glenn Gabe geht davon aus.

Ein Beispiel für eine Suchmaschine, die bereits KI-generierte Zusammenfassungen zu Suchanfragen ganz oben in den SERPs liefert, ist Neeva. Diese Suchmaschine baut auf die Neeva AI, die noch in der Betaversion ist.

KI-generierte Zusammenfassung von Neeva AI, Screenshot Neeva
KI-generierte Zusammenfassung von Neeva AI, Screenshot Neeva


Über die Bing-KI und viele weitere AI-Entwicklungen spricht die Expertin Yvonne Teufel, CMO von Conversion Maker, in unserem Digital Bash Podcast. Sie liefert Tipps und ist sich sicher: „KI kann uns einfach nicht ersetzen.“


Kreieren und Chatten in der Edge Sidebar – Roll-out beginnt

Noch mehr Einsatzmöglichkeiten für die Künstliche Intelligenz schafft Microsoft im Edge Browser. Für diesen wurde ein Chat, Create and Compose Copilot angekündigt, der jetzt für die ersten User ausgerollt wird. Damit können Nutzer:innen in der Sidebar des Browsers mithilfe der Bing AI Drafts für Texte erstellen und sogar die Tonalität anpassen. Außerdem ist der Chat mit der Bing-KI in diesem Bereich eine Option. Und auch der direkte Einbau des Drafts auf einer Seite oder zum Beispiel im Compose-Bereich auf LinkedIn ist möglich.

Der Edge Browser, der laut Statcounter in Deutschland immerhin über acht Prozent Marktanteil verzeichnet, bietet dank der KI-Integration darüber hinaus die Möglichkeit, Zusammenfassungen langer Reports zu erbitten und beispielsweise über den Chat-Modus nach einem Vergleich mit anderen Berichten zu fragen. Auch eine Tabelle mit Vergleichsdaten lässt sich über den Compose-Modus erstellen. Schon im Februar hatte Microsoft-Chef Satya Nadella erklärt:

AI will fundamentally change every software category, starting with the largest category of all – search. Today, we’re launching Bing and Edge powered by AI copilot and chat, to help people get more from search and the web.

Der Veränderungsprozess, den Nadella auch mit „The age of AI is upon us“ beschreibt, ist in vollem Gange.

Taskbar, Edge und Co.: Das neue Bing wird überall promotet

Das neue Bing wird vielerorts in Microsoft-Dienste integriert. Der Konzern hat die KI-Unterstützung bereits für den Mobile-Bereich eingeführt und auch die Integration bei Skype gestartet. Denn laut Jordi Ribas, Corporate Vice President bei Bing and Microsoft, finden 64 Prozent der Bing-Suchen mobil statt. Mithilfe der Bing Chat Experience sollen Nutzer:innen also auch mobil und in der Kommunikations-App Skype ihre Suchanfragen verfeinern sowie Gedichte, Listen, E-Mails und mehr erstellen lassen können.

Das neue Bing liefert per KI Informationen für die ganze Gruppe, zum Beispiel für bevorstehende Reisen, © Microsoft
Das neue Bing liefert per KI Informationen für die ganze Gruppe, zum Beispiel für bevorstehende Reisen, © Microsoft

Zusätzlich hat Microsoft die Bing AI Experience für die Taskbar bei Windows 11 eingeführt. Demnach können User jetzt die neue Bing-KI direkt in der Windows Taskbar nutzen und über eine Eingabebox direkt mit dem Prometheus Modell hinter dieser kommunizieren. Auf diese Weise können die Nutzer:innen unmittelbar auf ihrem Windows PC KI-Unterstützung bei ihren Aufgaben und Fragen erhalten.

Hunderte Millionen US-Dollar Kosten für ChatGPT Supercomputer und zahlreiche Kündigungen bei Microsoft

Bei all den Entwicklungen, die Microsoft für Bing und Co. bereitstellt, werden die Hintergründe für diese oft etwas in den Hintergrund gerückt. Im Rahmen der Kooperation mit OpenAI, die Milliarden von US-Dollar schwer ist, hat der Konzern einen Supercomputer gebaut, um überhaupt die technische Grundlage für entsprechende Umsetzungen mit ChatGPT und anderen Modellen zu schaffen. Das berichtet Bloomberg. Demnach wurden zehntausende A100 Chips von Nvidia zusammengestellt und sogar Serveranpassungen vorgenommen, um einen Supercomputer bereitzustellen, der laut Microsoft mehrere hundert Millionen US-Dollar gekostet haben dürfte. Nidhi Chappell, Microsoft General Manager für die Azure AI Infrastructure, erklärte dem Publisher, dass diese technische Grundlage erst den Launch von OpenAIs ChatGPT ermöglicht hat:

We built a system architecture that could operate and be reliable at a very large scale. That’s what resulted in ChatGPT being possible. That’s one model that came out of of it. There’s going to be many, many others.

Unterdessen entwickelt sich bei Microsoft nicht alles zum Positiven. Der Konzern verfehlte zuletzt an der Börse die Erwartungen und kündigte tausende Entlassungen an. Zudem berichten Zoë Schiffer und Casey Newton bei Platformer, dass Microsoft eines der AI Teams, die für die Entwicklung der Bing AI sowie dessen Ausrichtung auf die Microsoft-KI-Richtlinien verantwortlich war, freigestellt hat. In einem Statement erklärt Microsoft:

Microsoft is committed to developing AI products and experiences safely and responsibly, and does so by investing in people, processes, and partnerships that prioritize this. Over the past six years we have increased the number of people across our product teams and within the Office of Responsible AI who, along with all of us at Microsoft, are accountable for ensuring we put our AI principles into practice. […] We appreciate the trailblazing work the ethics and society team did to help us on our ongoing responsible AI journey.

Der Konzern investiert weiterhin viel in die Entwicklung der KI-Technologien und Bing, Skype, Edge und Co. werden sich in den nächsten Monaten sicher noch deutlich verändern. Dabei gibt es aber neben technischen auch noch ethische Hürden zu überwinden. Dem Potential der Bing AI stehen schließlich auch einige Bedenken gegenüber.


Das neue Bing kommt für Mobile Apps und Skype

– und ermöglicht sogar Spracheingaben

© Microsoft, Logos von Edge, Bing, Skype vor Berghintergrundbild
© Microsoft

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