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Twitter ist nicht länger ein Unternehmen
© Brett Jordan (Unsplash), Duncan.Hull (eigenes Werk) - Wikipedia.de, CC BY-SA 3.0 (Änderungen wurden vorgenommen via Canva)

Twitter ist nicht länger ein Unternehmen

Larissa Ceccio | 11.04.23

Laut jüngster Rechtsakten ist Twitter kein funktionierendes Unternehmen mehr, da es in X Corp. fusioniert wurde. Was das genau für die Klägerin und für den Kurznachrichtendienst bedeutet, erfährst du in diesem Artikel.

In einer kürzlich veröffentlichten Gerichtsakte enthüllte Twitter Inc. diskret eine wichtige Entwicklung: Das Unternehmen existiert nicht mehr. Das berichtet unter anderem das Slate Magazine.

Twitter wird derzeit von der rechtsextremen Provokateurin Laura Loomer verklagt, die dem Kurznachrichtendienst vorwarf, gegen Bundeserpressungsgesetze verstoßen zu haben, da die Plattform ihr Konto 2019 sperrte. Loomer hat wieder einen Twitter Account und ihre Klage wird vor Gericht nicht standhalten. Doch bis dahin muss Twitter weiterhin Corporate Disclosure Statements vor Gericht einreichen. Und so gab das Unternehmen in der jüngsten Einreichung bekannt, dass „Twitter Inc. mit X Corp. fusioniert wurde und nicht mehr existiert“. Somit wird nicht mehr Twitter, sondern X Corp. angeklagt. 

Auf Twitter ist der berühmte blaue Vogel als Logo verschwunden und durch das Logo der Kryptowährung Dogecoin ersetzt worden. Das wirkte sich bereits auf den Kurs der von Musk oft erwähnten Währung aus.

Twitters neues Logo:
Dogecoin ersetzt Bluebird

Neues Logo auf Twitter, Screenshot Twitter

Der Kurznachrichtendienst wurde in eine neue Einheit namens X Corp. verschmolzen

Elon Musk, dem sowohl Twitter als auch X Holdings Corp. gehören, erklärte, er habe diese Fusion noch nicht öffentlich gemacht. Aber er scheint daran gedacht zu haben, seit er zum ersten Mal seinen Kauf des Social-Media-Unternehmens geplant hatte. Im April 2022 registrierte Musk die X Holdings I, II und III in Delaware. Bei diesen handelt es sich um drei separate Unternehmen, die seinen Kauf von Twitter erleichtern sollten. Nach diesem Deal würde Twitter mit X Holdings II fusionieren, aber den eigenen Namen und die allgemeine Unternehmensstruktur beibehalten, während die Plattform weiterhin nach den Gesetzen von Delaware operiert. X Holdings I, geführt von Musk, würde dann als Muttergesellschaft des fusionierten Unternehmens fungieren, während X Holdings III den 13-Milliarden-US-Dollar-Kredit übernehmen würde. Diesen Kredit gewährte eine Gruppe von Großbanken Musk, um den 44-Milliarden-US-Dollar-Kauf zu decken. Laut den Forderungen von Twitter in dem Rechtsstreit gegen Musk wäre X Holdings I

ausschließlich für den Zweck bestimmt, sich an den Transaktionen zu beteiligen und deren Finanzierung zu arrangieren.

Hier wird es interessant. Wie im Fusionsvertrag angegeben, würde X Holdings II nach der Fusion mit Twitter nicht mehr als funktionierende Einheit existieren. Die offizielle Struktur nach der Übernahme durch Musk war also: X Holdings I beaufsichtigt Twitter Inc., während X Holdings III für finanzielle Belange zuständig war. Die Akten aus Nevada zeigen, dass diese genaue Anordnung nicht mehr gilt.

Seit März ist Twitter Teil der X Corp.

Denn laut dem Online-Geschäftsportal des Außenministers von Nevada hat Elon Musk am 9. März 2023 zwei neue Unternehmen im Bundesstaat registriert: X Holdings Corp. und X Corp. Dann, am 15. März, beantragte Musk, diese Unternehmen in Nevada mit zwei seiner bestehenden Unternehmen zu fusionieren: X Holdings I mit X Holdings Corp. und Twitter Inc. mit X Corp. Bezüglich letzterer Fusionierung schreibt die Satzung vor, dass X Corp. Twitter vollständig übernimmt. Das bedeutet, dass Twitter Inc. nicht mehr als ein in Delaware ansässiges Unternehmen existiert und stattdessen jetzt Teil der X Corp. ist. Deren Muttergesellschaft ist die zwei Millionen US-Dollar teure X Holdings Corp. Und das bedeutet, dass X Holdings I auch nicht mehr existiert. Sowohl X Holdings Corp. als auch X Corp. fallen nun unter die Gerichtsbarkeit von Nevada statt unter die von Delaware. 

Die strukturelle Überholung wurde im Fall Loomer etwa drei Wochen nach der Registrierung von X Corp. in Carson City anerkannt. Bisher scheint die Umstellung nicht in anderen Rechtsdokumenten vermerkt, geschweige denn öffentlich angekündigt worden zu sein. Derzeit ist Twitter in eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten verwickelt: gegen das gesamte Land Indien wegen Zensurbedenken, gegen Anbieter:innen, die behaupten, Twitter zahle ihnen nicht, was ihnen geschuldet wird, und gegen ehemalige Twitter-Mitarbeiter:innen, die behaupten, Musk habe gegen Arbeitsgesetze verstoßen, als er sie massenhaft entließ. Auch das Bundesamt für Justiz wirft Twitter Versagen im Umgang mit Hate Speech vor.

Laut Expert:innenangaben gibt es in keinem dieser Fälle Aktualisierungen bezüglich der Umwandlung von Twitter in X Corp. Warum also ist X Corp. jetzt ein Ding?

Die Bedeutung des Buchstaben X für Elon Musk

Elon Musk hängt schon lange an dem Buchstaben X, auch außerhalb der Namen seiner Kinder. 

1999 gründete er X.com, eine Online-Bank, die bald darauf mit einem anderen Unternehmen zu PayPal fusionierte. Der Buchstabe tauchte im Laufe der Jahre in anderen Geschäftsvorhaben auf: SpaceX, Teslas Model X, die drei X Holdings-Unternehmen und „Project X“, der offizielle, von der SEC anerkannte Name für das Bankdarlehen in Höhe von 13 Milliarden US-Dollar für den Twitter-Kauf. Nach Abschluss der Twitter-Übernahme im Oktober behauptete Musk, dieser Kauf würde die Erstellung einer „Alles-App“ „beschleunigen“, die nach dem Buchstaben X benannt werden würde. Eine solche „Super-App“, so Musk, könnte so wie Chinas WeChat, die kombinierte Messaging. Social Networking und Payment App mit einer Milliarde Benutzern:innen, werden. Die Funktionen von Twitter würden in dieser Megasize App eine wichtige Rolle spielen.

Es ist auch möglich, dass X eher ein Alles-Unternehmen als eine Alles-App sein wird. Ende 2020 twitterte der YouTuber und langjährige Tesla-Investor Dave Lee, Musk solle „eine Holding-Gesellschaft namens X gründen“, die als „Muttergesellschaft von Tesla, SpaceX, Neuralink und Boring Company“ fungieren solle. Musks Antwort lautete:

Musk gründete bereits einige seiner größten Unternehmen in Nevada

In diesem Licht gewinnt Musks Wahl von Nevada als Heimatbasis für X Corp. zusätzliche Bedeutung, da der Unternehmer einige seiner größten Unternehmen im Silver State gegründet hat. 2016 eröffnete er eine Tesla Gigafactory in der Nähe von Reno, um Batterien für Elektrofahrzeuge herzustellen; Anfang dieses Jahres kündigte er eine Erweiterung der Anlage im Wert von 3,6 Milliarden US-Dollar an, um Elektro-Lkws herzustellen. Nevada beherbergt auch einige Projekte von Musks Boring Company, wie den Transittunnel, der 2021 unter dem Las Vegas Convention Center gebaut wurde, und den noch in der Entwicklung befindlichen Vegas Loop. Als Musk im Jahr 2020 drohte, die Tesla-Zentrale als Reaktion auf die Abschaltmaßnahmen im Rahmen der Pandemie des Bundesstaates aus Kalifornien zu verlegen, schlug er Nevada als mögliche Option vor, bevor er sich für Texas entschied. Mit dem neuen Antrag betreibt Musk nun mindestens drei Unternehmen in Nevada, von denen eines nun Teil eines übergreifenden X-Unternehmens ist.

Egal für welchen Weg er sich entscheidet, Musks X steht vor einer schwierigen Zukunft. Ein technikskeptischer Kongress würde zweifellos eine amerikanische Version von WeChat genau im Auge behalten, ebenso wie Regulierungsbehörden wie die Federal Trade Commission, die eine entschiedenere Haltung gegen Technologiemonopole einnehmen. Und die Anleger:innen werden möglicherweise nicht glücklich sein, wenn Musk versucht, jedes seiner einzelnen Unternehmen in die X Holdings Corporation zu packen.

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