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Unternehmenskultur
Google feuert Gründerin des Bereichs für ethische KI – nachdem sie Kritik übte

Google feuert Gründerin des Bereichs für ethische KI – nachdem sie Kritik übte

Niklas Lewanczik | 22.02.21

Dr. Margaret Mitchell, die das Google Team für Ethik künstlicher Intelligenz gründete, wurde aufgrund von Verstößen gegen den Verhaltenskodex gefeuert. Nach dem Streit mit KI-Forscherin Timnit Gebru gerät Googles Unternehmenskultur erneut in den Fokus.

„I’m fired“ – mit diesem kurzen und aussagekräftigen Tweet gab Dr. Margaret Mitchell bekannt, dass sie nicht mehr als KI-Ethikforscherin für Google tätig ist. Nach Dr. Timnit Gebru ist sie die nächste Person dieser Abteilung, die Google nach kritischen Äußerungen nicht mehr beschäftigt. Mitchell wurde aufgrund von Verstößen gegen den Verhaltenskodex und die Sicherheitsrichtlinien entlassen. Zuvor hatte sie sich kritisch zum Umgang mit Timnit Gebru und dem Umgang mit Sexismus und Diskriminierung geäußert.

Mitchells Entlassung ist mit dem Fall Gebru verknüpft

Im vergangenen Jahr trennten sich die Wege von Google und der Co-Leiterin der Abteilung für KI-Ethik bei Google, Timnit Gebru. Ihrer Aussage zufolge wurde sie gefeuert, Google behauptet, sie habe gekündigt. Google hatte ihr vorgeworfen, gegen interne Richtlinien verstoßen zu haben. Timnit Gebru hatte sich aktiv für mehr Diversität in der KI und bei Algorithmen und gegen Rassismus und Diskriminierung aller Art stark gemacht. Zudem hatte sie ein Paper mitverfasst – an dem auch Mitchell unter Pseudonym mitgewirkt hatte –, in dem unter anderem Probleme von Googles sprachbasierter KI thematisiert werden.

Nach der medienwirksamen Trennung von Google und Gebru hatten sich bereits mehrere Mitarbeiter:innen des Suchmaschinenunternehmens solidarisch mit der Forscherin gezeigt und Google den Rücken gekehrt. Auch haben Beschäftigte des Unternehmens in diesem Jahr – nicht zuletzt im Zuge der Entwicklungen im Fall Gebru – zunächst eine Gewerkschaft bei Alphabet und dann ein internationales Gewerkschaftsbündnis für Google gegründet. Die Entlassung von Margaret Mitchell, die zusammen mit Timnit Gebru im Bereich der KI-Ethik bei Google arbeitete, den sie auch gründete, hat ebenfalls eine Verbindung zur Auseinandersetzung zwischen Gebru und Google. Denn einem Bericht von Axios zufolge hatte Mitchell ein automatisiertes Script benutzt, um im internen E-Mail-Verkehr nach diskriminierendem Verhalten Timnit Gebru gegenüber zu suchen. Google blockierte später ihren Mail Account und Kalenderzugang, weil sie diverse Dateien heruntergeladen und mit Personen außerhalb des Unternehmens geteilt haben soll. An dem Tag schrieb Margaret Mitchell eine lange Mail an Google Press, in der sie ihren Bedenken hinsichtlich der Behandlung von Timnit Gebru und in Bezug auf andere potentielle Verfehlungen innerhalb des Unternehmens Ausdruck verlieh.

Steht zu viel Diskurs zur Ethik Googles Entwicklung bei der KI im Wege?

Nachdem mit Timnit Gebru und Margaret Mitchell nun die beiden ehemaligen Leiterinnen des Bereichs KI-Ethik bei Google nicht mehr dem Unternehmen angehören, hatte Google vergangene Woche angekündigt, dass die renommierte Forscherin und langjährige Mitarbeiterin Dr. Marian Croak den Bereich „Responsible AI“ betreuen werde. Croak befasste sich nach ihren Angaben im Blogpost in ihrer Dissertation mit „gesellschaftlichen Faktoren, die die Voreingenommenheit zwischen Gruppen sowie altruistisches Verhalten beeinflussen“. Sie möchte einen diplomatischeren Diskurs rund um die Ethik im Bereich KI fördern. Croaks Arbeit gilt allerdings laut Heise als weniger Ethik-basiert als die von Gebru und Mitchell, die sich auch so offensiv für einen Paradigmenwechsel beim Unternehmen Google einsetzten.

Mit der auch medial thematisierten Entlassung Mitchells rückt Google erneut in den Fokus einer Diskussion rund um den Status quo der Unternehmenskultur des Tech-Riesen. Spätestens mit dem groß organisierten Google Walkout vor rund zweieinhalb Jahren sind Probleme mit Ungleichbehandlung und Diskriminierung bei Google stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit gelangt. Seither gab es immer wieder Berichte, dass Google kritische Mitarbeiter:innen geschasst habe, beispielsweise, wenn diese sich gewerkschaftlich organisierten. Inzwischen sind aber Gewerkschaften bei Alphabet und Google vorhanden und die Frage nach der Ethik in der KI wird immer stärker auch mit einer Frage nach der Ethik in der Behandlung des eigenen Personals verknüpft. Google kann sich nicht länger erlauben, sich auf interne Richtlinien zu berufen und Mitarbeiter:innen einzuschränken, während Diskriminierung kein Einhalt geboten wird. Rein wirtschaftlich wird Google diese Auseinandersetzung kaum schaden. Das Image des Unternehmens leidet aber bereits nachhaltig.

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